Handy-Video widerspricht Story der Polizei

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Die Polizei von St. Louis veröffentlicht ein Video, das zeigt, wie Beamte Kajieme Powell erschiessen. Nur: Dieses stimmt nicht mit ihrer Beschreibung der Situation überein.

Immenser Druck lastet auf der St. Louis Metropolitan Police, seit Beamte am Dienstag nahe der US-Stadt Ferguson erneut einen Afroamerikaner, Kajieme Powell, erschossen haben. Wie die „Huffington Post“ berichtet, hat die Polizei jetzt, um Transparenz zu zeigen, das Handy-Video eines Augenzeugen auf Youtube gestellt. Dieser Live-Mitschnitt der Tat sorgt für Aufruhr, denn: Die Situation erscheint auf dem Video anders als im Polizeibericht.

Das Video zeigt, wie die Beamten aus ihrem Auto steigen, Powell in ihre Richtung läuft und schreit „Erschießt mich endlich“. Innerhalb von nur 15 Sekunden eröffnen die Polizisten das Feuer auf Powell. Sam Dotson, der Polizeichef von St. Louis, hatte am Dienstag angegeben, dass Powell sich den zwei Beamten auf rund einen Meter genähert und ein Messer über dem Kopf geschwungen habe. Das Video zeigt etwas anderes: So nähert sich Powell den Beamten zwar, bleibt aber auf grösserer Distanz als bisher angegeben. Ausserdem schwingt er das Messer nicht über dem Kopf, sondern er hält seine Arme nach unten, neben dem Körper.

Gemäß „Guardian“ hatte ein Ladenbesitzer die Polizei gerufen, nachdem Powell angeblich zwei Softdrinks und Donuts aus seinem Shop gestohlen hatte. Auch eine weitere Frau hatte laut „Huffington Post“ die Polizei verständigt, weil Powell ein Messer in der Tasche gehabt und sich unberechenbar verhalten haben soll.

„Sie hätten auf den Fuß schießen können“

Das Video nährt die Wut der Bevölkerung von Ferguson und Umgebung gegenüber der Polizei. Doris Davis, eine Augenzeugin, sagte laut „Guardian“, die Polizei hätte Powell nicht töten müssen: „Ich finde, es war übertrieben. Es gibt Leute, die sagen, er habe ein Messer gehabt. Aber selbst dann hätten sie auf den Fuß schießen können. Oder einen Elektroschocker einsetzen können. Sie mussten ihn nicht umbringen.“

Polizeichef Dotson verteidigt die Handlung der Beamten. „In einer potenziell tödlichen Situation, verwenden Polizisten tödliche Maßnahmen“, antwortete er auf die Frage von CNN, wieso die Polizisten den Mann nicht mit einem Elektroschocker niedergestreckt hätten. „Elektroschocker sind eine Möglichkeit, aber sie sind nicht zu 100 Prozent zuverlässig. (…) Wenn ein Mann mit einem Messer auf dich zukommt und zu verfehlst ihn mit dem Schocker, wird er weitermachen und den Beamten verletzen“, so Dotson.

Mehr Reporter als Demonstranten

Eineinhalb Wochen nach den tödlichen Schüssen auf Michael Brown kühlt die Stimmung in Ferguson langsam ab. Bei den abendlichen Protesten sind fast mehr Reporter unterwegs als Demonstranten. Die Polizei lobt die Entwicklung und hofft, dass sie anhält.

In der Nacht zum Donnerstag kam es zu sechs Festnahmen wegen kleinerer Vergehen, wie Ron Johnson von der Polizei im Bundesstaat Missouri vor Journalisten sagte. Zum Vergleich: Am Dienstagabend waren es noch 47 Festnahmen gewesen.

Auslöser für die tagelangen Unruhen waren die tödlichen Schüsse eines weißen Polizisten auf den 18-jährigen unbewaffneten Afroamerikaner Michael Brown am 9. August.