Ein von der US-Botschaft an französische Konzerne verschickter Brief sorgte in der vergangenen Woche für viel Aufregung. Darin fordern die USA, dass Unternehmen, die mit der US-Regierung Geschäfte machen, ihre Diversitätsprogramme einstellen. Das Schreiben beruft sich auf das Dekret 14173 („Ending Illegal Discrimination and Restoring Merit-Based Opportunity“), das der republikanische Präsident Donald Trump noch am Tag seines Amtsantritts am 20. Januar unterzeichnet hatte. Es verbietet US-Bundesbehörden den Einsatz von Programmen für Diversität, Gleichstellung und Inklusion (DEI). Dem Brief war zudem ein Fragebogen angeheftet, mit dem die Unternehmen bescheinigen sollen, dass sie keine Diversitätsprogramme verfolgen. „All Department of State contractors must certify that they do not operate any programs promoting DEI that violate any applicable anti-discrimination laws and agree that such certification is material for purposes of the government’s payment decision and therefore subject to the False Claims Act“, heißt es in dem Dokument, das die US-Botschaft in Brüssel auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Neben französischen hatten auch Unternehmen in anderen europäischen Ländern wie Spanien und Dänemark den Brief samt Fragebogen erhalten.

Auch die US-Botschaft in Luxemburg überprüft derzeit „alle Verträge und Zuschüsse, um sicherzustellen, dass sie mit den jüngsten Exekutivanordnungen des Weißen Hauses in Einklang stehen“, bestätigte Meghan Dean, Public Affairs Officer der US-Botschaft in Luxemburg, auf Tageblatt-Nachfrage. Diese Maßnahme beziehe sich ausschließlich auf Anbieter oder andere Organisationen, die Verträge mit der US-Botschaft in Luxemburg abgeschlossen haben oder bei ihr Zuschüsse beantragen: „For a foreign company operating outside the United States, there are generally no U.S. federal anti-discrimination laws that are applicable to them unless they are controlled by a U.S. employer and employ U.S. citizens“, heißt es in der schriftlichen Antwort der US-Botschaft. Eine „Überprüfung“ sei nicht vorgesehen, allerdings würden Betriebe und Zuschussempfänger aufgefordert, ihre Einhaltung selbst zu bescheinigen. Wie viele Unternehmen in Luxemburg unter diese Kriterien fallen, ist nicht bekannt. Fedil-Direktor René Winkin sagte vergangene Woche dem Tageblatt: „Mir wësse vu Betriber, déi hei sinn, dass se an den USA mat dem Thema konfrontéiert goufen.“ Es betreffe Unternehmen, die den US-Staat beliefern, sich für Aufträge an öffentlichen Märkten bewerben – etwa im Bereich der Verteidigung – oder staatliche Hilfen erhalten. Luxemburgische Unternehmen seien vielleicht nicht direkt damit konfrontiert worden, doch ihre Niederlassungen in den Vereinigten Staaten sehr wohl, so Winkin.
„Verfeinert“
US-Konzerne wie Walmart, Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), McDonald’s oder Amazon hatten ihre Diversitätsprogramme schon nach dem Regierungswechsel eingestampft, wie die FAZ vor zwei Wochen berichtete. Auch die State Street Bank hat Medienberichten zufolge vor wenigen Wochen „eine abrupte Kehrtwende“ in ihrer Diversitätspolitik gemacht. Der Finanzkonzern habe mitgeteilt, er habe seinen Ansatz mit Blick auf die Zusammensetzung von Aufsichtsgremien „verfeinert“ und sehe sich fortan nicht mehr in einer „verordnenden Rolle“, schreibt die FAZ. „Diversität halte er zwar weiter für notwendig, aber Unternehmen seien selbst in der besten Position, über die Auswahl ihres Führungspersonals zu entscheiden.“ Die Plattform ESG-Dive berichtete Anfang März, die anderen beiden großen amerikanischen Vermögensverwalter Black-Rock und Vanguard hätten ähnliche Maßnahmen ergriffen. Die „Big Three“ aus dem Bereich der Indexfonds-Manager haben alle drei Niederlassungen in Luxemburg.
