Leicht geplant – schwer gewonnen

Leicht geplant –  schwer gewonnen
(dpa)

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Nach nicht einmal einmonatiger Amtszeit muss sich EU-Kommissionspräsident Juncker einem Misstrauensantrag stellen. Die Chancen auf Erfolg sind gering.

Mehr als neun Jahre ist es her, dass sich eine EU-Kommission einem Misstrauensvotum im Europaparlament stellen musste. Nun haben rechte und EU-skeptische Parteien wegen der Affäre um Steuervorteile für Großunternehmen in Luxemburg einen Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker eingereicht. Dieser ist in Artikel 234 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehen.

Nach der Geschäftsordnung des Parlaments sind für einen erfolgreichen Antrag auf Abhaltung der Abstimmung „ein Zehntel der Mitglieder des Parlaments“ notwendig – dies sind derzeit 76 Stimmen. Diese kamen nun zusammen für einen Misstrauensantrag gegen Junckers Team. Um zum Erfolg zu führen, muss der Antrag mit der „Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments angenommen“ werden. Dafür stimmen müssten also mindestens 376 der 751 Abgeordneten im Parlament – womöglich aber auch bis zu 501 Volksvertreter, wenn sich alle Abgeordneten an dem Votum beteiligen.

Santer drohte gleiches Ungemach

Wird die notwendige Mehrheit erreicht, müssten die Kommissionsmitglieder „geschlossen ihr Amt“ niederlegen. Über Misstrauensanträge wurde im Europaparlament bisher acht Mal abgestimmt. Keiner wurde angenommen. Der letzte stammt aus dem Juni 2005. Auch damals hatten Euroskeptiker um den Briten Nigel Farage versucht, die Kommission unter dem Portugiesen José Manuel Barroso zu Fall zu bringen.

Hintergrund war die Einladung Barrosos zu einer Kreuzfahrt auf der Yacht eines griechischen Reeders. Farage und Co. sahen einen möglichen Interessenkonflikt, weil die Kommission zugunsten einer Beihilfe für die fragliche Reederei entschied. 1999 hatten mehrere Fraktionen mit einem Misstrauensvotum gegen die Kommission von des Luxemburgers Jacques Santer gedroht. Grund waren Vorwürfe gegen die französische Forschungskommissarin Edith Cresson. Ihr wurde vorgehalten, bei der Korruptionsbekämpfung versagt und einem befreundeten Zahnarzt lukrative Verträge zugeschanzt zu haben. Die Kommission Santer trat dann zurück, bevor ein Misstrauensantrag gestellt wurde.