Europa gibt beim Klimaschutz den Ton an

Europa gibt beim Klimaschutz den Ton an
(AP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Staats- und Regierungschefs der EU finden in zähen Verhandlungen einen Kompromiss zum Klimaschutz. Die Ziele für das Jahr 2030 werden zwar zum Teil abgesenkt, sollen aber trotzdem den Ton angeben.

Europa übernimmt die internationale Führung beim Klimaschutz. Der EU-Gipfel in Brüssel einigte sich nach einem zähen Ringen auf ein umfassendes Klima- und Energiepaket mit Zielen bis 2030. Die Staats- und Regierungschefs schwächten aber auf Druck Großbritanniens und Polens die Zielmarke für das Energiesparen ab. Jetzt werden mindestens 27 Prozent statt der bisher geplanten 30 Prozent angestrebt. Zum Abschluss des Gipfels am Freitag wird über Schritte gegen die Wirtschaftsflaute gesprochen. Weitreichende Entscheidungen werden aber nicht erwartet.

„Es war nicht einfach, überhaupt nicht – aber wir haben es geschafft, zu einer fairen Entscheidung zu kommen“, sagte der scheidende Gipfelchef Herman Van Rompuy zum Klima-Kompromiss nach fast neunstündigen Beratungen. „Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit.“

CO2-Ausstoß senken

Der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) soll im Vergleich zu 1990 verbindlich um mindestens 40 Prozent sinken. Damit verdoppele Europa seine Anstrengungen, die bisher bis 2020 beschränkt waren, betonte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Der Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne soll auf mindestens 27 Prozent steigen. Auch dieser Wert ist verbindlich.

Weniger Energie sparen

In der Gipfel-Erklärung hieß es zugleich, man wolle das 30-Prozent-Ziel beim Energiesparen weiter im Auge behalten. Schon die mindestens 27 Prozent sind aber nur eine nicht bindende Richtmarke.

Eine europäische Klima-Einigung galt als Voraussetzung für einen Erfolg des Weltklimagipfels Ende 2015 in Paris. Die EU bezeichnet ihr Klimapaket als das ehrgeizigste der Welt.

„Das ist eine gute Vereinbarung, und wie jede gute Vereinbarung ist es ein Kompromiss“, betonte der französische Staatspräsident François Hollande. „Deutschland und Frankreich haben ihre Rolle gespielt.“ Hollande und Merkel hatten zusammen in kleinen Runden über Stunden für den Gipfel-Kompromiss gekämpft.

Polens Kraftwerke bremsen

Vor allem Polen trat bei den Marathon-Verhandlungen auf die Bremse. Warschau wollte über das Jahr 2020 hinaus im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems kostenlose Verschmutzungsrechte für Kraftwerke erhalten.

Regierungschefin Ewa Kopacz sagte: «Wir haben zusätzliche Emissionsrechte, die bis 2030 verlängert wurden.» Die Energiepreise in ihrem Land würden bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts nicht steigen. Für ärmere Länder mit einer Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung unter 60 Prozent des EU-Durchschnitts soll es im Rahmen des europäischen Emissionshandels einen neuen Hilfstopf geben. Damit sollen veraltete Energieanlagen modernisiert werden.

Europäischer Ebola-Beauftragter

Die „Chefs“ berieten auch über den Kampf gegen die Ebola-Epidemie, die in Westafrika bereits tausende Tote forderte. Sie ernannten den neuen EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement, Christos Stylianides (56), zum Koordinator europäischer Hilfen. Der Zyprer tritt sein Kommissarsamt zum 1. November an.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben bereits mehr als eine halbe Milliarde Euro für den Kampf gegen Ebola zugesagt. Dieser Betrag könnte auf bis zu eine Milliarde Euro verdoppelt werden, sagte Finnlands Ministerpräsident Alexander Stubb.

Wirtschaftslage in Europa

Zum Abschluss des Gipfels werden die EU-„Chefs“ am Freitag (10.00 Uhr) über die Wirtschaft sprechen. Barroso sagte, die wirtschaftliche Lage in Europa sei sehr schwierig. Mit konkreten Entscheidungen wird nicht gerechnet, da das angekündigte Investitionspaket von 300 Milliarden Euro der neuen EU-Kommission noch nicht ausformuliert ist. Bei einem Mittagessen treffen sich zudem Vertreter der 18 Euro-Länder sowie Litauens, das die Gemeinschaftswährung im kommenden Jahr bekommt.

In der EU gibt es derzeit Streit um die nationalen Budgets mehrerer großer Euro-Länder. Nach der Kontrolle der Haushalte für 2015 verschickte die EU-Kommission Mahnschreiben an Italien, Frankreich und Österreich.