Auch andere amerikanische Großkonzerne wie Amazon, Goodyear-Dunlop, DuPont de Nemours oder Guardian sind im Großherzogtum vertreten. Vor allem Unternehmen aus dem Banken-, Versicherungs- und Finanzsektor hatten in den vergangenen Jahren aktiv mit Diversitätsprogrammen um Talente geworben. J.P. Morgan ist Partner der Luxembourg Pride, zu deren Sponsoren gehören Firmen wie State Street, Fidelity oder Amazon. Die meisten von ihnen haben sich der Business-Initiative „Inspiring more Sustainability“ (IMS) angeschlossen und deren „Charte de la diversité“ unterzeichnet. Die Charta, die vom Ministerium für Gleichstellung und Diversität unterstützt wird, umfasst derzeit 325 Betriebe. IMS ist Mitveranstalter des Pride Run, einer Laufveranstaltung, die seit vergangenem Jahr im Rahmen der Luxembourg Pride Week organisiert wird.
Zum Gebet
Die Direktorin von IMS, Nancy Thomas, sagte am Freitag im Gespräch mit dem Tageblatt, nach Trumps Amtsantritt hätten alle US-Botschaften in Europa ihre DEI-Programme zurückgezogen. Unter dem von Ex-US-Präsident Joe Biden ernannten Botschafter Tom Barrett hatte die US-Botschaft sich noch vergangenes Jahr mit Regenbogenfahnen aktiv an mehreren Veranstaltungen der Luxembourg Pride beteiligt. Noch vor seiner Amtseinführung hatte Trump Tom Barret durch seine langjährige Unterstützerin Stacey Feinberg ersetzt. Auf ihrer Instagram-Seite beschreibt die Geschäftsfrau sich als „passionate about my family, empowering female entrepreneurs and Making America Great Again“. Von Großherzog Henri offiziell akkreditiert wurde sie noch nicht.
Manche Unternehmen werden künftig weniger nach außen kommunizieren, was sie tun werden
Nachdem IMS von dem Brief der US-Regierung erfahren hat, habe man die Firmen einzeln kontaktiert, sagt Nancy Thomas. Dabei habe man herausgefunden, dass alle Unternehmen, die Mitglied bei IMS sind, ihre DEI-Programme fortsetzen. Jedoch würden viele die einzelnen Diskriminierungskriterien wie Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern oder LGBTIQ+ weniger als bisher in den Vordergrund stellen. Stattdessen würden sie Inklusion allgemeiner angehen. Ein Ruheraum, der in einem Bürogebäude für Menschen mit Behinderung eingerichtet wurde, könne beispielsweise auch von gläubigen Menschen zum Gebet genutzt werden, meint Thomas: „Manche Unternehmen werden künftig weniger nach außen kommunizieren, was sie tun werden.“ Aus der „Charte de la diversité“ habe sich bislang noch keine Firma zurückgezogen.
Rosa Lëtzebuerg, Veranstalter der Luxembourg Pride, bestätigte auf Nachfrage, dass seit Trumps Anti-DEI-Vorgabe bei manchen Betrieben „Angst und Verunsicherung herrsche“, insbesondere für das nächste Jahr. Für die Pride in diesem Jahr habe Rosa Lëtzebuerg noch keine Absage von den Traditionssponsoren erhalten. Da die Pride Week erst im Juli stattfindet, seien jedoch noch nicht alle Verhandlungen abgeschlossen.

