UN-Generalsekretär aus Osteuropa?

UN-Generalsekretär aus Osteuropa?
(Reuters/Brendan Mcdermid)

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Nach einer ungeschriebenen Regel soll der nächste UN-Generalsekretär aus Osteuropa kommen. Der Serbe Jeremic steht aus dieser Region am besten da.

Die serbischen Medien reagieren beleidigt. Es könne doch nicht sein, dass der Nachfolger von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zwischen den USA, Deutschland und Russland ausgekungelt werde, schrieb die größte Zeitung „Blic“.
Hintergrund ist die verspätete Nominierung der aus Bulgarien stammenden Vize-Präsidentin der EU-Kommission, Kristalina Georgiewa, vor wenigen Tagen. Nach der fünften Probeabstimmung im Sicherheitsrat zuvor war der frühere serbische Außenminister Vuk Jeremic an die zweite Stelle und damit in die Favoritenrolle gerutscht. Denn der Kandidat auf dem ersten Platz, der ehemalige Ministerpräsident von Portugal und Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks, Antonio Guterres, stammt nicht aus Osteuropa.

Der jugendlich auftretende Serbe Jeremic (41), der zu Hause als begnadeter Netzwerker und Selbstvermarkter beschrieben wird, hatte sich beharrlich seine Favoritenrolle erkämpft. Der Physiker und Harvard-Absolvent hatte damit die anderen sieben von einst insgesamt zehn Kandidaten auf die Plätze verwiesen. Mazedonien, Moldawien und Kroatien sind abgeschlagen oder haben schon aufgegeben. Auf dem dritten Platz liegt nach der letzten Abstimmung aussichtsreich noch der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak und der langjährige UN-Mitarbeiter und frühere slowenische Präsident Danilo Türk kommt auf Platz fünf.

Osteuropa

Jetzt schickt also Bulgarien eine Neue ins Rennen und die wird gleich in vielen Ländern zur aussichtsreichen Bewerberin gekürt. Zunächst einmal sorgte der Vorschlag aber für Spannungen zwischen Moskau und Berlin. Nach russischen Angaben soll Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht haben, Putins Unterstützung für Georgiewa zu gewinnen. Die Bundesregierung wies das in scharfer Form zurück. Berlin hat sich öffentlich noch auf keinen Kandidaten für die Ban-Nachfolge festgelegt.

Jeremic wird sich als Kämpfernatur sicher nicht von den neuen Konkurrenz entmutigen lassen, zumal er 2012 die UN-Vollversammlung geleitet hatte. Zu Hause ist er aber wegen seiner nationalistischen Positionen mehr als umstritten. Selbst sein politischer Ziehvater, der frühere serbische Präsident Boris Tadic, hat sich von dem „Einzelspieler“ enttäuscht abgewandt. Jeremic habe das Amt des Außenministers (2007-2012) „nur zur eigenen Promotion genutzt und Serbien mit vielen Ländern zerstritten“, begründete er seine Haltung.

In der Tat ist Jeremic in der Region wenig gelitten, weil er sich zu viele Ausfälle gegen Spitzenpolitiker der Nachbarländer geleistet hatte. Im Kosovo hatten Albaner gegen seine UN-Kandidatur demonstriert. Er habe eine großserbische Politik vertreten und sei pausenlos in der Welt umhergejettet, um die Anerkennung des jüngsten europäischen Staates zu verhindern. Auch die kroatische Zeitung „Vecernji list“ störte sich vor wenigen Tagen an der „antikroatischen Rhetorik“ des Kandidaten.

Bei allem nationalen Streit und allen Diskussionen um die Fähigkeiten einzelner Kandidaten – einen großen Vorteil bringt Georgiewa gegenüber Jeremic mit: Sie ist eine Frau. Und in vielen Ländern herrscht die Meinung vor, nach so vielen Männern müsse endlich mal eine Frau an die UN-Spitze kommen.