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EschEin Traditionsladen schließt seine Türen: „Guy de Coiffeur“ verabschiedet sich in die Rente

Esch / Ein Traditionsladen schließt seine Türen: „Guy de Coiffeur“ verabschiedet sich in die Rente
Viele Kunden sind für  „Guy de Coiffeur“ zu langjährigen Freunden geworden. Sie alle finden einen Platz auf seinen Erinnerungsleinwänden.  Foto: Jessica Oé

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Jahrelang war sein Frisörladen nicht aus Esch wegzudenken. Doch an diesem Samstag zückt Guy Kraetzer zum letzten Mal in seinem Geschäft in der rue de la Libération die Schere. Er verabschiedet sich nun in die Rente.

Es ist ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Der langjährige Escher Frisör „Guy de Coiffeur“ schließt an diesem Samstag seine Türen. „Es ist Zeit für die Rente“, sagt Guy Kraetzer, als wir ihn am Freitag in seinem Geschäft besuchen. 

Die beiden letzten Tage sind für den Escher Geschäftsmann stressig. Der Kalender ist rappelvoll, viele seiner langjährigen Kunden haben sich noch einen Termin geschnappt, damit er ihnen ein letztes Mal die Haare schneidet. Dass er eine enge Verbindung zu seinen Kunden hat, merkt man gleich beim Betreten seines Ladens. Die meisten verweilen am Freitag noch etwas, um sich richtig von ihm zu verabschieden. Es wird gelacht, man umarmt sich, wünscht sich für die Zukunft alles Gute. Was Guy so besonders mache? „Ich kenne ihn von Kind an“, sagt mir einer der Kunden. „Er hat mir schon die Haare geschnitten, da war ich noch ein Dreikäsehoch.“

Der Abschied fällt Kraetzer noch nicht so ganz leicht, gibt er zu. Manchmal ist er den Tränen schon nahe. „Das ist keine Arbeit, die ich hier gemacht habe. Es waren Freunde, denen ich die Haare geschnitten habe. Oder Fremde, die dann zu Freunden wurden“, sagt er. „Es gibt Leute, die kommen schon seit 30, 40 Jahren zu mir. Ich kenne ihr ganzes Leben.“ Es sind diese menschlichen Verbindungen, die seinen Beruf so schön machen. „Ich liebe es, die Geschichten zu hören, die man mir erzählt. Jeder Kunde ist anders. Jeder hat seine Eigenarten, seine ganz persönlichen Vorlieben.“ Dann zeigt er auf zwei schwarz bemalte Leinwände, wo sich hunderte Unterschriften in goldener Farbe eng aneinander schmiegen. „Sie haben alle für mich unterschrieben. Und wer weiß, wie viele da heute und morgen noch dazu kommen werden“, sagt er mit belegter Stimme. Zur Sicherheit hat er zwei weitere Leinwände vorbereitet. „Die hänge ich dann zu Hause im Wohnzimmer auf.“

Ein „Escher Jong“ mit Fernweh

Kraetzer ist – so sagt er selbst – ein Bio-„Escher“. Er wurde am 22.07.1965 in der Südmetropole geboren, ging hier zur Schule. Seine Eltern betrieben eine Bäckerei in Lallingen. In der Berufsschule lernte er das Handwerk des Frisörs kennen und lieben. Seine Lehre absolvierte er bei einem renommierten Escher Frisör, der damals seinen Laden ebenfalls in der rue de la Libération hatte. Danach arbeitete er für eine kurze Zeit in Luxemburg-Stadt – „wo es mir nicht gefallen hat“ –, bis es ihn wieder in den Süden zog. 1991 dann der große Schritt: Kraetzer entscheidet sich, sich selbständig zu machen. Er eröffnet einen Laden in der rue de la Libération, „gleich hier um die Ecke“.

Das Geschäft in der rue de la Libération gehört zu den Escher Traditionsbetrieben
Das Geschäft in der rue de la Libération gehört zu den Escher Traditionsbetrieben Foto: Jessica Oé

Den Schritt in die Selbstständigkeit sei für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen. „Das macht man eben“, sagt Kraetzer. „Das stand für mich außer Frage. Ein Geschäft zu betreiben, hat ja Tradition in meiner Familie.“ Trotzdem seien die ersten Jahre nicht einfach gewesen. „Es gab hier viel Konkurrenz. Allein hier in der Straße gab es mehrere Frisöre. Und noch dazu bin ich ein reiner Herrenfrisör.“ Auf die Frage, was denn eigentlich nun der Unterschied zwischen einem Damen- und einem Herrenfrisör sei, lacht „Guy de Coiffeur“ nur: „Das ist wie der Unterschied zwischen einem Winter- und einem Sommerreifen.“ Natürlich hätte er auch Frauen die Haare schneiden können. „Aber das macht mir nicht so Spaß.“

Doch nun ist Schluss, nach 45 Jahren als Frisör. Sein Geschäft hat er verkauft. Er wollte einen klaren Schnitt. „Hätte ich es vermietet, hätte ich mir nur Sorgen gemacht, ob der Laden über die Runden kommt.“ Ein anderer Frisör hätte sich nicht bei ihm gemeldet, nun geht der Laden an eine Künstlerin, die die Räumlichkeiten als Atelier nutzen will. Den künftigen Rentner hingegen zieht es in die Ferne: „Ich will reisen. Wohin genau, weiß ich noch nicht. Aber auf jeden Fall mal aus Esch raus.“ Er lacht. „Es soll ja mehr von der Welt geben, als nur unsere kleine Stadt.“

Dunord Hagar
31. Mai 2025 - 21.10

Ein schöner, wehmütiger Bericht. Gerne hätte ich mir bei Guy die Haare schneiden lassen, aber ich wusste ja garnicht, dass es Ihn gibt. Nun ist es zu spät... :(
Wünsche dem "Escher Jong" allzeit gute Reisen !