Das Fusionsbonbon: Die neue Schule

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SIMMERN/HOBSCHEID – Simmern besticht durch mehrere Besonderheiten. Trotzdem hat sich die 850-Seelen-Gemeinde einen starken Partner gesucht, er heißt Hobscheid und wählt im Oktober noch im Majorzsystem. Ein Besuch bei Bürgermeister Yves Ewen, der nicht mehr antritt.

Schon bei der Anfahrt fällt die herrliche Umgebung auf. Grün, so weit das Auge reicht, und so schön, dass es schützenswert ist. „Natura 2000“, sagt Bürgermeister Yves Ewen. Das mit seinen drei Ortsteilen zusammen 850 Einwohner zählende Dorf liegt im „Äischdall“, natürliche Grenzen bilden die Hänge zu den Seiten des Dorfes. Die erste „Schmelz“ des Landes brachte hier ab 1624 wohlverdienten Reichtum. Heute ist die „Simmerschmelz“ vor allem Campern ein Begriff. Der Platz ist einer von gleich zweien in der kleinen Gemeinde, das Camping-Bistro „An der Ho“ ist der soziale Treff für die Dorfbewohner. Zu den symbolträchtigen Fotos gehört in jedem Fall aber auch eines von der Kirche. Das 700 Jahre alte Bauwerk ist nach der Michelskirche in der Hauptstadt die zweitälteste Kirche des Landes und der Stolz Simmerns. Viele Vorzüge also, und dennoch: Das Dorf brauchte einen starken Partner.

Breite Zustimmung zur Fusion

2014 wurde die Fusion mit Hobscheid per Referendum abgesegnet. Das Ergebnis war eindeutig. 60 Prozent stimmten dafür. Zwei gute Gründe gaben den Ausschlag. Der erste ist die eigenständige Grundschule plus „Maison relais“. Dafür wird die bestehende Schule aus- und umgebaut. 3,9 Millionen Euro wird das Projekt kosten, es ist für 100 Kinder ausgelegt und die 1,7 Millionen, die Simmern als Bonus für die Fusion vom Staat bekommt, fließen in das Projekt. Ohne dieses Geld wäre es schwierig geworden. Bisher organisiert die Gemeinde die Grundschule zusammen mit Tüntingen. Dessen Kinder absolvieren den dritten Zyklus in Simmern. Letztere wiederum schicken ihre Kinder für die drei anderen Zyklen nach Tüntingen. Das wird sich ab September 2019 ändern – ganz davon abgesehen, dass Tüntingen ja an Böwingen vergeben ist.

Der zweite Grund ist ebenso praktisch wie zukunftsorientiert. „So kleine Gemeinden können heute nicht mehr im Sinne der Bürger funktionieren“, sagt Ewen und nennt ein Beispiel. „Letztes Jahr hatten wir einen „Congé parental“, einen genehmigten „normalen“ Urlaub und dann kam noch ein „Congé de maladie“ hinzu, mit dem niemand gerechnet hat“, sagt Ewen, „da war die Gemeinde praktisch 14 Tage geschlossen“. Der Gemeindetechniker blieb als Einziger übrig und gewährleistete neben seiner Tätigkeit, dass wenigstens das Telefon besetzt war. Ein Kopfschütteln bekräftigt das als einen nicht mehr zeitgemäßen Zustand. Wenn die Simmerner mit Hobscheid fusionieren, sind alle Gemeindeposten gut besetzt, eine Vertretung ist gesichert. „Außerdem hat eine Kommune mit der „Masse critique“ von 4.000 Einwohnern mehr politisches Gewicht nach außen“, ergänzt Ewen die Argumente pro Fusion. Die neue Gemeinde „Habscht“ hat das.

Ewen selbst wird sich nicht mehr für den (Fusions-)Gemeinderat bewerben, der wie in „Helperknapp“ auch aus vier Schöffen bestehen wird. In Simmern wird (noch) im Majorzsystem gewählt. Sieben Räte hat der aktuelle Gemeinderat, durch die Fusion reduziert sich die Zahl auf vier in diesem Jahr. Sie ergänzen den ohnehin schon im Proporz gewählten bisher elfköpfigen Hobscheider Gemeinderat in der Übergangszeit bis 2023. Danach stehen im Rat der Fusionsgemeinde „Habscht“ dann wieder nur noch elf Posten zur Verfügung.

Erst der Vater, dann der Sohn

Der pensionierte Eisenbahner ist CSV-Mitglied und hat sich spät für einen Job in der Politik entschieden, obwohl er aus einer lokal engagierten Familie kommt. Fast 30 Jahre ist sein Vater zwischen 1964 und 1993 Bürgermeister von Simmern gewesen. Der Sohn wartete lange mit einer Kandidatur. 2004 probierte er es mit einer Art Liste, die er zusammengestellt hatte. Und scheiterte. 2011 versuchte er es noch einmal und zog als Drittgewählter ins Rathaus ein.

Die Berufstätigkeit des Erstgewählten Marco Boly bei der „Inspection du travail et des mines“ war nicht kompatibel mit dem Amt des Bürgermeisters, die Zweitgewählte wollte das Amt nicht, Ewen griff zu. Jetzt will der 63-Jährige jüngeren Bewerbern Platz machen. Und zieht sich auch aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück. „Meine Arbeit hier war ein wunderbarer Übergang vom Berufsleben in die Rente“, sagt er.