Der Aha-Effekt bleibt aus

Der Aha-Effekt bleibt aus
(dpa/Symbolbild)

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Deutschsprachig und nah an Luxemburg - danach suchen Studenten ihre künftige Uni aus. Und das Geld scheint dank Hilfe vom Staat zu reichen. Eine TNS Ilres-Studie liefert jetzt neue Zahlen.

Wer ist der Luxemburger Student? Darauf gibt eine neue Studie von TNS Ilres im Auftrag des Hochschulministeriums zum „ersten Mal“ genaue Antworten. Nach dem Ruf der Uni ist die Sprache das zweite Kriterium, um sich für eine akademische Stätte zu entscheiden. Warum das so ist, könne laut Charles Margue von TNS Ilres nur gemutmaßt werden.

„Ob Schwierigkeiten in der Schule in Französisch dazu führen, wissen wir nicht.“ Tatsache ist, laut Margue, dass die zukünftigen Studenten „dem französischen Sprachraum massiv aus dem Weg gehen.“ Und das sind nicht die Absolventen aus den technischen Lyzeen. „Vor allem die Leute aus dem ‚Classique‘ sind hier in der Mehrheit“, so Margue.

Großregion ist beliebt

Deutschsprachig, aber auch „nicht zu weit weg“, sollte die Uni sein. In der Rangliste der Antworten, warum man sich für eine bestimmte Uni entscheidet, ist Nähe zu Luxemburg die dritt-häufigste Antwort. „Schade eigentlich, auf den Happiness-Effekt kommt es an. (Fehlt er) ist nicht gut fürs Land“, erklärt Meinungsforscher Charles Margue gegenüber Tageblatt.lu. „Wenn pragmatische Kriterien wie Sprache und Nähe bei der Uni-Wahl eine Rolle spielen, geht der Aha-Effekt flöten.“ Es sei eine Sache pragmatisch beim Studium vorzugehen und eine andere mit Spaß an der Sache durchzustudieren. Vor allem nach dem Abschluss, bei der Motivation im Job, könnte dieser „Aha-Effekt“ oder sein Fehlen ausschlaggebend sein, mutmaßt Margue. „Wir sind Leute von Welt, aber nach den Zahlen zu Sprache und Nähe, sind wir das nicht“, kommentiert der Meinungsforscher nüchtern.

„55 Prozent der befragten Studenten wagen ohne akademischen Background in der Familie (Mutter oder Vater mit Uni-Abschluss) das Abenteuer Studium“, erklärt Charles Margue die Zahlen. Die meisten künftigen Studenten holen sich Infos zur Uni aus dem Internet. Die Uni selbst, die „Foire de l’Etudiant“ sind weitere Informationsquellen. Die staatliche Anlaufstelle Cedies, Familie und Freunde spielen dabei weniger eine Rolle.

Zufriedenheit vor Ort

Gefragt nach dem Zurechtfinden vor Ort, ist der Transport wichtig. 35 Prozent der Befragten sind damit sehr zufrieden. Hingegen sorgt die Wohnungssuche naturgemäß für wenig Zufriedenheit bei den Studenten.

Auch in welchem Land man studiert, ist nicht unerheblich, wie zufrieden ein Student ist. So sind die meisten positiven Antworten auf die Schweiz, Großbritannien und Portugal entfallen. Weniger zufrieden sind die Befragten hingegen mit den Unis in Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg. Konzentriert man die Frage auf die Universitätsstadt, zieht Portugal an Österreich, Deutschland und Frankreich vorbei.

Das liebe Geld

Wie kommt der Luxemburger Student mit seinem Geld im Monat aus? Etwas mehr als drei Viertel der befragten Studenten (76 Prozent) haben keinen Nebenjob, um sich das Studium zu finanzieren. Ein Viertel der Studierenden hingegen schon. Bei den Langzeitstudenten, beispielsweise Doktoranden, ist der Anteil der Menschen mit Nebenjob größer.

65 Prozent, also zwei Drittel der 556 Studenten, die arbeiten, haben ein Arbeitseinkommen von unter 500 Euro pro Monat. Wofür das Geld aus dem Nebenjob ausgegeben wird? 58 Prozent der 2.839 Befragten verdienen sich damit ein „Taschengeld“ und 42 Prozent nutzen das Geld zur Studienfinanzierung.

„Audi“ ist Geschichte

Hat man früher das Studentendarlehen auf die Bank geparkt und die Zinsen kassiert, um sich später ein Auto zu kaufen, so ist das heute immer weniger der Fall. Das ist ein gemeinsames Ergebnis beider vorgestellten Studien am Mittwoch. Der heutige Student nutzt das Geld für die Finanzierung des Studiums. Das sagten 60 Prozent der 1.824 Befragten, die einen Kredit aufgenommen haben. Nur ein Viertel davon zahlt einen Teil des Darlehens auf der Bank als „Notgroschen“ ein. 15 Prozent von den 1.824 Studierenden nehmen kein Darlehen auf. Das sagten 23 Prozent der Studenten, die in Luxemburg und 25 Prozent, die noch im Elternhaus wohnen.

