Rucksacktouristen werden ausgebeutet

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Eine Studie zweier Universitäten belegt nun schwarz auf weiß, was schon lange debattiert wird: Rucksacktouristen in Australien werden ausgebeutet. Ein Drittel verdient deutlich unter dem Mindestlohn. Auch kriminelles Verhalten kam zutage.

Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen, Sydney

Etwa ein Drittel aller Rucksacktouristen und ein Viertel aller internationalen Studenten in Australien sind unterbezahlt. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie zweier australischer Universitäten, deren Autoren 4.322 Reisende und Studenten aus 107 Ländern befragten. Ein Großteil von ihnen berichtete, dass sie oftmals nur zwölf australische Dollar pro Stunde (8 Euro/9 Franken) oder sogar weniger verdienten – etwa die Hälfte des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns.

Der Bericht „Wage Theft in Australia“ der Technischen Universität und der Universität von New South Wales in Sydney zeichnet laut der Autoren ein „düsteres, aber dringend notwendiges nationales Bild“ über das Ausmaß des Lohndiebstahls. Neben der teils drastischen Unterbezahlung vieler Rucksackreisender und Studenten stießen die Wissenschaftler auch auf kriminelles Verhalten mancher Arbeitgeber, die Pässe der Reisenden konfiszierten oder Teile des Lohnes einbehielten.

Gastronomie und Landwirtschaft

Die Autoren der Studie stellten fest, dass die Praktiken australienweit betrieben werden. Sie fanden zudem Fälle in den meisten Wirtschaftszweigen, besonders jedoch in der Gastronomie und Landwirtschaft. Etwa ein Siebtel derjenigen, die in ländlichen Regionen auf Farmen oder beim Obstpflücken tätig waren, verdienten nur etwa fünf Dollar die Stunde, etwa ein Drittel berichteten von Löhnen um die zehn Dollar.

88 Tage Arbeit in einer ländlichen Region sind Pflicht, um das Working-Holiday-Visum auf ein zweites Jahr zu verlängern. Weder die australische Regierung noch Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände hätten bisher ausreichend auf die Ausbeutung reagiert, heißt es vonseiten der Universitäten.

Asiaten besonders betroffen

Laut einer der Autorinnen des Berichts sind sich die betroffenen ausländischen Studenten und Reisenden durchaus bewusst, dass sie ausgebeutet werden. „Wir fanden, dass die überwiegende Mehrheit internationaler Studenten und Rucksackreisender wissen, dass sie unterbezahlt sind“, sagte Bassina Farbenblum. „Sie glauben jedoch, dass nur wenige Leute mit ihrem Visum erwarten können, den legalen Mindestlohn zu erhalten.“

Chinesische und andere asiatische Studenten werden laut dem Bericht besonders ausgebeutet, aber auch Studenten aus Deutschland oder Italien berichteten von Stundenlöhnen unter zwölf Dollar.

Tod einer Reisenden

Die Situation der jungen Reisenden und Studenten machte zuletzt im Juli internationale Schlagzeilen. Die Britin Mia Ayliffe-Chung war in Australien unterwegs, als ein junger Mann die 20-jährige Frau sowie einen weiteren britischen Reisenden ermordete. Ihre Mutter Rosie Ayliffe stieß nach dem Tod ihrer Tochter auf das Ausmaß der Ausbeutung und Misshandlung junger Rucksackreisender und versucht seitdem, sich mit einem offenen Brief und einer Petition an den australischen Premierminister Gehör zu verschaffen. Ihre Tochter solle nicht umsonst gestorben sein, sagt die Britin.

Die Arbeit auf den Farmen sei weitestgehend nicht reguliert, schreibt Ayliffe in ihrer Petition, die bereits über 6.000 Menschen unterzeichnet haben. Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen würden nicht eingehalten. „Meine Tochter arbeitete in Zuckerrohrfeldern in Queensland, wo sich viele giftige Schlangen und Spinnen aufhalten.“ Keiner habe mit ihr über Sicherheit oder über Erste Hilfe gesprochen und die Farmen hätten allesamt kein Gegengift vorrätig.

Ayliffe fordert eine verstärkte Regulierung, regelmäßige Inspektionen und Strafen. Auch ein öffentliches Register, wo wer zu welchem Zeitpunkt ist und welche Farmen Arbeit anbieten, wäre in ihren Augen hilfreich.

Zur Autorin

Barbara Barkhausen, Asia-Pacific-Korrespondentin, lebt seit 2002 in Sydney, Australien. Sie deckt für Café Europe neben ihrem neuen Heimatland Australien auch Neuseeland, Indonesien, Papua-Neuguinea und die Pazifikinseln ab. Barbara hat Kommunikationswissenschaften, Englische Literatur und Kunstgeschichte in München und Los Angeles studiert und für das ZDF, Pro7 und die Bavaria Film in München gearbeitet, bevor es sie ans andere Ende der Welt zog. Sie ist Print-, TV-, und Radiojournalistin und Autorin mehrerer Kinder- und Sachbücher.