In Deutschland, auch schon wieder mehr als 20 Jahre her, hatte der heutige CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einst das Bonmot geprägt, eine Steuererklärung müsse so einfach sein, dass sie auf einen Bierdeckel passe. Daraus ist nichts geworden. Bis jetzt. Nun prescht Luxemburg zwei Jahrzehnte später in Sachen Steuervereinfachung voran und nähert sich dem Bierdeckel an. Denn: Ab diesem Jahr soll es erstmals eine vorausgefüllte Steuererklärung auf einer einzigen Seite geben – zunächst nur für eine ganz bestimmte Zielgruppe. Die neuen Prozeduren haben Finanzminister Gilles Roth (CSV) und Jean-Paul Olinger, Direktor der Steuerverwaltung, am Donnerstagnachmittag auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
Die Regierung sei angetreten, so beginnt Finanzminister Roth, um den Leuten das Leben in finanzieller Hinsicht einfacher zu machen. „Mehr Netto vom Brutto“, die Menschen sollen entlastet werden bei den Steuern, die sie zahlen müssen. Roth erinnert noch einmal an die Anpassung der Steuertabelle und die steuerlichen Maßnahmen aus dem „Entlaaschtungs-Pak“, insbesondere die Erleichterungen für die Steuerklasse 1A. Wer „Mehr Netto vom Brutto“ mit eigenen Augen prüfen, wer also nachrechnen möchte, ob und wie sich seine fiskale Situation verändert, dem steht unter manner-steieren.lu nun ein Steuerrechner zur Verfügung, um die Steuerjahre 2024 und 2025 miteinander zu vergleichen.
Der Staat als Dienstleister
Den Leuten das Leben einfacher zu machen, bedeutet für Roth aber vor allem auch eine Entlastung beim bürokratischen Aufwand der Steuererklärung. Die erhofft sich der Finanzminister vom technologischen Fortschritt, von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Es sind jedoch keine Zukunftsvisionen, die Roth an diesem Nachmittag präsentiert. Schon in diesem Jahr kommt es zu ersten konkreten Innovationen bei der Steuer. Auch hier schlägt sich der von der Regierung ausgerufene Paradigmenwechsel des Once-Only-Prinzips nieder: Der Staat könnte in Zukunft die Steuererklärung für seine Bürger übernehmen. Eine mit den eigenen Daten ausgefüllte Erklärung, die man nur noch gegenlesen und unterzeichnen muss. Selbst ein Bierdeckel wäre mehr Arbeit.
Knapp 284.000 Steuerklärungen von Einzelpersonen hat die Steuerverwaltung im vergangenen Jahr erhalten. Mehr als drei Viertel davon wurden auf Papier eingereicht. 13 Prozent kamen per PDF, knapp zehn Prozent nutzen den elektronischen Assistenten von MyGuichet.lu. Dieser Anteil, so erklärt Jean-Paul Olinger das Hauptziel seiner Verwaltung, soll bis zum Steuerjahr 2028 auf insgesamt 85 Prozent ansteigen. Ein Weg, um das zu erreichen ist die vorausgefüllte Steuererklärung, die in einer ersten Phase 2025 zunächst etwa 20.000 Haushalten zur Verfügung gestellt wird – natürlich auf freiwilliger Basis. In Frage kommen für diese erste Vereinfachung nur Personen mit einem einfachen Einkommen durch ein Gehalt oder eine Pension, die keine weiteren Beträge wie Zinsen oder Versicherungen von der Steuer absetzen jenseits des „minimum forfaitaire“.
Alle in Frage kommenden Personen werden ab dem 3. März einen Brief erhalten mit der Frage, ob sie den Weg über die neue Prozedur gehen möchten. Wer das verneint oder innerhalb eines Monats gar nicht antwortet, muss seine Steuererklärung auf die herkömmliche Weise abgeben. Alle anderen erhalten im Mai einen Vorschlag: eine fertig ausgefüllte Steuererklärung. Diese muss dann nur noch verifiziert werden. Wer einverstanden ist, unterschreibt und schickt sie zurück an die Steuerverwaltung. Wer einen Fehler oder Ungereimtheiten findet, fällt zurück in die klassische Schiene und muss seine Steuererklärung wieder selbst bearbeiten. Je nachdem für welches Format man sich entschieden hat, bedeutet das unterschiedlichen Aufwand: Wer seine Steuererklärung auf Papier macht, muss neu anfangen. Eine Erklärung via elektronischer Assistent kann einfach bearbeitet, verbessert und dann abgeschickt werden.
