Neue Vorwürfe: Ließen Politiker die Mitarbeiter des CIGR Syrdall für sich arbeiten?

Neue Vorwürfe: Ließen Politiker die Mitarbeiter des CIGR Syrdall für sich arbeiten?
Unter Beschuss: Mitarbeiter erheben schwere Anschuldigungen gegen die Beschäftigungsinitiative CIGR Syrdall Foto: Editpress

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Neue Vorwürfe im Zusammenhang mit der Beschäftigungsinitiative CIGR Syrdall: Offenbar wurden Mitarbeiter eingesetzt, bei Mitgliedern des Verwaltungsrats Bauarbeiten zu leisten – zum ermäßigten Tarif.

Von Roger Infalt

Sexuelle Belästigung, Mobbing, Günstlingswirtschaft – das Tageblatt hat am Dienstag über Anschuldigungen gegen Verantwortliche der Beschäftigungsinitiative CIGR Syrdall (siehe Infobox) berichtet. Jetzt werden neue Vorwürfe laut: Dabei geht es um Arbeiten des CIGR, die allem Anschein nach privat bei Mitgliedern des Verwaltungsrates geleistet wurden.

Das Tageblatt erhielt Einblick in die Rechnungen. Zudem konnte die Redaktion mit einem Mitarbeiter sprechen – und seine schriftliche Aussage einsehen, die zusammen mit der Klageschrift der Gemeinde Contern Anfang Oktober dem Untersuchungsrichter ausgehändigt wurde.

Was ist das CIGR Syrdall?

Das „Centre d’initiative et de gestion régional“ (CIGR) ist ein gemeinnütziger Verein, der 1999 von den fünf Gemeinden Niederanven, Sandweiler, Contern, Junglinster und Schüttringen sowie dem Luxemburger Arbeitsministerium ins Leben gerufen wurde. Seit dem Mai 2013 ist das CIGR unabhängig. Es soll die Lebensqualität von Menschen mit Projekten von allgemeinem Interesse verbessern. Es ist eine Beschäftigungsinitiative, die Arbeitssuchenden eine berufliche Tätigkeit anbieten und deren berufliche und persönliche Entwicklung fördern soll.  

Das CIGR betreibt Internetcafés in Niederanven, Junglinster und Sandweiler, ein Baumfällteam, „Umwelt-Teams“, die die Grünflächen und Gebäude in den Gemeinden pflegen, Forstarbeiten erledigen oder Kleidersammlungen vornehmen, und das „Syrdaller Atelier“, das alten und bedürftigen Menschen helfen soll.

Laut diesen Aussagen führten Beschäftigte des CIGR Syrdall 2012 Maurer- und Betonarbeiten am Haus der Mutter des Verwaltungsratsmitglieds und heutigen CIGR-Präsidenten Mike Hagen (LSAP) durch. Im Vorfeld habe sich der Mitarbeiter über das Ausmaß der geplanten Arbeiten informiert und Mike Hagen darauf aufmerksam gemacht, dass das Arbeitsvolumen weit über das Übliche hinausgehen würde und damit nicht in das Arbeitsschema einer Beschäftigungsinitiative passe.

Großer Druck von oben

Der Druck von oben, dem der Mitarbeiter damals ausgesetzt gewesen sein soll, sei so groß gewesen, dass er die Arbeiten trotzdem durchführen ließ. „Mir wurden die Arbeiten von der Direktion aufgetragen, deshalb musste ich klein beigeben“, sagt der Mann, der anonym bleiben will. Später wurden 87 Arbeitsstunden zum ermäßigten Tarif von je 7,83 Euro (ohne Mehrwertsteuer) verrechnet. Die Rechnungen mit den Nummern 2202, 2383 und 2384 vom 20. August 2012 wurden alle auf den Namen der Mutter von Mike Hagen ausgestellt. Hagen selbst wohnte zu diesem Zeitpunkt an derselben Adresse.

