Anja Reschke von den „Tagesthemen“ und Till Schweiger haben in den vergangenen Wochen bereits starke Zeichen gesetzt: „Dagegen halten, Mund aufmachen, Haltung zeigen“, fordern sie öffentlich im Fernsehen und im Netz. Obwohl sie die mentale Bulimie der Wutbürger damit auch auf sich als Privatperson ziehen, macht das Engagement gegen die braune Schwemme im Internet Schule.
Satiriker Jan Böhmermann vom ZDF „Neo Magzin Royale“ hat #heidepack in Anlehnung an die Ausschreitungen in Heidenau zum Hastag der Woche ernannt. Unter den Hashtags #Mundaufmachen und #refugeeswelcome posten nicht nur immer mehr Prominente, sondern auch Millionen von Usern Statements gegen Fremdenfeindlichkeit. Am Mittwochabend veröffentlicht das Entertainer-Duo Joko und Klaas ein Video mit dem Titel „Das wird man wohl noch sagen dürfen“ auf Youtube, das sich derzeit mit rasender Geschwindigkeit verbreitet.
„Intelligenzflüchtlinge“
1,7 Millionen Facebook-Fans, 800 000 Follower auf Twitter und eine Million TV-Zuschauer haben die Comediens mittlerweile. Während der Sommerpause ist ihnen mit Schrecken klar geworden, dass sich eine „erbärmliche Minderheit“ davon ebenfalls zu den „’Ich bin zwar kein Nazi, aber…‘-Idioten“ gesellt, „diplomierte Wahrheitskenner, Hobby-Provokateure und Intelligenzflüchtlinge“, wie Klaas sie betitelt. Genau an diese möchte das Duo seinen Video-Kommentar gerichtet wissen: „Ihr denkt, ihr gehört tatsächlich zu den wenigen, die sich trauen, den Mund aufzumachen. Ihr faselt von Wirtschaftsflüchtlingen, Sozialschmarotzern, Überfremdung und habt ein paar Daten und Spiegel-Artikel auswendig gelernt, die eure Dummheit irgendwie mit sogenannten Fakten untermauern sollen. Ihr fühlt euch also als ‚Patrioten‘, als die ‚Stimme des Volkes‘, die das Kind beim Namen nennt und den Finger in die Wunde legt…“
„Früher war man Punk, wenn man provozieren wollte. Heute ist man ‚Patriot’“
Seine sarkastische Charakterisierung aus der Einleitung greift Klaas später mit diesen Worten auf: „Ihr bleibt erbärmliche Trottel, die sich auf Kosten der ärmsten der Armen profilieren wollen.“ Joko fügt hinzu: „Ihr seid die Dummheit. Das schwächste Glied in der Kette.“
Dass sich menschenverachtende Kommentare im Netz nicht unterbinden lassen, ist den Entertainern bewusst. Auf ihren Fanseiten wollen sie Fremdenhass jedoch unter keinen Umständen tolerieren: „Entfolgt uns bei Twitter, entfreundet uns auf Facebook, boykottiert unsere Shows“, fordert Klaas. „Kein Shitstorm kann jemals so schlimm sein, wie der Applaus von Leuten, die auch dann laut klatschen, wenn ein Flüchtlingsboot mit 800 Menschen im Mittelmeer versinkt.“
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