Demonstrationen für das Verfassungsgericht

Demonstrationen für das Verfassungsgericht
(AFP/Wojtek Radwanski)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zehntausende Polen haben am Wochenende in mehreren Städten für eine Stärkung des Verfassungsgerichts und die Rücknahme der Justizreform emonstriert.

„Früher haben die Polen demonstriert, um das Staatssystem zu verändern, heute demonstrieren sie, damit es erhalten bleibt“, sagte Ryszard Petru, der Chef der liberalkonservativen Partei Nowoczesna, am Samstag vor dem Verfassungsgericht. Seit dem demokratischen Wandel 1989 habe das Land keine solche Verfassungskrise erlebt.

Die Regierung will dem Verfassungsgericht gesetzlich vorschreiben, dass es Fälle chronologisch abarbeitet und Entscheidungen nur mit Zweidrittel-Mehrheit gültig sind. Dies würde eine Anrufung des Gerichts gegen die aktuelle Regierungspolitik faktisch wirkungslos machen. Das Verfassungsgericht hatte das Reformgesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es die ordnungsgemäße und unabhängige Arbeit des Gericht unmöglich mache. Die Regierung will das Urteil aber nicht veröffentlichen und damit wirkungslos machen.

Zehntausende

Alleine in Warschau kamen nach Angaben der Stadt mehr als 50 000 Demonstranten zusammen. Die Polizei sprach von 15 000 Teilnehmern.

„Ganz Polen soll sehen, dass die Opposition zusammenstehen kann“, sagte der ehemalige Justizminister Borys Budka von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO). Er fügte mit Blick auf die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hinzu: „Im Gegensatz zu denen, die sich das Recht in ihren Namen geschrieben haben, stehen wir auf der Seite des Rechts.“

Initiative der polnischen Europaabgeordneten

Der PO-Vorsitzende und ehemalige Außenminister Grzegorz Schetyna kündigte eine Initiative der polnischen Europaabgeordneten an. „Wir sind Teil der europäischen Gemeinschaft, wir wollen (in Brüssel) darüber informieren, was hier in Polen geschieht“, sagte er nach einer Sitzung der Parteispitze in Warschau. Mehrere hundert Anhänger der Linkspartei Razem versammelten sich am Samstagabend vor der Warschauer Regierungskanzlei, um laut aus der Verfassung vorzulesen.

Auch die Venedig-Kommission, ein Gremium von Rechtsexperten des Europarates, hatte das Gesetz am Freitag kritisiert. Die Meinung der Kommission ist rechtlich nicht bindend. Regierungssprecher Rafal Bochenek kündigte am Samstag an, Ministerpräsidentin Beata Szydlo werde die Stellungnahme der Kommission im Parlament vorstellen.