Amazon, das in Luxemburg seinen europäischen Hauptsitz hat und inzwischen zu den größten Arbeitgebern hierzulande zählt, habe schon vor einigen Jahren „einen neuen Ansatz“ in seiner DEI-Strategie gewählt, indem es „Hunderte von Programmen im gesamten Unternehmen überprüft und ihre Effektivität, Wirkung und Rentabilität wissenschaftlich bewertet“ habe, um diejenigen zu identifizieren, die weitergeführt werden sollten, teilte das Unternehmen auf Nachfrage schriftlich mit. Diese Programme, die sich jeweils mit bestimmten Ungleichheiten befassen, seien so konzipiert, dass sie endeten, wenn diese Ungleichheit beseitigt sei. Parallel dazu habe Amazon daran gearbeitet, Mitarbeitergruppen unter einem Dach zu vereinen und Programme zu entwickeln, die allen offen stehen. Bei konkreten Fragen – beispielsweise zu seinem Sponsoring der Luxembourg Pride – weicht der Konzern aus oder verweist auf Entscheidungen, die erst später getroffen würden. In seiner schriftlichen Stellungnahme betont Amazon, man sei „bestrebt, ein vielfältiges und integratives Unternehmen zu schaffen“. Die von Angehörigen der LGBTIQ+ Community gegründete Beschäftigten-Gruppe Glamazon sei trotz der Zusammenlegung der Mitarbeitergruppen weiterhin aktiv, schreibt Amazon.
Standortfaktor
In Luxemburg waren Diversität, Chancengleichheit und Inklusion – wie in vielen anderen europäischen Ländern – in den vergangenen Jahren zum ethischen Standard geworden. Die beiden DP-LSAP-Grüne-Regierungen hatten Anti-Diskriminierungsgesetze verabschiedet und Diversität zu einem Bestandteil ihres Nation-Brandings gemacht. Inklusion wurde als Standortvorteil gepriesen. Die frühere DP-Familienministerin Corinne Cahen sagte vor drei Jahren dem Paperjam: „Plusieurs enquêtes d’ailleurs, réalisées au Luxembourg ou à l’étranger, ont prouvé qu’une entreprise inclusive a de meilleurs résultats économiques.“ Cahens Nachfolgerin Yuriko Backes (DP) ließ vergangene Woche auf Nachfrage mitteilen, ihr sei es „wichteg ze ënnersträichen, dass d’Diversitéit eng Beräicherung ass fir eis Gesellschaft als Ganzt an dozou gehéiert och eis Ekonomie.“ Mit seinem Programm „Actions Positives“ ermutige das Ministerium für Chancengleichheit Unternehmen dazu, sich aktiv für Gleichheit am Arbeitsplatz einzusetzen.
Wa keng Fraen do sinn, da sinn ebe keng do. Da kann een se net erbäizauberen.
Allerdings hinken die Ansprüche häufig der Realität hinterher. Die Luxemburger Wirtschaft wird noch immer stark von (Cis-)Männern dominiert. Liegt der Anteil von Frauen in den Verwaltungsräten von öffentlichen Einrichtungen inzwischen bei über 37 Prozent, sind es in der Privatwirtschaft lediglich 25 Prozent. Der 2024 von PWC durchgeführte „Luxembourg Fund Governance Survey“ ergab, dass 26 Prozent der Verwaltungsräte von Fonds „now have a female member“, was „progress in gender diversity“ reflektiere.
Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie hinterlegte CSV-Finanzminister Gilles Roth vor zehn Tagen einen Gesetzentwurf im Parlament, der vorschreibt, dass in Verwaltungsräten von börsennotierten Unternehmen bis zum 30. Juni 2026 ein Drittel Frauen sitzen müssen. Allerdings ist die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Luxemburg überschaubar (konkrete Zahlen lieferte das Ministerium bis Redaktionsschluss nicht, doch schätzungsweise sind es weniger als 30) und die im Entwurf vorgesehenen Sanktionen für die Missachtung dieses Gesetzes sind nicht besonders streng: Nach einer Verwarnung, einem „blâme“, einer öffentlichen Deklaration und einer Unterlassungsklage kann die CSSF eine Geldbuße in Höhe von 250 bis 250.000 Euro verhängen.
