Feierstimmung und Boykott

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Nach nächtlichen Jubelfeiern hat in Ägypten der zweite und letzte Tag der Präsidentenwahl begonnen. Lange Warteschlangen vor den Wahllokalen wie am Vortag waren am Dienstag nicht zu beobachten.

Anhänger von Abdel Fattah al-Sisi waren in der Nacht mit ihren Autos hupend und Fahnen schwenkend durch Kairo gefahren, um den erwarteten Sieg des Feldmarschalls zu feiern. Straßenhändler boten T-Shirts mit dem Foto des ehemaligen Militärchefs an.
Die Unterstützer seines einzigen Herausforderers Hamdien Sabahi blieben zurückhaltender. Die Wahlbeteiligung war am ersten Tag relativ niedrig gewesen. In der Unruheprovinz Nord-Sinai, wo die Armee gegen militante Islamisten kämpft, lag sie nach Angaben eines Sprechers bei rund 17 Prozent.

Die Wahl findet unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen statt. (AP)

Die Muslimbrüder, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten, sahen sich durch die schwache Beteiligung bestätigt. Am Montag waren nach Angaben lokaler Wahlbeobachter etwa zehn Anhänger der Islamisten-Bewegung festgenommen worden, die versucht hätten, die Wahl zu stören.

Al-Sisi-Sieg gilt als sicher

Einige Beobachter wiesen darauf hin, dass sich ein Teil der Wähler deshalb nicht zum Urnengang habe aufraffen können, weil der Sieg von Al-Sisi ohnehin als sicher gelte. Die Übergangsregierung hatte am Montagabend verkündet, der Dienstag sei ein offizieller Feiertag. Damit sollten die Wähler wohl dazu ermutigt werden, ihre Stimme abzugeben. Die neue ägyptische Führung ringt seit dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi um Legitimität. Der Islamist Mursi war nach Massenprotesten gegen seine Regierung im Juli 2013 von der Armee abgesetzt und in Gewahrsam genommen worden.

Am 5. Juni soll in Ägypten das Ergebnis der Präsidentenwahl bekanntgegeben werden. Danach wird die von Übergangspräsident Adli Mansur ernannte Übergangsregierung von Ministerpräsident Ibrahim Mehleb zurücktreten. Der Wahlsieger wird als Präsident vereidigt und beauftragt anschließend einen neuen Ministerpräsidenten mit der Regierungsbildung.

Kein Parlament mehr

Die neue Verfassung sieht vor, dass der Regierungschef die Unterstützung der Mehrheit der Abgeordneten des Parlaments haben muss. Ägypten hat allerdings schon seit Juni 2012 kein Parlament mehr. Damals hatte das Verfassungsgericht die Wahl nachträglich für ungültig erklärt und das Parlament aufgelöst, in dem die Muslimbrüder die stärkste Kraft gewesen waren.

Gemäß der neuen Verfassung und den vom Militär vorgegebenen Regeln für die Übergangszeit müssen spätestens am 17. Juli die Vorbereitungen für die nächste Parlamentswahl beginnen. Dieses Parlament müsste dann nachträglich die Regierung billigen oder auch nicht.

Mehrere Parteien haben den Entwurf für das Gesetz, das die nächste Parlamentswahl regeln soll, heftig kritisiert. Sie erklärten, wenn tatsächlich 80 Prozent der Sitze für Einzelkandidaten reserviert werden sollten, würde dies die Rolle der Parteien schwächen. Es würde zudem den Einzug reicher Geschäftsleute ins Parlament begünstigen, so wie im letzten Parlament der Ära des 2011 entmachteten Präsidenten Husni Mubarak.