Das kann Fernsehen

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Am 18. Januar vor 50 Jahren startete die ARD das Politmagazin „Kontraste“. Es hatte enorme Wirkung in der isolierten DDR und zeigte die wahren Verhältnisse.

Am 18. Januar vor 50 Jahren startete die ARD das Politmagazin „Kontraste“. Es trickste die Stasi aus und hat die Wiedervereinigung Deutschlands mit vorbereitet. Es hatte enorme Wirkung in der isolierten DDR und zeigt die wahren Verhältnisse.

Von unserem Korrespondenten Roland Mischke

Robert Havemann und seine Frau Katja, die einen besseren als den SED-Sozialismus wollten. Die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, die mutigen Pfarrer Friedrich Schorlemmer und Rainer Eppelmann. Der Schriftsteller Jürgen Fuchs, der Liedersänger Wolf Biermann. Die Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ in den 80er Jahren in der DDR, der sich Tausende junge Leute anschlossen. Warum kennen wir das alles? Weil das Fernsehen seinerzeit darüber berichtete, vor allem das Politmagazin „Kontraste“.

Am 18. Januar 1968 wurde die Sendung zum ersten Mal im Ersten ausgestrahlt. Damals noch als „Ein Ost-West-Magazin“ vom SFB (heute RBB), seither im Wechsel mit „Monitor“ und „Panorama“ immer donnerstags um 21.45 Uhr mit enormer Wirkung in das isolierte kleine Land und aufklärend im Westen über die Verhältnisse in der DDR.

Rund um die Uhr überwacht

Der Schwerpunkt waren die deutsch-deutschen Beziehungen. Viele der in Ost-Berlin, der Hauptstadt der DDR, akkreditierten Westjournalisten haben für das Magazin gearbeitet. Manche verloren dadurch bei der SED jegliche Anerkennung, wurden von der Stasi teilweise rund um die Uhr überwacht. Auch Diplomaten halfen. Sie konnten unkontrolliert die Grenzen überquerten, neben Informationen brachten sie auch Kameras und Mikrofone in die DDR, so dass heimliche Aufnahmen gemacht werden konnten. Über das chemieverseuchte Bitterfeld, die umweltvergiftenden Mülldeponien und die Montagsdemonstrationen in Leipzig. Die Kassetten wurden dann aus dem Land herausgeschmuggelt.

Was gesendet wurde, war für den SED-Staat eine Schande, vor allem wegen der Dokumentation permanent gebrochener Menschenrechte. Für die Partei war „Kontraste“ das erklärte „Feindobjekt“, die Stasi nannte es „Schwemme“. Und Karl-Eduard von Schnitzler, einer der wichtigsten Kommentatoren des DDR-Fernsehens, tobte im „Schwarzen Kanal“.

Matthias Walden war der Kopf

Die Macher hatten das geahnt. Das Ziel der Sendung hieß: „die medienspezifische Umsetzung des Gedankens der deutschen Einheit“. Unterstützen sollte es den bei DDR-Bürgern immer mehr ausgeprägten „Wunsch nach bürgerlicher Demokratie und Pluralismus“. Es war aber für Ostdeutsche viel mehr: Kontakte, an die sie sonst nie gekommen wären. Als die Sendung 1968 startete, kam es bald darauf in der Tschechoslowakei zum „Prager Frühling“, der von Truppen des Warschauer Pakts beendet wurde. „Kontraste“ berichtet, danach schwärmten Heerscharen von Stasi-Leuten aus und investigativen Journalisten wurde der Grenzübertritt verweigert.

Die Idee für das politische Magazin wurde 1967 in der Lüneburger Heide besprochen. Hier war es unwahrscheinlich, von der Stasi abgehört zu werden. SFB-Chefkommentator Matthias Walden, gebürtiger Dresdner, 1950 aus der DDR geflüchtet, hatte Kollegen um sich gesammelt. Weil es um klare Unterschiede und Gegensätze gehen sollte, kam das Team auf den Namen „Kontraste“. Die politische Entwicklung – Willy Brandt, Egon Bahr, Deutschland- und Ostpolitik als „Wandel durch Annäherung“ – flankierte die Sendung.

Journalisten schikaniert

Leicht war es nie. Man wollte kritische DDR-Bürger nicht in Gefahr bringen, aber die drängte es vor die Kamera. Stephan Krawczyk und Freya Klier wurden aus dem Land verbannt, die Stasi-Offiziere schickten ganze Diensteinheiten, wenn gedreht wurde. Mitarbeiter Peter Wensierski wurden Besuche in Ost-Berlin gestrichen, andere Journalisten hingen stundenlang am Grenzübergang fest. Bürgerrechtler und Gesprächspartner Roland Jahn in Jena wurde festgenommen und verurteilt wegen „Herabsetzung staatlicher Ordnung“. Aber der ostdeutsche Staat erodierte, im November 1989 brach er zusammen. „Kontraste“ war daran beteiligt.