Karstadt ist gerettet

Karstadt ist gerettet

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der insolvente Warenhauskonzern Karstadt ist nun auch offiziell gerettet. Das Amtsgericht Essen bestätigte am Freitag den Insolvenzplan für das Unternehmen. Damit behalten auch die 153 Beschäftigten in der Filiale in Trier ihren Job.

 Laut einem Gerichtssprecher sind damit alle Voraussetzungen für die Annahme des Insolvenzplanes gegeben.

Damit kann Karstadt nun das Insolvenzverfahren abschließen und schuldenfrei weitergeführt werden.

Das Schreckensszenario einer Zerschlagung ist nun vom Tisch – Konkurrent Metro muss die Hoffnung auf die Übernahme von Karstadt-Warenhäusern begraben.

Chronik eine Achterbahnfahrt zwischen Hoffen und Bangen: 

Ab 2005:

Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff übernimmt das Ruder bei Karstadt und krempelt den angeschlagenen Handelskonzern um. Die Warenhäuser werden in zwei Schritten an Highstreet verkauft, ein Konsortium um Goldman Sachs und die Deutsche Bank. Karstadt mietet die Häuser zurück. 

1. März 2009: Middelhoff übergibt sein Amt nach einem Jahresverlust von 746 Millionen Euro an den Finanzvorstand der Deutschen Telekom, Karl-Gerhard Eick. 

April 2009: Eick stellt die drei Karstadt-Luxushäuser in Berlin, München und Hamburg sowie weitere Filialen zur Disposition. Das soll 900 Millionen Euro kosten. Bis 12. Juni braucht Arcandor weitere 650 Millionen Euro. 

13. Mai 2009: Karstadt-Konkurrent Metro bringt die Idee einer Deutschen Warenhaus AG mit Karstadt ins Spiel.

9. Juni 2009: Arcandor stellt nach vergeblichen Bemühungen um Bürgschaften und Kredite des Bundes sowie Zugeständnisse des Hauptaktionärs Sal. Oppenheim und der Vermieter Insolvenzantrag. 

12. August 2009: Eick gibt die Hoffnung auf einen Investor für den gesamten Konzern auf. Metro zeigt Interesse an etwa der Hälfte der Karstadt-Häusern, aber Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg will Karstadt als Ganzes erhalten und sanieren. 

1. September 2009: Das Amtsgericht Essen eröffnet die Insolvenzverfahren über rund 40 Arcandor-Gesellschaften. 

19. Oktober 2009: Die Karstadt-Schwester Quelle wird nach 82 Jahren geschlossen. Ein Verkauf scheitert, weil die Banken die Vorfinanzierung der Ratenzahlungen verweigern. 

28. Oktober 2009: Die Privatbank Sal. Oppenheim muss von der Deutschen Bank aufgefangen werden, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Privatbank von Arcandor. 

1. Dezember 2009: Görg schließt 13 Karstadt-Filialen, 120 bleiben nach Zugeständnissen von Belegschaft und Vermietern erhalten. Er hofft auf einen Verkauf im Frühjahr.

11. Februar 2010: Görg zählt sechs Interessenten, der Zuschlag soll Ende April erfolgen. Metro bietet nicht mit. Investmentbanker arbeiten im Hintergrund dennoch an einem Kauf von Karstadt und der Metro-Tochter Kaufhof durch Investoren. 

30. März 2010: Metro-Chef Eckhard Cordes signalisiert die Bereitschaft zu einem Verkauf von Kaufhof in diesem Jahr. 

21. April 2010: Das Vermieter-Konsortium Highstreet will Karstadt übernehmen, wenn sich kein anderer Bieter findet. 

23. April 2010: Der Finanzinvestor Triton gibt als einziger Bieter fristgerecht ein Angebot für Karstadt ab. Er stellt aber 4000 der 25.000 Arbeitsplätze zur Disposition und fordert Zugeständnisse von der Belegschaft und den Vermietern. 

21. Mai 2010: Der Milliardär Nicolas Berggruen legt ein Angebot für Karstadt vor. Er will die Mitarbeiter verschonen, verlangt aber deutlichere Mietsenkungen. 
28. Mai 2010: Görg liegen drei Geboten vor: von Triton, Berggruen und Highstreet. Hinter letzterem stehen Goldman Sachs und der italienische Kaufhausbetreiber Maurizio Borletti. Die neue Frist für den Abschluss des Kaufvertrags ist der 9. Juni. 

7. Juni 2010: Berggruen erhält den Zuschlag für Karstadt – wenn er sich mit den Vermietern einigen kann. Die Verhandlungen laufen zäh. Highstreet hofft weiter, selbst zum Zug zu kommen. 

10. Juni 2010: Das Amtsgericht verschiebt die Entscheidung über den Verkauf auf den 16. Juli. 

13. Juli 2010: Die Valovis Bank drängt auf eine Ablösung ihres 850-Millionen-Kredits an Highstreet, weil sie die Risiken nach einer Übernahme durch Berggruen nicht tragen will. 

16. Juli 2010: Das Amtsgericht Essen verschiebt seine Entscheidung auf 30. Juli. 

25. Juli 2010: Goldman Sachs erklärt, Highstreet habe bei Berggruen eingelenkt und den Weg für einen Verkauf frei gemacht. Zuvor waren Kreisen zufolge Verhandlungen mit der spanischen Kette „El Corte Ingles“ geplatzt. 

28. Juli 2010: Das Gericht in Essen vertagt sich auf den 10. August. Berggruen hat bis 8. August Zeit für eine Einigung. 

1. August 2010: Kaufhaus-Unternehmer Borletti legt ein Angebot für Karstadt vor und stellt eine schnelle Einigung mit Vermietern und Gläubigern in Aussicht. Görg lehnt ab. 

10. August 2010: Berggruen bekommt eine letzte Frist bis 2. September. Highstreet drängt seine Gläubiger, notfalls auch einer Übernahme durch Borletti zuzustimmen. 

26. August 2010: Berggruen einigt sich mit Valovis. 

28. August 2010: Die Deutsche Bank bezeichnet den Verkauf an Berggruen als sicherste Lösung für Karstadt. Das letzte Wort hätten aber die verschiedenen Gläubigergruppen. 

2. September 2010: Die Highstreet-Anleihegläubiger nicken die Mietsenkungen einstimmig ab. Die Mezzanine-Kapitalgeber von Highstreet feilschen aber bis zur letzten Minute weiter. 

3. September 2010: Mit zwölf Stunden Verspätung liegen alle nötigen Unterschriften zur Rettung von Karstadt vor. Das Amtsgericht bestätigt den Insolvenzplan und damit den Verkauf an Berggruen.

(Reuters/apn)