Sonntag19. Oktober 2025

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Biodiversitätskrise in LuxemburgLandwirtschaft als Problem – und Teil der Lösung?

Biodiversitätskrise in Luxemburg / Landwirtschaft als Problem – und Teil der Lösung?
Bald ein Bild der Vergangenheit? Ein Weißklee-Gelbling sitzt auf einer Blumenwiese. Symbolfoto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

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Der Biodiversität in Luxemburg geht es schlecht – sehr schlecht. Statt mit millionenschweren Förderungen in der Landwirtschaft etwas dagegen zu tun, trage das Ministerium zur Katastrophe bei, findet das  „Mouvement écologique“. Eine neue Studie beleuchtet, was anders laufen müsste.

Die Fakten sind ernüchternd: Zwei Drittel der natürlichen Lebensräume in Luxemburg sind in einem ungünstigen oder schlechten Erhaltungszustand. Auch bei wildlebenden Tieren sieht es nicht besser aus – ganz im Gegenteil. 80 Prozent befinden sich in einem prekären Erhaltungszustand. Diese Zahlen hat das „Observatoire de l’environnement naturel“ in seinem letzten Bericht im Jahr 2022 veröffentlicht. Das „Mouvement écologique“ (Mouvéco) sieht vor allem in der Landwirtschaft viel Nachholbedarf, wie aus einer Pressemitteilung anlässlich des kürzlich stattgefundenen internationalen Tags der Biodiversität hervorgeht.

Das größte Problem laut Mouvéco: moderne intensive Landwirtschaftspraxis mit einem hohen Dünge- und Pestizideinsatz. Zwar sei die Artenvielfalt in unseren Breiten über Jahrhunderte durch die landwirtschaftliche Nutzung entstanden, etwa durch „Bongerten“, artenreiche Wiesen und Weiher. Aber in den letzten 50 Jahren habe die Landwirtschaft sich sehr stark verändert, sagt Claire Wolff vom Mouvéco auf Nachfrage des Tageblatt.

Wie kann das in einem Land sein, das sich als „Grünlandstandort“ rühmt? Entscheidend sei, wie intensiv die Grünlandflächen genutzt werden, schreibt Mouvéco in seiner Mitteilung. In Luxemburg sei das „leider in weiten Teilen sehr intensiv“. Das bedeute, dass auf Ackerflächen vermehrt Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden und Grünland sehr stark gedüngt werde, weswegen wiederum viel gemäht werden könne. „All die Arten – Pflanzen, Vögel, Schmetterlinge – sind daran nicht angepasst“, sagt Wolff. Das heiße, sie können auf diesen Flächen nicht mehr überleben. „Deshalb haben wir diesen großen Biodiversitätsverlust.“

Förderungen für die „Zerstörung“ der Natur?

Die gemeinsame Agrarpolitik der EU soll eigentlich dazu beitragen, die Umwelt und das Klima zu
schützen. Doch anstatt den Zustand zu verbessern, habe sich während der letzten Förderperiode von 2014 bis 2020 „sogar ein Trend zur Verschlechterung“ in Luxemburg gezeigt, steht in der Mitteilung. In der aktuellen Förderperiode zahlt Luxemburg zwischen 2023 und 2027 rund 700 Millionen Euro an seine Landwirte aus. Deswegen hat Mouvéco eine Studie in Auftrag gegeben, um die Nutzen davon zu untersuchen.

„Wenn in diese Subventionen so viele öffentliche Gelder fließen, dann sollte auch ein öffentlicher Nutzen daraus entstehen“, sagt Claire Wolff. Die Analyse zeige aber, dass die „Natur der eindeutige Verlierer“ bleibt. Sie profitiere nicht von den ausgezahlten öffentlichen Geldern. Sondern: Der Staat finanziere damit „sogar die weitere Zerstörung unserer Lebensgrundlagen“, schreibt Mouvéco.