Nach den ersten 20.000 Haushalten im Jahr 2025 soll der Kreis der Personen, für die diese Methode offen steht, Schritt für Schritt auf 100.000 erweitert werden – und dabei komplexere Steuererklärungen mit weiteren Ausgaben umfassen. Finanzminister Roth nennt die vorausgefüllte Steuererklärung „ein erstes Puzzlestück, das später noch verfeinert wird“. Er möchte, so der CSV-Politiker, eine Steuerverwaltung, die den Bürger als ihren Kunden ansieht. Mit anderen Worten: Der Staat als Dienstleister.
Individualisierung der Besteuerung
Sein größtes steuerliches Projekt hat der Finanzminister an diesem Tag natürlich nicht vergessen: die individuelle Besteuerung. Als politisches Projekt geistert sie schon lange durch die luxemburgische Politik, sie war das große unerfüllte Versprechen der blau-rot-grünen Vorgängerregierung. Roth ist sich der Schwierigkeiten dieses Themas bewusst, auch in der technischen Umsetzung. „Da haben sich schon viele die Zähne ausgebissen“, sagt der Finanzminister. Nichtsdestotrotz möchte Roth noch in diesem Jahr die Debatte über die Individualisierung der Besteuerung beginnen. Als Finanzminister will er der Chamber verschiedene Wege präsentieren, wie diese zu erreichen sei. Roth will dies ganz bewusst nicht als legislative Vorschläge verstanden wissen, sondern als Debattengrundlage, um dann bestenfalls einen parteiübergreifenden Konsens finden zu können. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Beinahe alle Parteien hatten die individuelle Besteuerung als politisches Ziel in ihre Wahlprogramme aufgenommen. Ein Gesetzesentwurf soll dann im Jahr 2026 stehen, so Roth.
Noch in diesem Sommer möchte der Finanzminister in Zusammenarbeit mit Lex Delles’ Wirtschaftsministerium ein Zehn-Punkte-Programm zur Förderung von Start-ups präsentieren –mit besonderem Schwerpunkt auf den FinTech-Bereich. Diese entwickelten sich, so Roth, immer mehr zum dritten Standbein des luxemburgischen Finanzplatzes, neben Banken und Versicherungen sowie Investmentfonds.
Steuerverwaltung on Tour
Um alle Fragen zu den neuen vereinfachten Prozeduren klären zu können, startet die Steuerverwaltung im März eine Sensibilisierungskampagne mit dem Titel „Dir frot, mir äntweren“. Vorgesehen sind fünf Termine im ganzen Land:
15. März: Grevenmacher – Copal Shopping Center, 12 bis 16 Uhr
22. März: Weiswampach – Shopping-Center Massen, 12 bis 16 Uhr
29. März: Esch-Belval – Plaza Shopping Center, 12 bis 16 Uhr
26. April: Luxemburg-Stadt – Cloche d’Or Shopping-Center, 12 bis 16 Uhr
8. Mai: Bartringen – Belle Etoile Shopping Center, 10 bis 17 Uhr
Am besten ist es, der Minister macht es, wie er es jetzt tut und aendert jedes Jahr die Vorgehensweise bei der digitalen Steuererklaerung grundlegend. Dann kann er sicher sein, dass moeglichst viele Steuerzahler Stunden damit verbringen um klar zu kommen und am Ende dann eine Steuereklaerung auf Papier mit dem Bleistift und Gummi ausfuellen und per Post (unbedingt per Einschreiben!) ans Steueramt schicken.
"In Frage kommen für diese erste Vereinfachung nur Personen mit einem einfachen Einkommen durch ein Gehalt oder eine Pension, die keine weiteren Beträge wie Zinsen oder Versicherungen von der Steuer absetzen jenseits des „minimum forfaitaire“.
Sind das nicht GENAU die Leute die keine Steuererklärung abgeben müssen?