Sarkozy im Visier der Justiz

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(AFP)

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Ohne eine große Geste verließ Frankreichs abgewählter Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag den Elysée-Palast. Jetzt drohen Ermittlungen wegen Schmiergeld und anderer Skandale.

Nicolas Sarkozy hat angekündigt, die Politik, die er über Jahrzehnte als Abgeordneter, Innenminister und dann als Staatsoberhaupt prägte, endgültig zu verlassen. Laut französischen Medien soll er zunächst mit seiner Frau Carla Bruni und seiner Tochter in einen zweiwöchigen Urlaub fahren, bevor er wieder als Anwalt arbeiten werde.

Aber so ganz wird die Politik den 57-Jährigen nicht loslassen: Die Schatten seiner Vergangenheit sind lang. Im Laufe seiner fünfjährigen Amtszeit haben sich viele haarsträubende Skandale um mögliche Spenden, finanzielle Freundschaften zu Milliardären und mit Schmiergeld erkaufte Waffendeals angehäuft. Erst jetzt, da seine präsidiale Immunität aufgehoben wird, können diese Vorwürfe wirklich juristisch aufgearbeitet werden.

Gaddafis Spende

Zum Beispiel seine Zusammenarbeit mit dem libyschen Ex-Machthaber Muammar al Gaddafi. Nur wenige Wochen nach Sarkozys Wahl in Frankreich 2007 schlug der inzwischen getötete Machthaber öffentlichkeitswirksam sein Zelt in der Hauptstadt Paris auf und wurde mit allen militärischen Ehren empfangen. Waffen- und Atomgeschäfte wurden verhandelt. Noch im Herbst 2010 einigten sich die beiden Staaten auf eine strategische Partnerschaft zum Bau eines Atomkraftwerks und zur Lieferung von Airbus-Kampfjets an Libyen.

Nach Berichten des Online-Portals Mediapart soll Gaddafi sich diese Geschäfte und seine öffentliche Aufwertung in Paris zuvor erkauft haben. Rund 50 Millionen Euro soll Sarkozy vom Gaddafi-Clan für seinen Wahlkampf 2007 erhalten haben. Dies soll aus einem Faksimile in arabischer Sprache hervorgehen, das Mediapart wenige Tage vor der Wahl Anfang Mai veröffentlichte. Sarkozy hat den Vorwurf umgehend als absurd zurückgewiesen und will Mediapart verklagen – die Journalisten bleiben aber bei ihrer Darstellung und reichten Gegenanzeige wegen Verleumdung ein.

L’Oréal-Affäre

Überhaupt haben Sarkozys Kontakte zu der ihm anfangs sehr wohlgesinnten Presse arg gelitten. Im Zentrum steht die Affäre um die L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt, die ebenfalls verdächtigt wird, zumindest Sarkozys Partei nicht deklarierte Wahlkampfspenden in der Höhe von mehreren hunderttausend Euro zugeteilt zu haben. Die einflussreiche Tageszeitung „Le Monde“ recherchierte zu den möglichen gesetzeswidrigen Geschäften zwischen der Milliardärin und der konservativen Partei. Daraufhin wurden die betroffenen Journalisten offenbar vom französischen Inlandsgeheimdienst DCRI überwacht.

Inzwischen wird gegen den Chef des DCRI, Bernard Squarcini, wegen des Verdachts auf Bruch des Briefgeheimnisses und unrechtmäßiger Datenerfassung ermittelt. Die Zeitung ist nach wie vor davon überzeugt, das Squarcini im Auftrag des Präsidenten handelte, um unliebsame Veröffentlichungen in der Presse steuern zu können. Auch dieses Verfahren wird nun ebenso wie der Gaddafi-Vorwurf untersucht werden können.

Keine Nachsicht

In jedem Fall kann Sarkozy nicht auf die Nachsicht der Ermittler und Richter gegenüber einem ehemaligen Staatspräsidenten hoffen: Sein Vorgänger Jacques Chirac wurde als erster Ex-Präsident der französischen Republik zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Chirac soll in seiner Zeit als Bürgermeister von Paris Freunde mit Scheinstellen versorgt und Sozialwohnungen in der teuren Hauptstadt unrechtmäßig vergeben haben. Gegen Chirac wurde schon zwei Monate nach dem Ende seiner Amtszeit ermittelt.

Hollande übrigens wird auch in seiner Amtszeit nicht vor juristischen Ermittlungen zu seiner Vergangenheit geschützt sein: Der Sozialist hatte angekündigt, die Immunität des Staatschefs zumindest für die Zeit vor seiner Amtsübernahme abzuschaffen.