Wie man den Unterricht mithilfe von digitalen Hilfsmitteln verbessern kann

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Digitale Medien wie Tablets und Smartphones verändern unsere Gesellschaft. Auch im Schulunterricht spielen sie immer häufiger eine Rolle. Diesem Thema hat sich eine Seminargruppe von angehenden Grundschullehrern an der Universität Luxemburg gewidmet. Sie wollen wissen, wie man den Unterricht mithilfe von digitalen Hilfsmitteln verbessern kann.

Von Anke Eisfeld

„Educational Technology“ heißt das Seminar, in dem sich die angehenden Lehrer mit dem Einsatz von Tablet und Co. im Unterricht beschäftigen. Doch hierbei ginge es eben nicht darum, etwas zu programmieren, sondern individuell auftretende Unterrichtsprobleme mit neuen Hilfsmitteln zu lösen und das Lernen insgesamt zu verbessern, wie die betreuenden Dozenten Gilbert Busana und Robert Reuter betonen. Dazu durften sich die Studenten des vierten Studienjahres der Erziehungswissenschaften innerhalb ihrer Praktika an Schulen ein spezifisches Problem innerhalb des Unterrichts aussuchen, um es dann mit modernen Hilfsmitteln zu lösen.

„Es soll nicht so sein, dass die jungen Studenten auf erfahrene Lehrkräfte zukommen und dann gleich alles besser wissen. Nein, es sollten individuelle Lösungen für spezifische Probleme gefunden werden, um damit Lehrer an Schulen bei ihrer Arbeit unterstützen zu können“, erklärt Gilbert Busana, der auch Studiendirektor des Fachbereichs ist.

Der Lernende im Mittelpunkt

Die Studentinnen Cynthia Gudenburg und Jessy Hoffmann entdeckten an ihrer Praktikumsschule einen Lego-WeDo-Baukasten, mit dem Inhalte im Sachunterricht veranschaulicht werden können. Damit konnten sie die Kinder mit den physikalischen Themen Zugkraft und Reibung vertraut machen, indem die Schüler eigene Modelle erarbeiten und bauen konnten. Mithilfe einer kindgerechten Software auf einem Tablet ließen sich die Gefährte zum Leben erwecken und es konnte auch geprüft werden, ob etwas funktioniert oder verbessert werden musste. Im Unterschied zu anderen Lehrmethoden stehe bei der Verwendung von digitalen Medien immer der Lernende im Mittelpunkt, erklärt Dozent Busana. „Und den Schülern hat es viel Spaß gemacht“, berichten die Studentinnen.

Bewegungspausen im Unterricht standen im Fokus des Projekts von Elisabeth Karier und Mathieu Linden. „Uns fiel während des Unterrichts auf, dass die Schüler bei Bewegungspausen, die vom Lehrer angeregt wurden, oft nicht wussten, was sie machen sollten“, erläutert die Studentin die Problematik. So wurden kleine Übungsprogramme entwickelt, um diese dann in kleinen Videos (Tutorials), die mit den Schülern gedreht wurden, zu visualisieren. „Wir haben Bewegungspausen von Schülern für Schüler geschaffen und die Schüler waren begeistert“, lautet das Resumee der Arbeit.

Sprachbarrieren überwinden

Die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern kann eine Übersetzungs-App verbessern. Das Programm „iTranslate Pro“ kann nicht nur geschriebene, sondern auch gesprochene Worte auf dem Smartphone in Sekunden übersetzen. „Damit können wir Sprachbarrieren zwischen Lehrer und Schüler überwinden“, berichtet Patrick Everard über das Projekt „Hilfe bei der Kommunikation mit Neuankömmlingen“, das er zusammen mit Lisa Blum bearbeitet hat.

