Bausparverträge dürfen gekündigt werden

Bausparverträge dürfen gekündigt werden
(Jgarroy)

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Bausparkassen dürfen Bausparverträge kündigen, wenn Kunden die Darlehen auch zehn Jahre nach Zuteilungsreife noch nicht abgerufen haben.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag im Fall der Bausparkasse Wüstenrot grundsätzlich. Damit machte das Gericht die Hoffnung von hunderttausenden Bausparern auf weiter hohe Zinsen durch ihre Altverträge zunichte. Bausparkassen haben laut Berichten bereits über 260.000 Altverträge gekündigt. (Az. XI ZR 272/16 u. XI ZR 185/16) Unumstritten war bislang, dass Bausparkassen Verträge kündigen dürfen, die vom Kunden voll bespart wurden – und der Kunde deshalb gar kein Darlehen mehr braucht.

Luxemburg

Viele luxemburgische Hausbauer haben bei deutschen Unternehmen Bausparverträge. Ob diese auch von dem deutschen Urteil betroffen sind muss sich noch herausstellen. Personen, die mit dem Thema vertraut sind, gaben gegenüber dem Tageblatt an, dass die Problematik bekannt sei. Viele Sparer würden nur das Minimum einzahlen und würden die Bausparverträge nutzen um Steuern zu sparen.

Die Frage nach Kündigungen würde sich auch in Luxemburg stellen. Oft würde es so gehandhabt werden, dass es nicht zu einer Kündigung komme, der Sparer sich im Gegenzug aber sich verpflichtet mehr als das gesetzliche Minimum einzuzahlen. Der Union Luxembourgeoise des Consommateurs ist das Thema auch bekannt, es sei aber noch zu früh eine Aussage für Luxemburg zu tätigen. Eine Sprecherin sagte dem Tageblatt, dass das Gerichtsurteil untersucht werde und man sich in Kürze dazu äussern würde.

Die neueren Kündigungen zielen dagegen auf Bausparverträge, bei denen Kunden die gesamte Bausparsumme zwar noch nicht einbezahlt haben, die aber seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Im Streit um solche Kündigungen sind beim BGH mittlerweile über hundert Verfahren anhängig. In einem der beiden aktuellen Fälle hatte ein Ehepaar 1999 bei Wüstenrot zwei Bausparverträge über umgerechnet rund 100.000 Euro abgeschlossen und bekam für ihr angespartes Geld Zinsen in Höhe von 4,5 Prozent.

Bausparsumme

Die Verträge wurden 2001 zuteilungsreif, die gesamte Bausparsumme war aber bis 2015 noch nicht erreicht. Gleichwohl kündigte Wüstenrot diese Verträge und einen weiteren im zweiten Fall über rund 16.000 Euro. Das Unternehmen begründete dies mit einem Gesetz, wonach ein Darlehensnehmer – in diesem Fall also die Bausparkasse – einen Vertrag zehn Jahre nach Erhalt des Darlehens grundsätzlich kündigen kann, einerlei was zuvor vereinbart wurde. Der BGH bestätigte diese Rechtsauffassung.

Er entschied nun, dass mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags die Zehn-Jahres-Frist zu laufen beginnt, nach der die Bauparkasse solch einen Vertrag kündigen kann. Wüstenrot-Rechtsvertreter Rainer Hall zufolge machen die Bausparkassen wegen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und den günstigen Krediten der Banken mit ihren bundesweit rund 30 Millionen Bausparverträgen hohe Verluste. Im Durchschnitt bekämen Bausparer derzeit rund zwei Prozent Zinsen, während die zu vorsichtigem Wirtschaften verpflichteten Bausparkassen mit dem Angesparten ihrer Kunden aber nur eine Rendite von durchschnittlich einem Prozent erzielten. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn die Bausparkassen Altverträge kündigten, die bereits über zehn Jahre zuteilungsreif seien und den Kunden offensichtlich nur zur Mitnahme hoher Zinserträge dienten.