Februar 1945: Luxemburg ist befreit! Nein, nicht ganz. Vianden bleibt geteilt. Während im oberen Teil, vom Schloss hinunter bis zur Our, alliierte Soldaten ab dem 12. des Monats Stellung beziehen, wehren sich deutsche NS-Truppen auf der anderen Flussseite – erbittert, aber sinnlos. Erst zehn Tage später, am 22. Februar, werden sie zurückgedrängt. Vianden und damit dann wirklich das ganze Land sind wieder frei.
An dieses historische Ereignis vor 80 Jahren wird seit vergangenem Mittwoch in Vianden in vielfältiger Weise erinnert, besonders am Wochenende. Militärfahrzeuge rollen durch die Straßen, über die Our wurde eine Pontonbrücke errichtet und Uniformierte flanieren durch die Stadt. Auch verschiedene kleine Lager mit Zelten und militärischem Gerät sind aufgebaut, besonders auf dem Platz vor dem Rathaus. Es gibt Hamburger und Erbsensuppe aus der Feldküche – und Glühwein, angesichts der Kälte keine schlechte Wahl. Am Sonntagmorgen fallen sogar ein paar Schneeflocken. Während der letzten Kriegstage vor 80 Jahren war es noch kälter, erzählt eine Frau: „minus zehn Grad“.
Ein Besuch im Geschichtsmuseum Vianden offenbart das ganze Ausmaß der Zerstörung damals. Eine Sonderausstellung zeigt die Viandener Miliz, dazu viele Dokumente und Fotos. Die Bilder des von Bomben, Granaten und Kugeln gezeichneten Victor-Hugo-Hauses oder der gesprengten Brücke sind bedrückend. Ruinen, eine Stadt in Trümmern. „So wie heute wieder Städte unweit von uns in der Ukraine“, sagt eine Besucherin nachdenklich. Die Zurschaustellung der Militärfahrzeuge und Uniformen draußen in den Straßen Viandens möge sie deshalb nicht besonders.
Von Feinden zu Freunden
Nach dem 22. Februar 1945 wurde der Sieg über die Nazis, die Befreiung und das Ende der Schreckensherrschaft gefeiert. Ein Moment der Erleichterung und des Triumphs. Aufatmen. Der Krieg war vorbei, die Freiheit zurück. Heute, 80 Jahre später, wirkt das Gedenken still, nachdenklich. Man erinnert an schwere Zeiten, gedenkt der Opfer. Kein Jubel, eher eine reflektierte Würdigung. Mehrmals wird bei den Zeremonien in Vianden das heutige friedliche Miteinander betont. In der Messe in der Trinitarierkirche, in den Ansprachen von Kulturminister Eric Thill und Bürgermeister François Weyrich am Monument „Op der Plank“ in Anwesenheit des großherzoglichen Paares und auch beim anschließenden Empfang im Rathaus.
Man müsse sich bewusst machen, welche Entwicklung die einstige Feindschaft genommen hat, heißt es: von Gegnerschaft zu einer gemeinsamen Erinnerungskultur. Es gehe nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch um das, was daraus erwachsen ist, nämlich Brücken der Versöhnung, Zusammenarbeit und des Friedens. Das sagen auch die Vertreter der direkt gegenüber Vianden liegenden deutschen Verbandsgemeinden. Dass deutsche Politiker wieder Grenzkontrollen einführten und diese fortsetzen wollen, betrübt die beiden CDU-Leute. Es betrübt sie auch, dass andere Themen, welche die Menschen beschäftigen, dabei in den Hintergrund geraten würden.
Der Gedanke hinter solchen Veranstaltungen ist die Erinnerung. Das ist wichtig und gut. Verschiedene Besucher verstehen dies auch. Ich frage mich aber oft, ob es sinnvoll ist, Familien in Jeeps rumzufahren, Barbecue anzubieten usw- also ein Volksfest draus zu machen. Wie viele der Besucher haben tatsächlich den Reden zugehört oder die ausgestellten geschichtlichen Dokumente analysiert? Ich befürchte, dass bei solchen Veranstaltungen, die schnell kirmesähnliche Züge annehmen, verkannt wird, wie schwer die Zeit damalswirklich war. Ettelbrück vor einigen Jahren war ein Paradebeispiel der missglückten Erinnerungskultur. Dort hätte man glatt meinen können, die amerikanischen Soldaten hätten nur Spass und Halligalli im Ösling gehabt. Vorsicht ist geboten, gerade um jungen Besuchern keine falschen Eindrücke zu vermitteln.