„Festa Bella Ciao“: Escher OGBL-Sektion lässt das „Festa de l’Unità“ unter neuem Titel wieder aufleben

„Festa Bella Ciao“: Escher OGBL-Sektion lässt das „Festa de l’Unità“ unter neuem Titel wieder aufleben

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Mit einer „Festa Bella Ciao“ will die Escher OGBL-Sektion die fast 50 Jahre alte Tradition der „Festa de l’Unità“ weiterführen. Das neue Konzept soll den gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre Rechnung tragen und das Fest soll wieder einen stärkeren politischen Charakter bekommen. Diese Veranstaltung reiht sich ein in eine Strategie, mit der die Sektion neue und jüngere Mitglieder ansprechen will.

Am Wochenende des 21. und 22. September wird die Escher OGBL-Sektion die „Festa Bella Ciao“ auf dem Gelände des „Boulodrome Riganelli“ in der Escher „Hiel“ ausrichten. Sie soll die traditionelle „Festa de l’Unità“ ersetzen, die seit 1971 vom „Partito Comunista Italiano“ (PCI) in Esch ausgerichtet wurde. Anfang der 1990er Jahre hatte der „Partito Democratico“ die Organisation übernommen, doch in den vergangenen Jahren hatte das Fest immer weiter an Attraktivität verloren. Als die Stadt Esch im vergangenen Jahr entschied, den Veranstaltern die bedingungslose Unterstützung zu entziehen, drohte dem Traditionsfest das Aus.

„Bella Ciao ist ein traditionelles Protestlied, das in einer neuen Version mittlerweile fast jedem bekannt ist und viele Menschen ansprechen kann“, begründet der Präsident der 3.500 Mitglieder starken Escher OGBL-Sektion, Nando Pasqualoni, den neuen Namen des Festes. In einem Workshop sollen die Besucher den Text des Liedes lernen können. Zwei Bands sollen am Samstagabend für Stimmung sorgen. Am Sonntagvormittag ist der traditionelle „Apéro-Débat“ mit Vertretern politischer Parteien zum Thema Generationenkonflikt geplant. Danach sollen die Big Band des OGBL, die Majoretten und eine Zumba-Gruppe auftreten. An Ständen wird Schmuck aus mehreren afrikanischen Ländern verkauft.

Multikulturelles, multikultureller Vorstand

„Wir wollen nicht, dass es ein Fest einer einzigen kulturellen Gemeinschaft wird. Jeder soll sich willkommen fühlen, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft“, sagt Nando Pasqualoni.
Die „Festa Bella Ciao“ reiht sich ein in eine Strategie der Öffnung, mit der der Sektionsvorstand neue Mitglieder ansprechen will. Im Rahmen des Statutenkongresses hat der OGBL 2016 die Sektionen reformiert. Vor diesem Hintergrund habe die Escher Sektion versucht, neuen gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen, erklärt Pasqualoni.

Heute seien 54 Prozent der Mitglieder der Escher Sektion Nicht-Luxemburger. Diese kulturelle Vielfalt spiegele sich teilweise auch im Vorstand wider, wo sich Mitglieder aus Guinea-Bissau, Polen oder Albanien engagieren. In den vergangenen Jahren habe man versucht, diese Menschen unterschiedlicher Herkunft in die Sektionsarbeit einzubeziehen. Ein weiteres Merkmal sei die hohe Präsenz von Frauen im Vorstand, die über ein Drittel der Mitglieder stellen.

Für junge Menschen relevant machen 

In Zukunft will die Sektion auch vermehrt junge Menschen ansprechen. Mit dem 30-jährigen Emanuel Kamura zählt der Vorstand bislang nur ein Mitglied unter 40 Jahren. Erfreulich sei aber, dass von den 18 Vorstandsmitgliedern noch acht im Berufsleben aktiv seien, was für eine Lokalsektion eher ungewöhnlich sei, sagt Nando Pasqualoni.

„Die Zeiten, in denen sich Dutzende junge Menschen quasi wie selbstverständlich in der Gewerkschaft engagiert haben, sind vorbei. Deshalb müssen wir neue Wege finden, um die jungen Leute anzusprechen“, sagt der Präsident. Sektionssekretärin Nicole Sowa sieht das Problem zudem darin, dass Angestellte, die sich bereits in den Personaldelegationen der Betriebe engagieren, häufig nicht auch noch in einer Sektion aktiv sein wollen. Das „verknöcherte“ Image der Sektionen trage nicht dazu bei, junge Menschen anzuziehen, so Sowa. Auch wenn mit der Reform von 2016 schon einiges besser geworden sei.

Gemeinsam gegen rechts

Um neue Mitglieder zu gewinnen, will der Escher OGBL Pflichtterminen wie der Gedenkfeier an die Opfer des Generalstreiks von 1942 am 31. August wieder einen aktuellen Bezug verleihen. „Wir wollen nicht mehr nur gedenken, sondern gemeinsam gegen rechts aufstehen“, sagt Nando Pasqualoni. Zusammen mit der Gewerkschaftsjugend und den Jungsozialisten will der Escher OGBL Akzente gegen Rechtspopulisten und Nationalisten setzen. „Das Gedenken an den Generalstreik soll wieder ein Akt der Resistenz werden“, betont Nicole Sowa. Nach der offiziellen Zeremonie am „Monument aux morts“ vor dem Resistenzmuseum soll ein Umzug durch die Alzettestraße bis in das Café Streik führen. Ein erster zaghafter Versuch, die Gedenkfeier etwas zu entstauben, sagt Nando Pasqualoni.

Ein weiteres Problem sei, dass viele der neuen Mitglieder, beispielsweise aus Drittstaaten, mit der Resistenz im Zweiten Weltkrieg nicht das Gleiche verbinden wie Luxemburger oder andere Europäer, sagt Nicole Sowa. Viele von ihnen hätten in ihren Herkunftsländern aber Dinge erlebt, die mit den Gräueln der Nazis vergleichbar seien. Deshalb seien gegenseitiger Austausch und Information wichtige Schritte, um zueinanderzufinden.

Solidarisch engagiert

Schon im letzten Jahr hat die Escher OGBL-Sektion verstärkt auf Veranstaltungen im Bereich der Kultur und des Zusammenseins gesetzt, erklärt Nicole Sowa. Dazu gehörten Konzerte der Coal Street Minors und des Straßenmusikers Dany des Rues im Café Streik, die Aufführung des Theaterstücks „De roude Fuedem“ in der „Maison du peuple“, ein Schachturnier mit Weltmeisterin Elvira Berend und ein Liederabend, bei dem Protest- und Revolutionslieder gesungen wurden. Neben diesen Freizeitangeboten zeigte sich die Escher Sektion solidarisch mit den Aktionen der Zentralsyndikate. So waren Mitglieder aus Esch beim Streik im Pflegesektor, bei der Demo der Bauarbeiter und bei der Protestaktion des Syndikats Handel gegen die Flexibilisierung der Arbeitszeiten vor der Escher Filiale des Supermarkts Carrefour an Weihnachten dabei.

In die neue Ausrichtung der Sektion passt auch das Engagement für bessere Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern. Zwei Versammlungen hat die Sektion organisiert. Insbesondere die zweite war mit 30 Teilnehmern gut besucht. Dieses Engagement trägt nun erste Früchte. Seit vergangenem Monat veranstaltet Julie Roden, stellvertretende Zentralsekretärin des OGBL-Syndikats Dienstleistungen und Energie, monatlich einen „Salon de l’intérim“. Dabei handelt es sich um eine Art Sprechstunde, bei der Leiharbeiter Auskunft und Beratung erhalten.