Britische Wirtschaft ohne Kraft – „Brexit belastet“

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Die britische Wirtschaft kommt wegen der Verunsicherung durch den geplanten EU-Austritt nicht richtig in die Gänge.

Angetrieben von den Dienstleistern legte das Bruttoinlandsprodukt zwischen April und Juni um 0,3 Prozent zu, wie das Statistikamt am Mittwoch in London mitteilte. Ökonomen hatten dieses Ergebnis vorausgesagt, nachdem es zu Jahresbeginn nur zu 0,2 Prozent gereicht hatte. „Die Wirtschaft hat in der ersten Jahreshälfte eine beträchtliche Verlangsamung durchlebt“, fasste Statistikamt-Sprecher Darren Morgan zusammen. Einen schlechteres Ergebnis in den ersten sechs Monaten gab es zuletzt 2012.

Enorme Unsicherheiten

„Die enormen Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Brexit-Verhandlungen, in die die britische Delegation sichtlich geschwächt und konzeptlos hineingestolpert ist, lasten auf der wirtschaftlichen Aktivität“, sagte NordLB-Ökonom Jens Kramer. Die EU ist der wichtigste britische Exportmarkt. Ohne Einigung auf ein Freihandelsabkommen drohen Zölle und andere Hürden. Großbritannien hinkt derzeit dem Aufschwung in der Euro-Zone hinterher. Experten gehen davon aus, dass deren größte Volkswirtschaft Deutschland im zweiten Quartal erneut ein Plus von 0,6 Prozent geschafft hat, während die Währungsunion insgesamt auf 0,5 Prozent kommen dürfte.

Getragen wurde das britische Wachstum im Frühjahr von den Dienstleistern, während die Industrie und die Baubranche schwächelten. Die Geschäfte von Einzelhändlern, Hotels und Restaurants legten jeweils zu. „Das ungewöhnlich warme Wetter im April und Juni sowie die späten Osterfeiertage dürften dazu beigetragen haben“, sagte Ökonom James Smith von der Großbank ING. Auch die von Steuervorteilen profitierende Filmindustrie legte merklich zu.

Kaufkraft der Verbraucher fällt

„Unsere Wirtschaft wächst seit viereinhalb Jahren kontinuierlich“, sagte Finanzminister Philip Hammond. „Darauf können wir stolz sein, aber wir sind nicht selbstgefällig.“ Die Produktivität müsse wieder stärker zulegen, um höhere Löhne und einen steigenden Lebensstandard zu schaffen.

Das britische Pfund hat nach dem Votum für einen EU-Austritt vor gut einem Jahr deutlich an Wert verloren. Das lässt die Inflation hochschießen, weil viele Waren importiert werden müssen und diese durch die Abwertung teurer werden. Das verringert wiederum die Kaufkraft der Verbraucher. Das insgesamt schwache Wachstum macht eine baldige Zinserhöhung durch die Zentralbank trotz höherer Preissteigerungen unwahrscheinlich: Nur zwei der 80 von Reuters befragten Ökonomen gehen davon aus, dass die Bank of England im August ihren Leitzins anheben wird. Ein höherer Zins macht das Pfund attraktiver und kann die Inflation bremsen.

Der Internationale Währungsfonds hat gerade erst seine Wachstumsprognose für Großbritannien gesenkt. In diesem Jahr wird nur noch mit einem Plus von 1,7 Prozent gerechnet, nachdem im April noch 2,0 Prozent vorausgesagt wurden. 2018 sollen es sogar nur 1,5 Prozent sein.