Piratenchef Sven Clement: „Es gibt keinen Blueprint, um eine Partei zu gründen“

Piratenchef Sven Clement: „Es gibt keinen Blueprint, um eine Partei zu gründen“

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Die Piraten haben es geschafft. Sie dürfen zwei Abgeordnete ins Parlament schicken. Und nun? Ein Gespräch mit Gründer und Chef Sven Clement über Parteienprofile und ein Parlament voller alter weißer Männer.

Tageblatt: Die Piraten sind mit zwei Abgeordneten im Parlament. Sie haben Ihr gesetztes Ziel erreicht. Löst sich die Partei jetzt auf?

Sven Clement: (lacht) Nein. Wir haben unser Wahlziel erreicht, unsere programmatischen Ziele aber noch lange nicht. Es geht jetzt darum, dass wir unsere Politik in der Chamber umsetzen.

Was kann man sich von den Piraten im Parlament erwarten?

Ich sehe uns als konstruktive Opposition. Die Gesetze werden gestimmt, ob wir da sind oder nicht. Dafür gibt es eine Mehrheit. Unsere Aufgabe wird darin bestehen, Themen auf die Agenda zu setzen. Und zu kontrollieren, ob die Regierung ihre Versprechen einlöst.

Es ist nicht ganz klar, was Ihre Themen eigentlich sind. Auf Ihren Plakaten haben Sie so ziemlich alles thematisiert. Wenn Sie drei Punkte auswählen müssten, welche wären das?

Das wären wohl die Steuerklasse 2 für jeden, Wohnungsbau und Bürgerbeteiligung.

Nicht wirklich Themen, die man mit Piraten in Verbindung bringt. Sie haben die Partei vor neun Jahren mitgegründet. Hat sie sich verändert?

Ja. Keine Partei ist so, wie sie vor neun Jahren war. Wir sind viel breiter aufgestellt als damals. Wir bleiben aber die Partei, die sich am besten mit digitalen Themen auskennt. Viele Politiker reden zwar über Digitalisierung, Blockchain und Cloud, sie verstehen aber nichts davon.

Das heißt andere Politiker haben keine Ahnung?

Das habe ich nicht gemeint. Sie haben schon viel Ahnung, allerdings nur in den Dossiers, die sie kennen. Und sie sehen diese nur noch durch ihre Brille.

Mit 29 Jahren sind Sie der jüngste Abgeordnete. Andere sind schon viel länger da. Ist das luxemburgische Parlament zu alt?

Ja, und zu männlich. Es ist schon desaströs, dass wir nur zwölf Frauen im Parlament haben. Genauso schlimm ist aber, dass wir nur sieben Abgeordnete unter 40 haben. Nur ein einziger Abgeordneter ist unter 30. Wie wollen Sie das einem 18-Jährigen erklären?

Wessen Schuld ist das?

Die Parteien sind schuld. Es genügt nicht, wegen der Quoten Frauen auf den Listen zu haben. Sie müssen genau wie die jungen Kandidaten aufgebaut werden. Die Parteien müssen ihnen Möglichkeiten geben, gesehen zu werden. Die Grünen haben es vorgemacht.

Sie sehen den Wähler nicht in der Verantwortung?

Anders als andere Politiker würde ich das nie sagen. Die Parteien müssen dafür sorgen, dass ihre Kandidaten bei den Wählern ankommen. Wenn ein Politiker immer wieder sagt, dass die Politiker in der Chamber jünger sein sollen, dann soll er gefälligst seinen Stuhl räumen und Platz für andere machen.

Sie sind jetzt im Parlament in der Opposition. Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann in eine Regierung einzutreten?

Wenn man Politik macht, dann um gewählt zu werden. Und wenn man gewählt wird, besteht das Risiko, dass man irgendwann in einer Position ist, in der man Verantwortung übernehmen muss. Ich glaube sogar, dass es gut für das Land wäre, wenn wir irgendwann in einer Regierung wären. Jetzt tut es der Partei aber erst mal gut, sich in der Opposition aufzubauen.

Wenn Sven Clement Premierminister wäre, was würde er als Erstes tun?

Ich bin kein Fan von Absolutismus. (lacht) Es wäre aber wohl Steuerpolitik. Unser Gesetz basiert auf einem Text von 1933. In dem Gesetz wurde in den 90er-Jahren ein Familienbild verankert, das da nichts verloren hat. Außerdem haben wir über die Zeit immer mehr Schlupflöcher eingebaut. Wir müssen bei null anfangen. Ich würde das Gesetz sozialer und gerechter machen.

Sozial und gerecht sind bekannte Begriffe in der Politik. Würden Sie Ihre Partei als links bezeichnen?

Ich sehe uns als eine progressive Partei. Wir haben soziale Komponenten, wir stellen den Kampf um eine soziale Lösung aber nicht über alles. Unser Ziel ist ein System, das Menschen belohnt, die die Produktivität erhöhen. Das sind nun mal die Menschen, die arbeiten.

Das klingt eher nach Liberalismus.

Wir fordern eine viel stärkere staatliche Einmischung auf dem Wohnungsmarkt in Luxemburg. Das wäre sogar antiliberal.