Wenn in diese Subventionen so viele öffentliche Gelder fließen, dann sollte auch ein öffentlicher Nutzen daraus entstehen

Claire Wolff, Mouvement écologique

Derzeit seien viele Regelungen in Luxemburg aber entweder unterentwickelt oder wenig wirkungsvoll – und genau die würden überproportional gefördert werden. Mouvéco nennt sie „hellgrüne“ Maßnahmen: Praktiken, die gut klingen, aber kaum echten Mehrwert für die Natur bieten. Dazu zählt etwa der Anbau von Zwischenfrüchten oder die Einarbeitung von Mist.

Mit aktuell rund sieben Prozent Biolandwirtschaftsfläche hinke Luxemburg zudem weit hinter dem Ziel von 20 Prozent bis 2025 hinterher. Ein Grund hierfür sei laut Mouvéco die Benachteiligung des Biolandbaus: Prämien für konventionelle Betriebe, die auf Pflanzenschutzmittel verzichten, stehen denen des Biolandbaus kaum nach, obwohl dieser mehr Umweltleistungen erbringt.

Besonders kritisch laut Mouvéco: Mit den EU-Geldern wird kein Biodiversitätsschutz gefördert. Stattdessen sei dieser aus der EU-Förderung ausgeklammert und in nationale Biodiversitätsprogramme ausgelagert worden – die aber nicht mit Geld aus der Union finanziert werden. 2024 seien rund 7.400 Hektar Fläche gefördert worden. Doch das bleibe deutlich hinter dem Bedarf von 22.000 Hektar zurück.

Was stattdessen sinnvoll wäre

Gerade mit dem Klimawandel werde es in Zukunft wohl immer mehr Dürren geben – oder extreme Wetterereignisse. „Wir finden, die Landwirtschaftspolitik sollte sich daran orientieren, die Flächen krisenfest zu machen“, sagt Wolff. Genau solche Flächen würden oft auch mehr Lebensraum für Artenvielfalt bieten. Denn viele Methoden, die die Landwirtschaft widerstandsfähiger machen, seien auch naturnaher. Mouvéco fordere deswegen eine Landwirtschaft, die gleichzeitig ein sicheres, faires Einkommen für Landwirte generiert – und dennoch Natur und Umwelt schützt.

Die Öko-Regelungen sollten einen Mehrwert für die Umwelt und die Biodiversität darstellen – und nicht gängiger landwirtschaftlicher Praxis entsprechen. Zwischenfruchtanbau und Einarbeitung von Mist solle demnach nicht mehr gefördert werden, sondern Regelungen wie extensive Äcker, wo keine Pestizide und nur wenig Dünger eingesetzt werden. Zum Beispiel könnten Bauern auf Äckern nur in jeder zweiten Reihe einsäen. Man hätte weniger Ertrag, aber durch Prämien werde das ausgeglichen. „Weniger dichte Einsaat hilft zum Beispiel der Feldlerche beim Brüten – oder der Klatschmohn und andere Ackerwildkräuter könnten besser blühen“, sagt Wolff.

Außerdem sollten die Prämien für die Umstellung auf Bio-Landwirtschaft erhöht werden. Betriebe, die durch ihre Tätigkeit öffentliche Güter wie Biodiversität, sauberes Wasser und gesunden Boden – also Leistungen im Sinne der Allgemeinheit – zur Verfügung bereitstellen, müssten laut Mouvéco stärker dafür entlohnt werden.

Die Bauern könnten eigentlich auch in ihrem ureigenen Interesse viel zur Lösung der Krisen tun – wenn die politischen Rahmenbedingungen denn stimmen würden, findet Mouvéco. „Nur stimmen diese nicht.“

Piffi
29. Mai 2025 - 16.02

Als ich am Ufer der Attert entlang spazierte viel mir ein riesiger Traktor mit einem noch riesigeren Gülletank auf . Anderntags war Regen angesagt,also beste Zeit um Gülle auszubringen. Ich filmte den Vorgang und wurde später vom Bauern angewettert.Er habe das Recht hier seine Gülle auszubringen,einen Meter von der Attert entfernt. Ich sagte ihm dass,auch wenn er das Recht habe,es noch lange nicht richtig sein müsse. Anderntags regnete es anständig und weg war sie,die Gülle. Bei uns ist das Gras grüner,auf jeder Seite.