Finale für Frankreichs Wahlkampf

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(AFP)

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Frankreichs Wahlkampf geht in die Endrunde. Jüngste Umfragen sehen Sarkozy-Herausforderer Hollande weiter vorne. Die Nichtwähler könnten Zünglein an der Waage spielen. Zwei Verlierer hat der Wahlkampf jetzt schon: Die Grünen und ihr Thema - die Umwelt.

Die grüne Spitzenkandidatin Eva Joly wirkt müde und auch ein wenig resigniert. Abgefallen in den aktuellen Umfragen, zu Boden gegangen bei einem unglücklichen Sturz in einem Kino, hadert die ehemalige Richterin mit dem Schicksal. Die Grüne, die Präsident Nicolas Sarkozy mit aus dem Amt drängen will, sieht sich in der Rolle einer einsamen Ruferin in der Wüste. „Ich habe nicht aufgehört, über die Umwelt zu reden, bin aber einfach nicht erhört worden“, gab sie resigniert am Dienstag in einem Interview des TV-Senders BFM zu. Anderthalb Wochen vor der ersten Wahlrunde sind die Themen Umwelt und Atom eher Exoten-Themen.

Selbst der jüngste Zwischenfall im französischen Atomkraftwerk Penly konnte den Debatten im Wahlkampf keinen neuen Zündstoff liefern. Geprägt von Themen wie der inneren Sicherheit, der Euro-Krise, der Wirtschafts- und vor allem auch der Ausländerpolitik ging er zu Wochenbeginn in seine Endrunde.

„Kein goldener Löffel im Mund“

Joly, die weit abgeschlagen bei 1,5 Prozent in den letzten Umfragen liegt, sieht sich selbst als Opfer einer angeblichen Ausländerfeindlichkeit: „Ich erlebe in diesem Wahlkampf die gleiche Missachtung, die ich bei meiner Ankunft erlebt habe“, betont die eingebürgerte Norwegerin, die einst als Au Pair-Mädchen ins Land kam und Karriere machte. „Ich sage mir, dass das die Missachtung ist, unter der Millionen von Franzosen leben, diejenigen, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurden, diejenigen, die einen Akzent haben, die anders sind.“

Die grüne Partei hat mit Blick auf die nur wenige Wochen später anstehende Wahl zur Nationalversammlung ein strategisches Bündnis mit den Sozialisten geschlossen. Vor dem Hintergrund der schwachen Umfragen für Joly liebäugelten viele Genossen mit einem Aufkündigen des Abkommens – doch Joly bestätigte es Dienstag ausdrücklich.

Sozialisten selbstbewusst

Bei der schwergewichtigen Konkurrenz – den Sozialisten – macht sich allmählich Selbstbewusstsein breit. Die jüngsten Umfragen sehen zwar weiter einen knappen Vorteil für den um seine Wiederwahl kämpfenden Amtsinhaber Nicolas Sarkozy. Doch in der entscheidenden Stichwahl müsste er sich nach jetzigem Stand seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande geschlagen geben. Eine am Dienstag veröffentlichte Ipsos-Umfrage bescheinigt Sarkozy bei der ersten Runde mit 29 Prozent (-0,5) einen dünnen Vorteil vor Hollande mit 28,5 Prozent (+1), bei der Stichwahl dagegen liegt Sarkozy mit 45 Prozent weit hinter dem sozialistischen Rivalen, der auf 55 käme.

Dem droht mit dem ehemaligen Genossen Jean-Luc Mélenchon von der Linksfront Konkurrenz im eigenen Lager: Der populistische Aufsteiger machte vorübergehend sogar der rechtsextremen Marine Le Pen den dritten Rang streitig, die sich unverändert stark hält. In der Stichwahl könnte er sich jedoch noch als Königsmacher entpuppen. Unsicherheit herrscht dagegen über das Ausmaß der Nichtwähler. Ihre Zahl könnte nach Meinungsumfragen diesmal den Rekord von 2002 – 28,4 Prozent – übertreffen. Die Zeitung „Libération“ fand bereits einige Gründe dafür: „Der Wahlkampf ist kaum greifbar, fast einschläfernd. Kein Wunder, dass sich die Wähler abwenden.“

Die bisher in den Umfragen abgeschlagenen Kandidaten setzen ihre Hoffnung auf die neuen strikten Wahlkampfregeln, die seit Montag gelten: Die Redezeit der zehn Kandidaten in den Medien wird genau gemessen und geregelt. Und auf Plakaten vor Schulen und Rathäusern sind nun alle Kandidaten zu sehen – in ausgeloster Reihenfolge. Immerhin dabei hatte Eva Joly Glück: Sie führt bei den Plakaten als Linksaußen den Reigen an. Außergerechnet der Sozialist Hollande landete ganz rechts.