Der Cannabis-Anbau boomt

Der Cannabis-Anbau boomt
(dpa)

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Rund um Luxemburg wachsen auf Feldern, Vorgärten und sogar versteckt in Kleiderschränken illegal Cannabis-Pflanzen. Das Geschäft blüht und die Polizei hinkt hinterher.

Sie wachsen auf dem freien Feld, aber auch in Vorgärten, auf Balkonen und sogar in Kleiderschränken – in Europa boomt der Anbau von Cannabis-Pflanzen. Nicht nur Privatleute bauen das Hanf zum persönlichen Konsum an, sondern auch kriminelle Banden, die auf Profite aus sind. Eine Entwicklung, die den zuständigen Behörden Sorgen macht. Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) hat den Trend in ihrem jüngsten Jahresbericht mit Zahlen dokumentiert. Demnach zerstörte die Polizei in den EU-Staaten im Jahre 2012 sieben Millionen Cannabis-Pflanzen. Diese Zahl habe sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht, die Tendenz sei weiter steigend, betonen die Experten der EU-Agentur mit Sitz in Lissabon.

Besonders gut blüht das Geschäft mit dem illegalen Anbau in Großbritannien, den Niederlanden, Polen und in Belgien. Im belgisch-französischen Grenzgebiet wurden erst Mitte Juni bei einer Großrazzia gleich acht Plantagen mit insgesamt 4000 Cannabis-Pflanzen im Wert von rund 600.000 Euro zerstört. Französische Fahnder spürten im vergangenen Jahr rund 141.000 Cannabis-Pflanzen an rund 50 Standorten auf – fast drei Mal soviel wie im Jahre 2010.

Auch in Luxemburg wird angebaut

Gemessen an diesen Zahlen ist das Phänomen in Luxemburg wenig verbreitet. Der Trend zum unerlaubten Cannabis-Anbau setze sich allerdings auch hierzulande fort – vor allem in geschlossenen Räumen, wo die Pflanzen nur schwer aufzuspüren sind.

Besorgniserregend ist demnach vor allem die wachsende Zahl von teilweise professionell betriebenen, lukrativen Großplantagen, die etwa in Scheunen oder Lagerhallen eingerichtet werden. 200 solcher Anpflanzungen wurden im vergangenen Jahr zerstört – 22 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Indoor-Plantagen seien derzeit überall in Europa im Kommen, betont Laurent Laniel von der EU-Beobachtungsstelle in Lissabon.

„Mythos vom angeblichen Bio-Produkt“

Erleichtert wird das den Experten zufolge durch das Internet, wo jeder problemlos Samen und Spezialleuchten bestellen kann. Außerdem ist der Indoor-Anbau besonders lukrativ: Cannabis-Pflanzen in geschlossenen Räumen können vier bis sechs Mal im Jahr geerntet werden, im Freien sind nur eine oder zwei Ernten jährlich möglich. Das neue Angebot entspricht einer neuen Nachfrage: Immer mehr Konsumenten ziehen die Blätter dem vor allem aus Marokko eingeschmuggelten Haschisch vor, dem aus Pflanzen gepressten Harz. Dazu habe nicht zuletzt der „Mythos vom angeblichen Bio-Produkt“ beigetragen, erläutert Michel Gandilhon, Forscher bei der französischen Drogenbeobachtungsstelle (OFDT).

Begonnen hatte der Trend vor einigen Jahren, weil immer mehr Konsumenten für sich und einige Freunde ihr eigenes Cannabis anbauen wollten – um illegale Dealernetze zu umgehen, oder auch aus Angst vor einer Festnahme oder vor verunreinigten Produkten. Doch zu diesen Cannabis-Liebhabern seien heute Profis hinzugekommen, denen es vor allem um Profit gehe, erläutert Gandilhon. Schließlich sei das Geschäft durchaus rentabel: „Auf einem Quadratmeter wachsen fünf Pflanzen, die pro Jahr 5000 Euro einbringen können.“ Solche Profite rufen auch das organisierte Verbrechen auf den Plan, das in einigen europäischen Ländern regelrechte „Cannabis-Fabriken“ eingerichtet hat, wie Matthieu Pittaco von der französischen Behörde für die Bekämpfung illegaler Rauschmittel (Ocrtis) berichtet.

Die Branche werde von asiatischen – vor allem vietnamesischen – kriminellen Banden kontrolliert. Es herrscht eine enge Kooperation auch mit Schlepperbanden: Diese schleusen illegale Einwanderer ein – die dafür dann auf den Cannabis-Plantagen arbeiten müssen.