Aufgaben des „Syrdaller Atelier“

Das „Syrdaller Atelier“ ist eine Abteilung des CIGR Syrdall. Das Atelier soll ältere und bedürftige Menschen im Haushalt unterstützen. Dazu gehören laut der Webseite des CIGR beispielsweise „Heckenschneiden, Rasenmähen oder Schneeräumen“.  Der Hauhaltshilfen-Service soll den Menschen bei Alltäglichem wie beim Bügeln, Staubsaugen oder Fensterputzen helfen. Bedürftige sollen maximal vier Stunden pro Wochen auf die Dienste zurückgreifen können.

 

In einem anderen Fall geht es um Arbeiten am Haus von Léon Müller (CSV), der langjähriges CIGR-Verwaltungsratsmitglied und Vertreter der Gemeinde Sandweiler ist. Fotos, die dem Tageblatt vorliegen, zeigen, dass es dabei offenbar um das Anlegen einer Terrasse ging. Wie im ersten Fall habe er den Auftraggeber auf das unübliche Arbeitsvolumen aufmerksam gemacht, geht aus der schriftlichen Aussage des CIGR-Mitarbeiters hervor. Müller habe ihm aber lediglich zu verstehen gegeben, dass er vorher bei Mike Hagen vorgesprochen und dieser ihm die Zustimmung zur Ausführung dieser Arbeiten gegeben habe. So seien auch diese Arbeiten von Beschäftigten des CIGR Syrdall ausgeführt worden. Ganze 105 Stunden seien zum ermäßigten Preis von 7,83 Euro verrechnet worden. Diese Rechnungen wurden am 21. August 2011 und am 31. Dezember 2011 auf den Namen des Auftraggebers ausgestellt.

„Schließlich bin ich Kommunalpolitiker“

Um sage und schreibe 380 Arbeitsstunden geht es im dritten Fall. John Breuskin (CSV) saß damals als Vetreter der Gemeinde Sandweiler im Verwaltungsrat des CIGR Syrdall und bekleidete zudem das Amt des Kassierers. Nach einer Ortsbesichtigung am Haus von Breuskin soll der Mitarbeiter erneut darauf aufmerksam gemacht haben, dass die gewünschten Arbeiten weit über das Übliche hinausgehen würden. „Ich bekam damals unter anderem von Herrn Breuskin zu hören, dass er doch schließlich Kommunalpolitiker sei und demnächst auch wieder das Amt des Bürgermeisters bekleiden würde“, sagt der Tageblatt-Informant. „Ich sei gebeten, seinen Anweisungen Folge zu leisten.“ Breuskin soll ihm zudem versichert haben, dass alles mit Hagen abgeklärt sei. Die 380 Arbeitsstunden zu je 7,83 Euro wurden Breuskin vom CIGR am 15. Dezember 2011, am 26. und 27. April 2012 und am 4. Mai 2012 in Rechnung gestellt.

In seiner schriftlichen Aussage, die dem Untersuchungsrichter vorliegt, spricht der Mitarbeiter zudem über einen Vorfall, der sich 2014 ereignet haben soll. Damals sollen Unregelmäßigkeiten in der Barkasse des CIGR Syrdall festgestellt worden sein. Wie sich später herausgestellt habe, soll eine Angestellte insgesamt 15.000 Euro für private Zwecke unterschlagen haben. Damals sei Hagen sofort informiert worden, doch der Vorfall sei unter den Teppich gekehrt worden, sagt der Tageblatt-Informant. Die Frau habe lediglich einen Teil der Summe zurückzahlen müssen. Mit der Begründung, das CIGR wolle kein Aufsehen in der Öffentlichkeit erregen, sei keine Klage gegen die Angestellte eingereicht worden.

