Verblasster Finanz-Todesstern

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Platz sechs: Luxemburg spielt in der 1. Liga des „Financial Secrecy Index 2018“ mit. Bis 2013 sei das Großherzogtum noch in Anspielung auf den Kultfilm „Star Wars“ der Todesstern der Finanzverschwiegenheit gewesen. Heute könne nicht mehr die Rede vom Finanz-Oberbösewicht sein. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Länderreport zu Luxemburg.

Seit 2015 ist Luxemburgs Position im Ranking stabil geblieben. Dies hat vor allem damit zu tun, dass der LuxLeaks-Skandal EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, aber auch Premier Xavier Bettel damals aus ihrer Komfortzone vertrieben. So gab sich das Großherzogtum unter Bettel seither sichtlich bemüht, um Verbesserungen herbeizuführen. Der Premier spricht immer von dem vergifteten Erbe, das die Vorgängerregierungen ihm hinterlassen hätten. Juncker, der politisch Verantwortliche für LuxLeaks, wurde zum eifrigen Bekämpfer von Steuerhinterziehung. Bettel kommentierte dies in einem Interview als Bemühtsein um „Vergangenheitsbewältigung“.

Wie dem auch sei. Luxemburgs freiwillig gezwungene Verbesserungen werden vom Länderreport des „Financial Secrecy Index 2018“ gewürdigt. Luxemburg habe etwa zu den ersten Staaten gehört, die sich dem „Common Reporting Standards“ der OECD verpflichtet hätten. Es wird außerdem auf ein Schreiben des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem Jahr 2017 hingewiesen. Titel: „Anti-money laundering and combatting the financing of terrorism“ (AML/CFT). Auch hier werde positiv hervorgehoben, dass Luxemburg neue Wege im Kampf gegen Geldwäsche beschreiten könne.

Luxemburg weniger attraktiv

So sei es nun theoretisch möglich, Banker, die bei ihrem Kreditinstitut Geld annehmen, bei dem sie davon ausgehen können, dass es aus ausländischer Steuerhinterziehung stammen könnte, für Geldwäsche zur Verantwortung zu ziehen. Im Länderreport wird jedoch auch darauf hingewiesen, was für Folgen diese Maßnahme für Luxemburg in der Praxis haben würde. Zu guter Letzt wird das Großherzogtum für seine Fortschritte gelobt, da es sich laut „Financial Secrecy Index 2018“ an das „Base erosion and profit shifting“-Programm der OECD (auch: BEPS) hält. Über dieses sollen kontinuierlich Schlupflöcher in Sachen Steuervermeidung geschlossen werden.

Allerdings ist die Kombination aus BEPS-Regeln und EU-Richtlinien gegen Steuervermeidung für die Verfasser des Indexes zu wenig. Der OECD-Standard sei im Rahmen von BEPS begrenzt. Dies gelte vor allem für das sogenannte „country-by-country reporting“. Die Hauptkritik ist etwa, dass dieser Informationsaustausch zwischen den Staaten weniger effizient sei im Vergleich zu einem Vorgehen, bei dem das Reporting der Informationen komplett öffentlich sei.

Auch das Vorgehen der EU-Kommission gegen Luxemburg wird gelobt. Dazu gehören etwa die Ermittlungen der europäischen Wettbewerbshüter wegen unerlaubter Steuervorteile, die das Großherzogtum McDonald’s, Amazon, Fiat und Engie gewährt haben soll. Fairerweise wird darauf hingewiesen, dass das Vorgehen der EU-Kommission dazu geführt hat, dass Luxemburg als Niedrigsteuer-Land als weniger attraktiv gelten könnte. Es wird etwa an McDonald’s erinnert, das seine gesamten Aktivitäten außerhalb der USA seit Ende 2016 nicht mehr in Luxemburg, sondern in einer Holdinggesellschaft in Großbritannien zusammengefasst hat.

Wo bleibt denn die Kritik?