1.841 Befragte gaben an, dass sie finanzielle Unterstützung von der Familie bekommen (65 Prozent). Im Durchschnitt sind das 435 Euro. Die monatliche Unterstützung geht mit dem Alter des Studenten zurück und erhöht sich mit dem Einkommen der Eltern, so ein weiteres Ergebnis der Studie. 28 Prozent der Studierenden bekommen keine finanzielle Hilfe.

Wohnen und Essen

Laut der Umfrage gaben alle Teilnehmer an, dass sie durchschnittlich 963 Euro monatlich zur Verfügung haben. In der Frage zu Ausgaben sind bei der Studie keine Uni-Gebühren enthalten. Demnach belaufen sich die Ausgaben auf durchschnittlich 896 Euro. „Da bleibt nicht viel übrig“, fasst Charles Margue zusammen. Einnahmen und Ausgaben sind je nach Studienland und -Ort unterschiedlich. So bekommen die Studenten in der Schweiz am meisten im Monat zusammen (1.585 Euro). Sie haben aber auch die höchsten Ausgaben mit 1.515 Euro. Wer außerdem in Großbritannien oder den Niederlanden studiert, muss dafür tief in die Tasche greifen. Am Günstigsten ist Luxemburg noch vor Portugal. Dort schlagen die Ausgaben mit 564 Euro gegenüber 696 Euro pro Monat zu Buche.

Auf der Ausgabenseite sind Wohnen (41 Prozent) und Lebensmittel (19 Prozent) die größten Posten. Das antworteten alle Teilnehmer der Umfrage. Die Zahlen unterscheiden sich stark, je nach dem, ob man in Luxemburg oder im Ausland studiert. Während im Ausland der größte Batzen Geld für die Wohnung drauf geht (45 Prozent), so geben Studenten in Luxemburg das Meiste für Essen, Wohnen und Sprit (80 Euro) aus. „Das ist mehr als für eine Jumbokarte (ein Jahresabo für den öffentlichen Verkehr)“, bemerkt Meinungsforscher Charles Margue süffisant.

Schließlich sagt nur ein kleiner Teil aller Befragten, dass er mit dem monatlichen Budget auskommt. Für 23 Prozent ist öfter am Ende mehr Monat als Geld übrig. Bei der Mehrheit (47 Prozent) sind finanzielle Engpässe am Monatsende kein Thema. Schaut man sich die Frage aus dem Blickwinkel des Einkommens der Eltern, so sind naturgemäß die Studenten aus Besserverdiener-Haushalten (ab 5.001 bis über 8.001 Euro im Monat) „selten“ von Geldsorgen geplagt. Im Durchschnitt 47 Prozent.

Die richtige Politik

Für Staatsekretär Marc Hansen haben die Ergebnisse dieser Studie die Regierungspolitik bei der Reform der Studienbeihilfen bestätigt. „Das Ziel, dass jeder in Luxemburg studieren kann, scheint mir damit erfüllt zu sein“, zeigt sich Hansen zufrieden. Er hat dabei die neuen Beihilfen im Blick. Für Studierende in Luxemburg setzen sie sich aus der Basis-, Sozial- und Familienförderung zusammen. Das sind etwa 11.900/Jahr. Die Studierenden im Ausland bekommen außerdem eine Mobilitätszulage. Das macht rund 2.000 Euro pro Jahr mehr an Beihilfe aus.

Was das verspätete Auszahlen von Studienbeihilfen betrifft, so sind bisher 10.000 Dossiers abgeschlossen, berichtet Marc Hansen. Das heißt, dass diese Studenten bereits ihr Geld bekommen haben. Wegen der neuen Gesetzgebung und entsprechender Umschulung hinkte die betroffene Behörde im März mit der Bearbeitung hinterher. 1.000 Studenten mussten länger auf die Beihilfe warten (Artikel). Jerry Lenert von der Cedies spricht in diesem Zusammenhang von einem „großen Erwartungsdruck“ gegenüber seiner Behörde. Viele erwarten eine Antwort von Cedies „am liebsten sofort“. „Das ist nicht möglich“. Vor allem aber machen den Cedies-Mitarbeitern unvollständige Dossiers der Studenten zu schaffen. „Wären 20, 30 Prozent der Anträge vollständig, dann wären wir schneller“, so Lenert. Bis zum 30. April haben die Studenten Zeit einen Antrag auf finanzielle Beihilfe bei der Cedies für das kommende Semester zu stellen.

UNEL nicht dabei

An den Fragenkatalogen und Methoden haben Ministerium, Studentenorganisationen und das Meinungsforsschungsinstitut TNS Ilres zusammen getüftelt. Neben dem Dachverband der Studentenorganisationen in Luxemburg ACEL arbeiteten Vertreter der Jugend- und der nationalen Schulkonferenz mit. 2.000 Studenten wurden angeschrieben. 2.839 haben online geantwortet.

Für einen kleinen Überraschungsmoment sorgte die UNEL. Der Union Nationale des Étudiant-e-s du Luxemburg (UNEL) nahm auch an der Ausarbeitung der Umfragen teil. Ein UNEL-Vertreter fehlte jedoch am Mittwoch. Staatssekretär Marc Hansen zeigte sich über die Absage von UNEL überrascht. Diese sei ohne die Nennung von Gründen am Dienstag bei seiner Behörde eingegangen.

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