Adrien Portier: Geliebt und gehasst

Adrien Portier: Geliebt und gehasst

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Adrien Portier ist einer der Spieler, der polarisiert.

Adrien Portier ist einer der Spieler, der polarisiert. Das Escher Raubein galt auf der „Grenz“ bei den Zuschauern als Identifikationsfigur und wurde von den gegnerischen Mannschaften wegen seiner Zweikampfhärte gehasst. 

Mit der Jeunesse gewann er seit seinem Debüt am 4. Oktober 2008 einen Meistertitel (2010) und eine Coupe de Luxembourg (2013). In diesem Winter verlässt er den Verein. Es zieht ihn aus beruflichen Gründen nach Asien. Ein gebührender Abschied wurde ihm durch den Ausfall der letzten Spiele und des Derbys verwehrt. Das Tageblatt hat mit dem 29-Jährigen über 185 Momente in Schwarz-Weiß gesprochen.

Absage

„Die Absage des Derbys hat mich sehr enttäuscht. Ich wollte meine Zeit bei der Jeunesse mit einem Sieg gegen Fola abschließen und danach mit dem ganzen Verein meinen Abschied feiern“, so Portier, der in den Tagen vor dem Spiel noch einmal seine Teamkollegen im Training zusammenstauchte: „Ich kann sehr impulsiv sein und wäge meine Worte dann nicht mehr. Aber das ist alles zum Wohle meiner Mitspieler.“

Derbys

„Mein bestes Derby habe ich 2010 miterlebt. Wir waren über eine Hälfte in Unterzahl und haben den 1:0-Sieg über die Runden gemacht. Das war ein Schlüsselmoment auf dem Weg zum Meistertitel. Nicht so gerne erinnere ich mich an die 1:5-Niederlage gegen die Fola, die sie 2013 zum Meister machte. Ich habe zudem Rot gesehen.“

Momente

„Der schönste Moment war ohne Zweifel unsere Meistersaison 2009/10. Auch für mich persönlich lief es sportlich perfekt. Wir waren eine Bande von Freunden, die zusammengehalten haben. Richtig schlecht lief es vor zwei Jahren, als ich während fast vier Monaten verletzungsbedingt ausfiel und insgesamt nur auf acht Spiele kam.“

Mitspieler

„Bis heute verstehe ich mich gut mit Eric Hoffmann, Daniel Gomez und Sanel Ibrahimovic. Mein schlimmster Mitspieler ist Grégory Adler, obwohl wir uns mittlerweile sehr gut verstehen. Er kann auf dem Platz unglaublich nervig sein. Und wenn man ihn dort begegnet, kann man ihn einfach nicht mögen. Aber so denken die Gegenspieler wahrscheinlich auch über mich. Jeder hat auf dem Rasen eine Aufgabe zu erledigen. Wenn ein Spiel dann zu Ende geht, entdeckt man das wahre Gesicht eines Menschen.“

Trainer

„Ich habe Jacques Muller sehr viel zu verdanken, da er mich zur Jeunesse geholt hat und wir unter ihm Meister geworden sind. Ich würde aber sagen, dass Sébastien Grandjean mein bester Trainer bei der Jeunesse war. Die Qualität des Trainings und der Umgang mit dem Team hat gestimmt. Die schlechtesten Erinnerungen verbinde ich mit Carlo Weis. Bevor er zur Jeunesse kam, hatte ich gehört, dass er mich nicht mochte. Trotzdem kam es zwischen uns nie zum Streit. Seine Trainingsmethoden und seine atypische Herangehensweise haben mir nie gefallen. Es bringt nichts, von montags bis freitags jeden Tag zehn Kilometer zu laufen. Dadurch ist man vielleicht körperlich fit, aber spielerisch läuft es dann nicht mehr so gut.“

Platzverweise

„Habe ich wirklich neun Rote Karten und 73 Gelbe Karten bekommen? Das ist eine Menge. Aber so war mein Spiel halt schon immer gewesen. Ich lebe von meiner Zweikampfhärte, beabsichtige aber nie, einen Gegenspieler zu verletzen. Auf der anderen Seite ist Luxemburg klein und ich hatte schnell einen gewissen Ruf. Im Nachhinein denke ich aber, dass 80 bis 90 Prozent der Verwarnungen gerechtfertigt waren.“

Bier

„Das Bier nach dem Spiel gehört zu den Momenten, auf die ich mich besonders freue, da ich zwei Tage vor jeder Partie auf meinen Aperitif verzichte. Außerdem mag ich es, mit den Zuschauern zu reden. Das wird mir wohl in den nächsten Monaten am meisten fehlen.“

Der blanke Gruß

 

Am 30. Oktober 2010 zeigte Adrien Portier beim Pokalspiel gegen Déifferdeng 03 den gegnerischen Zuschauern sein Hinterteil. Unser Fotograf Gerry Schmit hielt diesen etwas außergewöhnlichen Moment im Bild fest. „Daran erinnere ich mich noch ganz genau. Es war eine Widmung für die Differdinger Anhänger, die mich während Jahren ausgepfiffen haben und die mich offensichtlich nie mochten. Ich kann mir vorstellen, dass sie lieber das Hinterteil einer Frau gesehen hätten, aber an diesem Tag mussten sie halt mit meinem Allerwertesten vorliebnehmen. Ich hoffe, dass man mir das heute nicht mehr übel nimmt“, sagt Portier heute augenzwinkernd.

Abschied

„Leider hat das mit dem Abschied auf dem Feld nicht hingehauen. Ich habe mir aber vorgenommen, im Januar mit einigen Zuschauern ein Essen zu organisieren. Ob der Klub etwas geplant hat, weiß ich nicht. Ich werde auf jeden Fall noch die Wintervorbereitung mitbestreiten, vor allem um die Kilos der Feiertage wieder abzuarbeiten. Wenn die Meisterschaft anfängt, bin ich aber bereits in Asien.“

Zukunft

„In den nächsten Tagen werde ich mein Visum bekommen und den Flug buchen. Es wird wohl zwischen dem 5. und 15. Februar losgehen. Danach werde ich mich zusammen mit zwei Arbeitskollegen zunächst in Hongkong niederlassen. Wir sollen dort für unsere Firma eine Strategie umsetzen, die bereits in Luxemburg funktioniert. Mehr kann ich leider nicht verraten, weil diese Informationen nicht an die Öffentlichkeit fließen soll. In einer zweiten Phase geht es nach Singapur. Ich musste diese Aufgabe einfach annehmen, weil die Arbeit es mir ermöglicht zu reisen, neue Erfahrungen zu sammeln und mein Englisch zu verbessern.“