Lässt man das Lob und den historischen Rückblick auf Luxemburgs wenig glorreiche Steuergeschichte zurück, stellt sich die Frage, wie viel konkrete und haltbare Kritik der „Financial Secrecy Index 2018“ enthält. So viel vorweg: Luxemburgs Finanzministerium wollte gestern keine Stellung gegenüber dem Tageblatt zu dem Thema nehmen.
Dabei ist die im Index formulierte Kritik teilweise schwammig, weswegen es doch ein wenig verwundert, dass Luxemburg stets Besserung gelobt, sich jedoch nicht den Fragen zu diesem vergleichsweise harmlosen Bericht stellt.

Die konkretesten Kritikpunkte: der Freeport und der „Reserved Alternative Investment Fund“ (RAIF). Zum Teil ist die Kritik fundiert, zum Teil nicht wirklich begründet. An erster Stelle wird der Freeport genannt. Im September 2014 wurde „Le Freeport Luxembourg“ am Findel in Betrieb genommen.

Der Start war gleich von einem Patzer gekrönt: Yves Bouvier, seinerzeit Freeport-Präsident und Chef der Muttergesellschaft „Natural Le Coultre“, wurde 2015 in Monaco wegen Betrugsvorwürfen festgenommen. Der Vorwurf: russischen Milliardären Gemälde überteuert verkauft zu haben. Imageschäden hat der Freeport bislang kaum davongetragen.
Im Länderbericht heißt es pauschal, dass Luxemburg weiterhin eine breite Palette an finanziellen und sonstigen Aktivitäten beheimate, die „Illegalität“ und „Missbrauch“ woanders fördern würden.

„Reichlich Gelegenheit für finanzielles Unheil“

Hierzu gehöre eben das FreeportWarenhaus, dessen Zweck es sei, Güter wie Gemälde, Goldbarren usw. zu lagern. Hier gebe es „reichlich Gelegenheit für finanzielles Unheil“. Ein konkretes Beispiel wird aber nicht genannt und ist der breiten Öffentlichkeit derzeit nicht bekannt.

Besonders dreist: In der zehn Seiten später folgenden Fußnote wird darauf hingewiesen, dass die Gesetzgebung 2015 angepasst worden sei, damit der Freeport in den „Geltungsbereich der Gesetzgebung“ gegen Geldwäsche komme. Eine erschöpfende Prüfung dieser Anpassung sei den Verfassern des Indexes nicht möglich gewesen, allerdings erscheine es wahrscheinlich, dass große Lücken weiterhin bestünden. Worauf das „wahrscheinlich“ basiert, lässt sich anhand des Berichts nicht herausfinden.
Mit Blick auf den RAIF heißt es, dass der Fonds keine direkte Zulassungsgenehmigung der Luxemburger Aufsichtsbehörde CSSF benötige. Dadurch könne man Hedgefonds-Managern die Möglichkeiten vergrößern, unreguliert vorzugehen. Daneben werden auch noch Instrumente rund um „Family Wealth Management“ genannt. Konkret wird die Kritik aber auch hier nicht wirklich.

SamB
1. Februar 2018 - 16.18

Die Nachwehen der Juncker/Frieden Aera werden uns noch sehr lange beschäftigen.

Serenissima en Escher Jong
1. Februar 2018 - 8.56

Und wie wäre es wenn man mal über diverse US Bundesstaaten reden würde in diesem Zusammenhang: z.B. Delaware unm nur diesen zu nennen......

Mick
31. Januar 2018 - 22.53

Tja das Ende vom Wohlstansland Luxusburg! Die vielen Neureichen Luxemburgs werden es hoffentlich Bettel und seiner Mannschaft zu danken wissen! Gleich gibt es statt Kaviar nur nich Shiasamen!

Sandrine
31. Januar 2018 - 22.25

Luxemburg wird ziemlich vage wegen des Erfolgs des Finanzplatzes angegriffen. In punkto "secrecy" ist Lux als am transparentesten unter den 20 groessten "Boesewichte" gefuehrt. Das ist den "Tax Justice Letzebuerg" aber anscheinend keine Zeile wert, hauptsache Asche auf Unser Hauptsache.