Neuer linker Anlauf für Europa

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(dpa)

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Gianis Varoufakis, der frühere griechische Finanzminister, gründet eine Bewegung. Sie soll Europa "demokratischer und transparenter" machen. Vorgestellt wird sie in Berlin?

Begleitet von einem riesigen Medienauflauf in der Berliner „Volksbühne“, hat Gianis Varoufakis am Dienstag seine neue Bewegung und das ihr zugrunde liegende Manifest (link) vorgestellt. Klar klinge es utopisch, sagt der frühere griechische Finanzminister am Dienstag trotzig. Und ja, auch andere Netzwerke kämpften bereits länger um breite Akzeptanz. Aber das sei ja kein Grund, um es nicht zu versuchen und sich als breite und grenzüberschreitende Alternative aufzustellen – gerade jetzt, wo Europa der rasche Zerfall drohe, sagt der linke Ökonom, der für ein paar Monate als „enfant terrible“ der Euro-Zone bekannt wurde.

Interesse bei „déi Lénk“

Man verfolge die Diskussionen um diese neue Bewegung mit großer Sympathie, sagte am Dienstag Marc Baum, Sprecher von déi Lénk. Von Luxemburger Seite war niemand in Berlin anwesend. Eine eventuelle Mitgliedschaft von déi Lénk in diese neue Bewegung, die keine neue Partei sein soll, schloss Baum nicht aus.

Berlin habe er ganz bewusst gewählt, sagt Varoufakis – das Hemd über der Hose, den Kragen des Jacketts hochgeschlagen, sein Markenzeichen während der Eurokrise. Ohne Deutschland könnten ja keine Veränderungen erreicht werden. Für die halbstündige Pressekonferenz am Dienstagvormittag hat er den „Roten Salon“ der „Volksbühne“ am Rosa-Luxemburg-Platz gewählt – das Theater, das einst mit dem „Arbeitergroschen“ finanziert wurde und das in den 1920er Jahren auch politische Revuen im Auftrag der Kommunisten spielte.

„Wir starten heute Nacht“, kündigt der Motorradfahrer, Liebling der europäischen Linken und „Wirtschaftsrockstar“ („Business Insider“) stolz an. Für die Unterstützer kostet der Neustart Europas zwölf Euro, ermäßigt acht Euro – „Restkarten nach Verfügbarkeit an der Abendkasse“. So viel wurde für den ersten Auftritt von Varoufakis und seinen Mitstreitern der neuen Bewegung „Democracy in Europe Movement 2025“ (DiEM25) am Abend in der „Volksbühne“ verlangt.

Alternative zu einem „Re-Nationalisierungs-Irrweg“

Das neue Netzwerk sieht der 54-Jährige als Alternative zu einem „Re-Nationalisierungs-Irrweg“ und einer Unterwerfung unter „anti-demokratische EU-Institutionen“. Die Ziele beschreibt er so: Die paneuropäische Bewegung wolle die EU demokratisieren und die Kraft der Kritiker der Institutionen in Brüssel und Frankfurt bündeln, um einen Zerfall der Europäischen Union zu verhindern. Für mehr Transparenz sollten die Europäer auch auf die Straße gehen. Nicht ganz so offen ist Varoufakis, was das Manifest seiner neuen Bewegung betrifft: Wer daran wie mitgeschrieben hat, sagt er bei dem Kurzauftritt nicht.

Um eine neue Partei und Parteipolitik im bisherigen Stil geht es ihm jedenfalls nicht. Für den Ex-Politiker ist die angestrebte paneuropäische Bewegung die Antwort darauf, dass Politiker aus seiner Sicht nicht wirklich an der Macht sind. Die würden vielmehr von einer „Schattenwelt aus Bürokraten, Bankiers und nicht gewählten Beamten“ gelenkt, wie Varoufakis schon in der Vergangenheit immer wieder mal räsonierte. Die neue Bewegung soll der „geteilte Albtraum“ aller Brüsseler Bürokraten, Lobbyisten, Banker, Manager, der Eurogruppe und vieler anderer sein, heißt es im sechsseitigen „Manifest für die Demokratisierung Europas“.