Freitag31. Oktober 2025

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Zurückweisungen von Asylsuchenden rechtswidrigDeutsches Gericht entscheidet gegen Dobrindt-Weisung – und bestätigt Luxemburger Position

Zurückweisungen von Asylsuchenden rechtswidrig / Deutsches Gericht entscheidet gegen Dobrindt-Weisung – und bestätigt Luxemburger Position
Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze bei Frankfurt/Oder Patrick Pleul/dpa

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Ein Berliner Gericht hat die Zurückweisung dreier somalischer Asylsuchender für rechtswidrig erklärt. Deutschland muss laut Urteil das Dublin-Verfahren einleiten, sobald ein Asylgesuch an der Grenze gestellt wird.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat drei Menschen aus Somalia recht gegeben, die sich gegen ihre Zurückweisung an der deutschen Grenze ohne Dublin-Verfahren wehrten. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP am Montagnachmittag. Deutschland müsse bei Asylgesuchen auf seinem Staatsgebiet das Verfahren, mit dem der zuständige EU-Mitgliedsstaat festgestellt wird, beginnen und abschließen, erklärte das Gericht am Montag. Die Eilanträge der Somalier, zwei Männer und eine Frau, hatten damit größtenteils Erfolg.

Sie waren mit dem Zug aus Polen kommend nach Deutschland gekommen. Am 9. Mai kontrollierte sie die Bundespolizei am Bahnhof im brandenburgischen Frankfurt an der Oder. Die drei Menschen gaben an, dass sie Asyl beantragen wollten. Sie wurden aber noch am selben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Bundespolizei begründete das damit, dass sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist seien.

Zurückweisungen auch nach Luxemburg 

Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt hatte die verstärkten Kontrollen und Zurückweisungen von Geflüchteten am 7. Mai angeordnet. Die Nachrichtenagentur dpa berichtete am vergangenen Sonntag davon, dass an allen deutschen Grenzen insgesamt 125 Asylsuchende zurückgewiesen worden seien. Auch an der Grenze zu Luxemburg kontrolliert die Bundespolizei – und hat auch bereits Zurückweisungen von Asylsuchenden ins Großherzogtum durchgeführt.

Luxemburgs Innenminister Gloden hatte nach Dobrindts Erklärung gegenüber dem Tageblatt gesagt, dass das Großherzogtum niemanden aufnehmen werde, der von den deutschen Behörden an der Grenze zurückgewiesen werde – und das auch nie gemacht habe. Dabei ist die Zahl der Menschen, die nach Luxemburg zurückgeschickt wurden, nicht klein: Die Bundespolizei hatte im März berichtet, dass im Zuge der vorangegangenen Kontrollen, die seit September 2024 laufen, insgesamt 513 Menschen nach Luxemburg zurückgewiesen worden seien. Laut Tageblatt-Informationen hatten 119 Menschen in diesem Zeitraum Asylanträge an der deutsch-luxemburgischen Grenze gestellt. Damals wurden diese Anträge an den Grenzen noch von den deutschen Behörden akzeptiert. 

Gericht erklärt Zurückweisung für rechtswidrig

Seit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung ist das aber anders. Alexander Dobrindt erklärte direkt in seiner Rede zum Amtsantritt, dass er eine Weisung aus dem Jahr 2015 zurücknehme, die es Menschen gestattete, „ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens“ einzureisen. 

Gegen ihre Zurückweisung an der deutsch-polnischen Grenze hatten sich die Somalier mit Eilanträgen juristisch gewehrt. Das Gericht erklärte ihre Zurückweisung am Montag für rechtswidrig. Da die drei Menschen ihren Wunsch nach Asyl ausgesprochen hätten, müsse ihnen der Grenzübertritt erlaubt werden – allerdings nicht unbedingt ohne Einschränkungen. Das Dublin-Verfahren könne an der Grenze oder im grenznahen Bereich stattfinden.

Dobrindt spricht mit Gloden

Bei einem Arbeitsbesuch in Luxemburg versprach der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt in der vergangenen Woche, dass die Grenzkontrollen „die Lebensqualität der Menschen in der Großregion so wenig wie möglich“ beeinträchtigen sollen. Örtlich und zeitlich flexibel durchgeführte Kontrollen würden die Belastungen für Pendler „so gering wie möglich halten“, sagte Dobrindt.

Auf das Dublin-Verfahren berief sich die Luxemburger Regierung bereits beim Start der deutschen Grenzkontrollen im vergangenen Herbst – und zweifelte schon damals an der Legalität der Zurückweisungen. Damals ging es noch ausschließlich um die Zurückweisung von Menschen, die „keine Voraussetzung erfüllen, kein Visum, keinen Aufenthaltstitel, oder eine Einreisesperre haben“, wie ein Sprecher der Bundespolizei dem Tageblatt sagte. Gloden erklärte bereits im Oktober: „Luxemburg agiert im Respekt vor dem legalen Rahmen und ist demnach nicht zuständig für Drittstaatler, die versuchen, illegal nach Deutschland einzureisen.“ Gegen die deutschen Grenzkontrollen hat die Luxemburger Regierung inzwischen bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. 

Auch zu Asylanträgen an der Grenze hatte sich der Luxemburger Innenminister bereits im Herbst geäußert: „Wenn eine Person im Kontext einer Binnengrenzkontrolle internationalen Schutz anfragt, dann muss diese Person in einer ersten Phase von Deutschland aufgenommen werden und analysiert werden, ob Deutschland oder ein anderes Land für die Anfrage zuständig ist.“

Prüfung durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 

Das sieht das Berliner Verwaltungsgericht jetzt offenbar ähnlich. Im Dublin-Verfahren prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, welcher Staat zuständig für das Asylverfahren ist. Meist ist es das europäische Land, in das die Betroffenen als erstes reisten. Eine Rolle spielen kann aber beispielsweise auch, ob schon enge Verwandte in einem EU-Staat leben.

Die Bundesregierung könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage nicht angewendet werden müsse, erklärte das Gericht. Sie könne die Zurückweisungen nicht auf eine Ausnahmeregelung stützen, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sei nicht dargelegt.

Mit Material von AFP und dpa