Unstimmigkeiten bei Siemens

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Bei Siemens soll es im Aufsichtsrat Unstimmigkeiten über das Verhalten des Münchner Konzerns gegenüber der französischen Alstom-Gruppe geben. Das meldet das Internet Portal Spiegel online vorab zu einem Bericht in der am Montag erscheinenden Print Spiegel Ausgabe.

Aufsichtsräte der Siemens AG sollen sich intern davon distanzieren, dass der Münchner Konzern sich um den Kauf der Energiesparte der französischen Alstom Gruppe bewirbt, meldet „Spiegel.de“. Ende April hatte der Aufsichtsrat noch einstimmig eine Bewerbung der Siemens AG befürwortet. Nachdem zwischenzeitlich der Vorstandsvorsitzende der Alstom SA einen Beschwerdebrief an Siemens über „beleidigende“ Äußerungen von Siemens-Mitarbeitern geschrieben hatte, nachdem auch in Frankreich durch Minister Montebourg davon die Rede war, dass Alstom die Eisenbahntechnik von Siemens übernehmen werde und daraus einen französischen Konzern bilden werde, der marktbeherrschend in Europa sein soll, ändern sich die Meinungen im Aufsichtsrat. Vereinzelt, schreibt der Spiegel, wünsche man sich im Aufsichtsrat, dass der Konkurrent General Electric zum Erfolg komme. Das deutsche Nachrichtenmagazin zitiert ein nicht genanntes Aufsichtsratsmitglied: „Für uns geht die Welt nicht unter, wenn wir den Zuschlag nicht bekommen. Davon hängt die Zukunft von Siemens nicht ab.“

Der Verwaltungsrat des französischen Alstom Konzerns hatte dem Plan des Vorstandes, sich von der Energiesparte zu trennen und sie an den US-Mischkonzern General Electric abzugeben, einstimmig zugestimmt. Der Münchner Siemens Konzern hatte sich auf Drängen der französischen Regierung bereit erklärt, ein Konkurrenzangebot abzugeben. Siemens würde sich bei der Übernahme der Energiespate, die hauptsächlich Generatoren herstellt, von der eigenen Verkehrssparte trennen und sie an Alstom übergeben. Siemes stellt in der Verkehrssparte ICE-Züge, Regionalzüge, Lokomotiven und auch Straßenbahnen her. Siemens ist in der Europa neben Bombardier der schärfste Konkurrent in der Verkehrssparte.

Unmut bei den Gewerkschaftsvertretern

Im Aufsichtsrat von Siemens, macht sich laut Spiegel Unmut vor allem bei den Gewerkschaftsvertretern bemerkbar. Der Finanzchef der mächtigen Industriegewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, fordert, dass Siemens bei dem angedachten deutsch-französischen Gemeinschaftsunternehmen der Verkehrstechnik einen „entscheidenden“ Einfluss behält, heißt es in Spiegel Online. Siemens produziere auch Antriebe und Automatisierungssysteme für Schienenfahrzeuge. Über einen entscheidenden Einfluss soll verhindert werden, dass Alstom solche Systeme von Siemens Konkurrenten kauft.

Der Kauf der Energiesparte von Alstom bringt General Electric mehr Vorteile als Siemens. General Electric ist auf Gasturbinen, Alstom auf Dampfturbinen. Bei Alstom und Siemens gibt es hingegen eine Überschneidung der Produktpalette. Die Bitte der französischen Regierung an Siemens, ein Gegenangebot zu General Electric abzugeben, kommt überraschend. Siemens mit 7.000 Beschäftigten in Frankreich ist von der Regierung in Paris in der Vergangenheit nicht gut behandelt worden. Staatspräsident Sarkozy drängte die Münchner aus dem Nuklear-Unternehmen Areva hinaus. Bei der Bewerbung um den Bau eines Offshore-Windparks kam Siemens nicht um Zuge, weil Frankreich von ihnen verlangte, eine Fabrik zum Bau der Windräder in Frankreich zu errichten. Siemens hingegen verwies darauf, dass der Service für die Anlagen mehr und nachhaltigere Arbeitsplätze schaffe als der Bau der Anlagen.

Schwierige Lage

Alstom befand sich in einer schwierigen Situation in den Jahren 2003 und 2004 und stand vor dem Konkurs. Der damalige Finanzminister Sarkozy beteiligte den Staat an dem Unternehmen mit Vorzugsaktien, welche die Regierung später mit deutlichem Gewinn wieder verkaufte. Wirklich erholt hatte sich Alstom allerdings. Das Eigenkapital ist zu knapp, die flüssigen Mittel sind zu knapp, das Unternehmen ist nicht tief genug auf den Weltmärkten vertreten. Partner von Alstom seit langen Jahren ist der US-Konzern General Electric.

Die Trennung von der Energiesparte ist kein ungefährliches Unternehmen für Alstom. Die Sparte macht 73 Prozent des Umsatzes aus. In der Verkehrssparte hingegen ist Alstom abhängig von Bestellungen der Regierungen. Und mit italienischen oder deutschen Produkten hätte ein Alstom-Konzern, der nur noch aus der Verkehrssparte bestünde, mächtige Konkurrenten, auch wenn er sich mit den 12 Milliarden, die General Electric bietet, völlig entschulden könnte.

Alstom beschäftigt in Frankreich 19.000 Mitarbeiter, General Electric 11.000 und Siemens 7.000. Sowohl General Electric als auch Siemens sollen eine Arbeitsplatzgarantie über drei Jahre geben. Siemens will am Mittwoch eine Zukunftsperspektive und zukünftige Struktur des Unternehmens verkünden.