StaatsschuldenZinswende: Bundesanleihen erstmals seit 2019 wieder im positiven Bereich

Staatsschulden / Zinswende: Bundesanleihen erstmals seit 2019 wieder im positiven Bereich
Die Rendite für zehnjährige deutsche Staatsanleihen ist erstmals seit Mai 2019 wieder in den positiven Bereich geklettert. Es ist der Beginn einer Rückkehr zur Normalität.  Foto: AFP/Spencer Platt

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Die Zeit der Minuszinsen geht vorbei: Anleger bekommen nach langer Pause wieder Geld für ihre Kredite an den deutschen Staat. Erstmals seit Anfang Mai 2019 stieg die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen Bundesanleihe am Mittwoch wieder über null Prozent. Da Investoren aus Furcht vor einer raschen Abfolge von Zinserhöhungen der großen Notenbanken Staatsanleihen aus ihren Depots warfen, stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bis auf plus 0,025 Prozent.

Der Ausverkauf bei Staatsanleihen hatte sich in den vergangenen Wochen intensiviert, was die Zinsen fast überall auf der Welt in die Höhe trieb. Seit Anfang Dezember stieg die Rendite an den Bondmärkten der Eurozone um rund 30 Basispunkte (0,3 Prozent). Denn Anleger setzen darauf, dass die US-Notenbank die Zinsen angesichts der galoppierenden Inflation bereits im März erhöhen könnte und damit früher als ursprünglich an den Finanzmärkten erwartet. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries zog entsprechend auf plus 1,892 Prozent an. „Es wird auch gemunkelt, dass die erste Zinserhöhung nicht nur im März erfolgen könnte, sondern dass es sich dabei um 50 Basispunkte und damit um die größte Erhöhung seit mehr als 20 Jahren handeln wird“, sagte Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda.

Auch in Großbritannien werden weitere Zinserhöhungen angesichts einer stärker als erwartet ausgefallenen Teuerungsrate im Dezember wahrscheinlicher. Damit werde es auch für die Europäische Zentralbank (EZB) schwieriger, an ihrer Nullzinspolitik festzuhalten, warnte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Dennoch zeige sich die EZB im Vergleich zur US-Notenbank erheblich defensiver hinsichtlich einer Leitzinswende, sagte LBBW-Ökonom Elmar Völker. „Solange die Euro-Währungshüter an dieser Grundhaltung festhalten, dürften die Bundrenditen ihren US-Pendants nur mit gebremstem Schaum folgen.“ Die Bundrendite sollte deswegen nicht allzu tief in das positive Terrain vordringen.

Die Rendite der wichtigsten deutschen Staatsanleihen war erstmals im Juni 2016 ins Minus gerutscht. Grund hierfür waren unter anderem die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Nachgang der europäischen Schuldenkrise. Weil sie dank ihrer Top-Bonität als besonders sicher gelten, waren viele Investoren lange bereit, sogar negative Renditen zu akzeptieren, zahlten also drauf. Das dürfte sich nun Schritt für Schritt ändern – kurz laufende Papiere sind seit längerem im negativen Bereich, die 30-jährigen aber schon seit Ende Dezember wieder über null Prozent.

Zinsausgaben für Staat werden steigen

Die erstmals seit 2019 wieder positive Rendite bei zehnjährigen Bundesanleihen erhöht den Druck auf Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP). Je höher die Bond-Renditen, desto teurer wird die Finanzierung von Haushaltsdefiziten. Größere Auswirkungen für den Haushalt in diesem Jahr werden zwar  nicht befürchtet. Sinkende Zinsausgaben sorgten in den vergangenen Jahren aber immer wieder dafür, dass der Bund Puffer aufbauen konnte. Dies dürfte nun wegfallen, wie der FDP-Haushälter Otto Fricke am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Die Spielräume für die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP werden also enger.

Grundsätzlich begrüßt Gerit Vogt, Volkswirt des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), die Normalisierung des Zinsumfelds. „Dies trägt dazu bei, die allgemeinen Risiken für die Finanzmarktstabilität etwa mit Blick auf die Immobilienmärkte zu vermindern.“ 

Aus Sicht des Bankenverbandes BdB war der Anstieg der Kapitalmarktzinsen nach der angekündigten Zinswende in den USA und dem Inflationsschub im Euroraum zu erwarten. „Wir halten es allerdings für erforderlich, dass nun auch die Geldpolitik im Euroraum einen Fahrplan zur ‚Normalisierung‘ der Leitzinsen aufstellt“, sagte eine BdB-Sprecherin. (Reuters)

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