„Voll op Kompetitivitéit“
Den Unternehmerverbänden kommt der sozialpolitische Shift, den Trumps Anti-DEI-Politik auslösen könnte, indes sogar teilweise entgegen. Carlo Thelen, Direktor der Handelskammer, findet es zwar wichtig, dass man das Ziel von mehr Frauen in Verwaltungsräten erreicht, aber dafür brauche es Zeit. Verbindliche Quoten einzuführen, sei kontraproduktiv: „Wa keng Fraen do sinn, da sinn ebe keng do. Da kann een se net erbäizauberen“, sagte Thelen am Freitag dem Tageblatt.
Trumps Anti-DEI-Politik verleiht auch anderen Forderungen von „Chambre de commerce“ und Fedil Nachdruck, die mit Diversität, Gleichheit und Inklusion nur mittelbar in Verbindung stehen. Fedil-Direktor René Winkin zeigt zwar Verständnis für die Widersprüche, die zwischen nationalen Gesetzen und dem Dekret 14173 entstehen können, verweist jedoch gleichzeitig auf europäische Initiativen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (Lieferkettenrichtlinie /CSDDD). Die Unternehmerverbände sind der Ansicht, dass sowohl mit DEI-Programmen als auch mit Umwelt- und Menschenrechts-Standards „Gesellschaftsbilder gepusht“ würden, die in vielen anderen Regionen der Welt nicht geteilt würden. Die EU müsse das „Level playing field“ halten, sagt Carlo Thelen und begrüßt, dass die neue EU-Kommission inzwischen „voll op Kompetitivitéit“ setzt und mit dem Ende Februar vorgestellten Omnibus-Paket Verpflichtungen aus der CSRD, der CSDDD und der Taxonomie-Verordnung abschwächen und vereinfachen will. Zwar sei das Ziel der Richtlinien richtig gewesen, aber der Weg, „vun uewen erof ze diktéieren“, falsch, sagt Thelen. Das gelte übrigens auch für das „Verbrennerverbuet an esou Connerien“.

De Maart

Wenn man ehrlich diskutieren würde, müsste man zu mindest Teilweise zugeben, dass diese Programme, trotz ihren Lobenswerten Hintergrund in die ganz falsche Richtung gingen und viele negative Konsequenzen hatten. Ich bin vollkommen für Chancengleichheit, diese kann jedoch per Definition nicht durch Diskriminierung wie die DEI-Kampagne oder die 50/50- Kampagne nun mal vorraussetzen, erzwungen werden. Also von allen Aktionen Trumps, ist diese, wenn auch ungewollt, kein Fehlschlag per se.
@ Canus / Wat wëll der de Leit soen? Eng kléng Erliichtung w.e.g.
@canis-lupus
Verstinn glatt gur naischt vun Ärem Kommentär. Off-topic oder et fehlt un Kontext.
ët ass u sëch eng normal Reaktioun op Eppes, wat Een ëmmer a lechter Zäit fiir "normal" a gud gehalen houët, vun engem Dag zum aaneren kapott geet..
wat dorop hin maachen?
ass nët einfach, wann Eppes Engem gefall houët, oder gemengt houët d'Beem géifen an den Himmel wouëssen..
fiir Deen ass ët schwéier, an Dee sicht jo mat alle Mëttelen do rëm raus ze kommen..
ma wann do eng färdëg Tatsach am Spill ass..
dann ass d'Spill riwwer a mussen zrëck an d'Realitéit fannen..
ëmdenken ass nët fiir Jiddereen einfach, an ët fléië "Plommen"..
ma just grommelen geet nët duër..
eng nei Aera geet un, wéi déi an Zukunft ausgesäit hängt vun onsem Verhalen dozou oof..