Mit dem Programm sei eine Übersetzung in mehr als 100 Sprachen möglich, außerdem könne es mithilfe einer Kamera Objekte erkennen und sie in die gewünschte Sprache übersetzen. Getestet wurde der App-Einsatz in einer Klasse mit syrischen Schulkindern. Langfristig wünscht sich Gilbert Busana Weiterbildungen für Lehrer zu dieser aktuellen Thematik: „Das Ziel ist immer, das Lernen zu verbessern. Wir wollen mit unserer Arbeit keine erfahrenen Lehrer belehren, sondern hoffen auf ihr Feedback und ihr Know-how.“


„Jede Panne bedeutet Stress“: Technolink-Leiter Gaston Groeber im Gespräch

Gaston Groeber ist Gründer und verantwortlicher Leiter von Technolink, einem IT-Dienstleistungsanbieter für die öffentlichen Grundschulen der Stadt Luxemburg. Technolink ist eine Abteilung der Schulverwaltung. Sie stattet nicht nur die Schulen mit Computertechnik aus, sondern bietet u.a. auch Fortbildungen für Lehrer an.

Tageblatt: Wie viele Grundschulen in Luxemburg-Stadt arbeiten mit welchen digitalen Medien im Klassenzimmer?

Gast Groeber: In der Stadt Luxemburg gibt es insgesamt 19 Grundschulen, in denen rund 5.000 Schüler unterrichtet werden. In jedem Klassensaal gibt es einen Pultcomputer, einen Drucker sowie einen Projektor bzw. in Neubauten einen Flachschirm. Jede Schule verfügt, je nach Größe, über einen oder zwei Sätze von je 18 Laptops. Darüber hinaus verfügen 8 Schulen jedes Mal über 20 iPads im Rahmen von vorgeschlagenen Pilotprojekten.

Was hat sich in 20 Jahren, seit der Gründung von Technolink, in den Klassenzimmern verändert?

Vor 20 Jahren gab es eine Handvoll Lehrer, die mit ebenso wenigen zusammengesammelten alten PCs versuchten herauszufinden, was diese Maschinen den Schülern im Unterricht bringen könnten. Generell allerdings, aus Informatik-Sicht, war in den Klassenräumen eigentlich große Leere. Die Verkabelung der rund 55 verschiedenen Schulgebäude und die Ausstattung aller Klassenräume war für die Stadt Luxemburg ein Riesenunterfangen, das nach 6 Jahren intensiver Arbeit abgeschlossen werden konnte. Parallel dazu wurde versucht, das Lehrpersonal an diese neue Arbeitsumgebung zu gewöhnen. Seitdem galt es, das Material zu konsolidieren, den Betrieb zu professionalisieren, um den stetig steigenden digitalen Konsum in den Klassenzimmern zu begleiten und die Infrastruktur an dieses Wachstum anzupassen. Die Automatisierung der Updates und der Back-ups waren wichtige Fortschritte und Hilfen für das technische Personal. Aktuell beispielsweise wird die WiFi-Infrastruktur durch eine modernere, den aktuellen Standards und dem Datenfluss entsprechendere Version ersetzt. Zwei weitere Phänomene seien dann aber auch noch erwähnt: Erstens hat der IT-Handel die Schulen als lukrativen Markt entdeckt. Salesmanager aller Himmelsrichtungen versuchen, ihre Produkte an die Schulen zu verkaufen, von Tinte für den Drucker über Soft- bis hin zu Hardware. Etliche dieser Produkte haben allerdings keinen Mehrwert für den Unterricht. Zweitens werden Sicherheitsbedenken den lokalen Administratoren überlassen. Es gibt beispielsweise keine verbindlichen Richtlinien des Ministeriums, welche Clouds als „unbedenklich“ genutzt werden können.

Inwiefern lässt sich das Lernen mit dem Einsatz moderner Technologien verbessern?

Bekanntlich geschieht das Lernen über mehrere Kanäle – haptisch, visuell, auditiv, emotional –, wobei es keine Regel gibt, welche Rezeptivität beim einzelnen Lernenden vorherrschend ist. Die modernen Technologien ermöglichen in diesem Sinne also einen zusätzlichen Lern-Input. Ich denke, dass besonders naturwissenschaftliche und mathematische Lerninhalte mithilfe digitaler Hilfsmittel effizienter an die Schüler herangetragen werden können. Auch ermöglichen die modernen Technologien es dem Schüler, individuelle Arbeiten und Dokumentationen persönlicher zu gestalten. Nicht zu vergessen, dass mit diesen Technologien eine Differenzierung leichter zu bewerkstelligen ist und die Schüler so eine individuelle Förderung erfahren können. Voraussetzungen hierfür sind natürlich, dass die Lehrperson die nötigen Kompetenzen besitzt und dass ihr eine Anlaufstelle angeboten wird, bei der sie Antworten und Hilfe erhält, wenn technische Probleme auftreten.