Bis es zu einem Gerichtsurteil kommt, gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

de Bop
1. November 2019 - 12.06

Auffallend und erfreulich, dass diese " Mauscheleien " in letzter Zeit, sich vielleicht nicht unbedingt häufen, vielmehr eher aufgedeckt werden und an die Öffentlichkeit gelangen. Gut, dass die Lügner und Betrüger, besonders aus der Politik, entlarvt und abgestraft werden.

de Ben
1. November 2019 - 9.51

Nur Philosophen sollten in die Politik? Da würde noch viel mehr debattiert, grosse Sprüche geklopft, theoretisiert, gestritten und geschehen würde nichts! Pure geistige Masturbation!

tarzan
31. Oktober 2019 - 15.19

bitte nicht unsere gewerkschaftler vergessen. die mischen immer mit.

Wëllen mir bleiwen wat mir sinn?
31. Oktober 2019 - 14.16

Aus verlässlicher Quelle wurde mir zu vertraut, dass es anderswo nicht besser aussieht. Immer wieder dieselbe Leier: auf Mitarbeiter wird Druck ausgeübt, nichts nach außen zu tragen. So lange keine wirkliche Kontrollen durchgeführt werden oder Mitarbeiter ohne Repressalien aussagen können, sind bei diesen Organisationen viele Arbeitsbedingungen sehr bedenklich.

S.N.
31. Oktober 2019 - 13.48

@Jaques Zeyen. Solange das Volk dem Schein und der Ablenkung einer funktionierenden Demokratie unterliegt wird es sich nicht wehren. Das war und ist schon immer so gewesen, rein subjektiv ist der Weg in die sogenannte "totalitäre Demokratie" ist schon längst geebnet, wenn nicht schon gegeben. Was ich interessanter finden würde ist die Frage wieso die Staatsanwaltschaft da nicht durchgreift und das nahezu ignoriert.

jeff
31. Oktober 2019 - 12.38

Wonnerbaren Kommentar.Ech stemmen Iech 100% zou.Den Politiker ass d'Vollek sch...egal.Dat wat sie interesse'ert,ass hier Scheewecher an d'Drechent ze krei'en,vun allem profite'eren an donieft och nach probe'eren,esouvill wei meijelech Verwandter mat eran ze huelen.Sie gin Politiker fir SECH an net fir d'Vollek!

Jacques Zeyen
31. Oktober 2019 - 10.09

Ob sich die Leute aus purer Selbstaufopferung zur Wahl stellen? Als Diener des Volkes? Vielleicht werden diese Ämter nicht mehr so interessant wenn einmal Kontrollorgane bestünden die ihnen bei ihren Aktivitäten auf die Finger schauten? Unseren Politikern und anderen Führungskräften steht nicht nur ein anständiges Gehalt zur Verfügung und viele Sonderzugaben( menus frais),aber das scheint noch nicht zu langen. " Dem Volke "...und mir. Wenn man davon ausgeht,dass jeder unqualifizierte Jhemp sich zur Wahl stellen kann ( Plato forderte einst,dass nur Philosophen politische Ämter übernehmen sollten),sollte man sich nicht wundern bei solchen Schlagzeilen. Es ist wie bei der Hühnerhackordnung. Geschissen wird nach unten.Wer unten sitzt bekommt am meisten ab.Aber eben nur Scheiße. Was macht das Volk? Es stellt sich an den Straßenrand und winkt mit Fähnchen wenn die Herrschaften Einzug halten und gnädig zurückwinken.

Jangeli
31. Oktober 2019 - 8.42

An der Quelle sass der Knabe. Den Hals nie genug voll kriegen, das sind Politiker,Verwaltungsräte,und viele mehr, Profiteure sondergleichen, pfui.

jeff
31. Oktober 2019 - 7.43

elo kommen emmer mei Affären un d'Liicht.Iwerall Korruptioun,Günstlings- a Vetternwirtschaft.Hoffentlech erwächt d'Vollek elo a geseit wei et left.Och vill vun eisen Politiker stierchen do mat dran a profite'eren gudd.Mais no baussen spillen sie eis eppes fir.