Dann lassen Sie uns ein kleines Spiel spielen, das dem Leser hilft, zu verstehen, wo die Piraten eigentlich stehen. Ich nenne zwei Parteien und Sie sagen, welcher Sie sich näher fühlen. „déi Lénk“ oder LSAP?

„déi Lénk“, weil sie eine wirklich gute Oppositionsarbeit macht.

ADR oder CSV?

CSV, weil ihre Mitglieder ganzheitlich denken und keine Klientelpolitik machen. Außerdem haben sie ihre Kandidaten besser im Griff.

DP oder „déi gréng“?

Das ist schwer. Ich bin eigentlich ein sehr großer Naturfreund. Ich kann aber im Moment mit den Grünen nichts anfangen, weil ich der Meinung bin, dass sie all ihre Werte aufgegeben haben, um in die Regierung zu kommen. Deswegen die DP.

Würden Sie als Außenstehender heute noch einmal in die Piratenpartei eintreten?

Sofort.

Obwohl sie sich verändert hat?

Wir haben damals eine Partei gegründet, die im Embryonalzustand war. Es gibt keinen Blueprint, um eine Partei zu gründen. Das ist gar nicht so einfach. Wir mussten uns weiterentwickeln. Rückblickend war es gut, dass wir 2013 nicht gewählt wurden. Wir konnten reifen und sind nun bereit, unsere Verantwortung im Parlament zu übernehmen.

roger wohlfart
25. November 2018 - 10.07

Mit Sven Clement steht und fällt dieser Ein-Mann-Verein. Eine Partei ohne Zukunft.

Romain K
9. November 2018 - 16.37

An am Norden stung eent iwwergrousst Plakat bei den Stroossen: N7 op 4 Spueren ausbauen - oder op 3 - Wees et net méi sou genau, hun mech krank gelaacht wéi ech daat Plakat déi 1. Keier gesin hun an duerno huet et mech net méi interesséiert. All gesonden Menschenverstand seet engem datt et absolut net méiglech ass dass déi N7 op 4 Spueren ausgebaut gett...dofier hun se am Norden jo keen Setz kritt :-) :-)

Mephisto
9. November 2018 - 15.57

Der Piratenchef hat sich ursprünglich an den deutschen Freibeutern inspiriert und lockte diesmal zusätzliche Wähler mit seinen tierfreundlichen Versprechen. Das genügte für diese Wahl. Dabei denke ich, dass die etablierten Vereine pro Tierschutz zuverlässiger sind. Ob er nächstes mal noch gewählt wird muss sich beweisen.

bouliste
9. November 2018 - 11.15

Hallo Sven Clement . Habe das Interview mit ihnen im tageblatt gelesen. Sie haben ja jetzt die Chance die Welt zu verändern . Was für Themen sie anpacken werden ist noch immer nicht ganz klar, aber um sich an Merkel zu halten, sie schaffen das. Was aber im allgemeinen stört, ist ihre Einstellung zu den älteren Politikern. Ist es nicht so, dass eine Gesellschaft, auch ein Parlament, am besten funktioniert durch Leute mit Erfahrung, und die bekommt man erst mit den Jahren, und jungen Spunten, die glauben, wenn sie alles was bis jetzt gut geklappt hat, erst Mal gut durchmischen,haetten sie schon viel erreicht. Ihrer Meinung nach, ab 18, und nicht über 40 ins Parlament. Welch desastroese Vorstellung. Wieviel Abgeordnete über 40 und mehr haben eine Superleistung für dieses Land erbracht. Wir haben einen Aussenminister von 70 der in Europa eine Superarbeit macht und viel Lob erntet. Koenten sie dessen Arbeit genau so gut übernehmen. Nie und Nimmer. Schämen sie sich. Mögen sie keine älteren Leute, oder nur die älteren Abgeordneten nicht ? Dann ihre Unterstellungen über die Dossiers . Sie sind so von sich selbst überzeugt, dass ich ihnen glauben muss, dass sie in spätestens 3 Monaten , ALLE Dossiers, in und auswendig kennen. Eigentlich greifen sie die Wähler an. Fragen sie nach: warum habt ihr nicht die ganz jungen gewählt ? warum habt ihr nicht mehr Frauen gewaelt ? Da können die Parteien aufbauen wie sie wollen : in der Kabine ist der Wähler Koenig. Ihr Gefühl ein Superstar zu sein wird sie sicherlich täuschen. Aber ihre Arbeit wird sie wieder erden. und das wird auch gut sein.Auch wenn sie denken ohne sie wäre Luxemburg verloren. Angeberei war noch nie eine gute Basis. Darum erst mal den Ball flachhalten.

jang_eli
9. November 2018 - 11.06

Een zesumme gewürfelten Wischiwaschi vun der sougenannter Witfraen Steierklass 1a bis bei den Déireschutz, an "de Referendum respektéieren" (waat och emmer domadder gemengt war). Daat ass duer gang fir gewielt ze gin an elo een op Politiker ze machen an sech eng Deputéiertenpai a -Rent ze secheren. Et kann e jo net mat allem daccord sin waat déi 4 grouss Parteien viirschloen oder emsetzen, mee déi hu wéinstens nach e koherenten Programm.