Wie ist das Feedback, das Sie von den Lehrern im Umgang mit digitalen Medien hören?

Die Lehrer benutzen die digitalen Medien alltäglich, sei es im Unterricht oder in administrativen Belangen. Sehr oft schlagen uns Lehrer neue Ideen vor, die dem Unterricht dienlich sind. Die Stimmung und somit das Feedback sind natürlich sehr von der Pannenfreiheit sowohl der Hardware als auch des Netzwerkes abhängig. Es ist immer wieder ärgerlich, wenn jemand mitten im Unterricht feststellen muss, dass etwas nicht funktioniert. Das ist dann nicht wie in einem Büro, wo man eben abwartet, bis ein Techniker sich um das Problem kümmert. Im Klassenzimmer sitzen erwartungsvolle Schüler und jede kleine Panne bringt Enttäuschung, Frust und Unruhe – also massiven Stress – mit sich.


Daddeln oder Lernen?

Fast jeder Haushalt in Luxemburg hat heutzutage einen Internetanschluss. Es gibt nur noch wenige Erwachsene, die kein Smartphone besitzen, und auch speziell für Kinder sind immer mehr Internetseiten, Spiele und Apps verfügbar. Im Schulunterricht spielen digitale Medien eine immer größere Rolle. Europäischer Vorreiter ist Estland. Im kleinen baltischen Staat ist das digitale Klassenzimmer Alltag. Dort arbeiten Lehrer und Schüler mit Whiteboards, Smartphones und Tablets. Und das mit Erfolg, denn Estland rückte in der PISA-Studie auf Platz eins in Europa vor.

Mögliche Vorteile sind ein interessanterer Unterricht, eine Verbesserung des Lernens durch Anschaulichkeit und Interaktivität sowie weniger Einsatz von Papier. Digitale Systeme können Statistiken erheben, sodass Lehrer jederzeit wissen, wie gut die Schüler ein Thema verstanden haben. Doch es gibt auch kritische Stimmen: Sind Inklusion und Migration nicht schon allein große Themen in den Schulen? Auch ganz andere Gründe können die Begeisterung für moderne Techniken trüben. So nannten in einer Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung immerhin drei Viertel der befragten Lehrer Probleme mit der technischen Ausrüstung, nur jeder Dritte war mit der WLAN-Qualität zufrieden, wiederum andere hatten gar kein kabelloses Internet.

Kritiker befürchten aber auch, dass das Lernen mit Tablet und Co. zu oberflächlich sein könnte, etwa weil ihre Benutzung vom eigentlichen Lerninhalt ablenken könne oder auch die (ungeprüften) Inhalte aus dem Internet einfach übernommen werden könnten, ohne sie angemessen zu reflektieren. Die anerkannte, bereits 2016 erschienene Blikk-Medien-Studie attestiert eine Wechselbeziehung zwischen der Nutzungsdauer digitaler Medien und dem Body-Mass-Index (BMI) eines Kindes, des Bewegungsumfangs sowie dem Genuss von Süßgetränken. Besonders in der Altersgruppe von 8 bis 14 Jahren zeigen sich Zusammenhänge von Mediennutzung und Lese-, Rechtschreib- und Aufmerksamkeitsschwäche sowie Schlafstörungen.

GuyT
16. Januar 2019 - 16.11

Ob Tablets und Smartphones den langfristigen Lernerfolg erhöhen ist mehr als umstritten. Manfred Spitzer, Hirnforscher zeigt dies eindrucksvoll in seinen Publikationen. Die Top Manager von Google, Apple &Co im Siliconvalley schicken ihre Kinder jeden Fall auf Smartphone-freie Schulen. Warum diese von der Industrie gepushte E-Learning Hype so unkritsch in der Presse hochgejubelt wird ist unverständlich. E-learning ja, aber nur do wo es wirklich Sinn macht wie zum Beispiel mit Simulationssoftware welche dynamische Vorgänge kostengünstig sichtbar macht.

Nomi
16. Januar 2019 - 13.39

De Prof soll awern net vum Tablett oofschreiwen un d'Taafel !