„Ohne Wachstum geht es nicht“

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Aus der Konvergenz der europäischen Staaten bis zur Finanzkrise, ist seitdem eine Teilung geworden, die frühestens in zehn Jahren endet. Das ist die Auffassung, die Professor Karl-Heinz Paqué vor der Alphonse Weicker Stiftung vertrat.

Paqué gehört in Deutschland zur wissenschaftlichen Elite. Er forscht und lehrt an der Otto von Guericke Universität in Magdeburg. Der gebürtige Saarländer studierte in Saarbrücken und in Kiel aber auch an der Universität von British Columbia in Vancouver, Kanada. Für seine Dissertation erhielt er drei Wissenschaftspreise. Jaqué war vier Jahre Finanzminister im deutschen Bundesland Sachsen Anhalt. Seit neuestem gehört er einer Enquete Kommission des Deutschen Bundestages an, die sich mit dem umfangreichen Thema „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft“ beschäftigt. Dass der Volkswirtschaftsprofessor, der den Saarbrücker Volkswirtschaftler Herbert Giersch als seinen wichtigsten Lehrer bezeichnet, gleichzeitig der Vorstandsvorsitzende der gleichnamigen Stiftung ist, und auch der Stiftung der Deutschen Wissenschaft verbunden ist, sei dabei nur am Rande erwähnt.

Die Alphonse Weicker Stiftung, die den Namen eines früheren Präsidenten der BGL – heute BGL BNP Paribas – trägt, hatte Paqué zu einem Thema eingeladen, das aus europäischer Sicht aktueller nicht hätte sein können. Paqué sprach zu „Wachstum! Die Zukunft der Europäischen Marktwirtschaft“.

„Nicht ohne Industrie“

Grundsätzlich, so der Wirtschaftswissenschaftler, kann ein Staat nicht ohne Industrie leben. Die Idee, als Dienstleistungsstaat zu existieren, könne man möglicherweise auf Luxemburg anwenden. Aber auch Luxemburg werde wohl feststellen, dass man ohne Industrie und verarbeitendes Gewerbe nicht bestehen könne. In dieser Hinsicht habe es in Europa bis zum Jahre 2008 eine Anpassung gegeben. Die Staaten seien wirtschaftlich aufeinander zugewachsen. Damit sei es seit der Krise vorbei. Man könne feststellen, dass ein dauerhaftes Auseinanderdriften Europas drohe, sagt Paqué im Gespräch mit Tageblatt.lu.

Wenn man fordere, dass Europa Wachstum benötige, dann müsse man sich vergegenwärtigen, welches Wachstum denn gemeint sei. Man könne natürlich das Geld der Europäischen Union nehmen und damit eine Fußgängerbrücke bauen, aber so würde man kein nachhaltiges Wachstum schaffen. Hoch entwickelte Volkswirtschaften erhielten ihr Wachstum aus der Anwendung neuen Wissens und des technischen Fortschritts. Niemand würde heutzutage noch mit Produkten von vor 20 Jahren leben wollen.

Auseinanderbrechen Europas

Genau hier aber läge das Problem. Der technische Fortschritt entstehe durch Wissenschaft und Forschung. Das Wachstum durch die Patente und die Produktrealisierung. Das Auseinanderbrechen Europas zeige sich im Vergleich dieser Punkte. Es sei ein dramatischer Abfall bei der privaten Investition und bei den Patenten zwischen Ländern wie Österreich, den Niederlanden, Dänemark oder Finnland und den so genannten Peripherieländern zu beobachten, analysiert Paqué.

Auf der anderen Seite des zu beobachtenden Bruches stünden Länder wie Deutschland, Österreich, die Niederlande, Dänemark, Schweden, Finnland. Jedes dieser Länder hätte in den 90er Jahren eine Krise zu bewältigen gehabt. Finnland sei der Markt weggebrochen, Schweden hätte eine Bankenkrise gehabt, Deutschland und im Gefolge auch Österreich erlebte die Krise nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft, im Gefolge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Diese Staaten seien heute stark, weil sie damals ihre Krise erfolgreich und strukturell nachhaltig überwunden hätten. Es gehe keinen Weg daran vorbei, sagte Paqué, dass die Peripheriestaaten ihre Hausaufgaben machen müssten. Genauso sicher sei, dass man ihnen dabei helfen müsse.