Glamour und Kommerz

Glamour und Kommerz
(Arthur Mola)

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Das wichtigste Filmfestival der Welt ist nicht nur die Show der internationalen Stars und des Kinos. Es ist zugleich der Laufsteg für große Konzerne, ohne die das Festival nicht existieren würde.

Eine gigantische Plane schmückt das Festivalpalais des internationalen Films in Cannes, das am Sonntag mit der Verleihung seiner Palmen zu Ende geht. Unübersehbar prangt das Logo von „HP“ auf der Plane. Es ist ein Zeichen dafür, dass der Film in Cannes ein Aushängeschild ist, das genutzt wird zur Selbstdarstellung der internationalen Konzerne.

L´Oréal ist mit seinen Werbe-Ikonen vertreten, die die mythischen Treppen des Palais hinaufschreiten. Das Hinaufschreiten entlang der unendlichen Reihen von Fotografen, das Posieren an genau beschriebener Stelle gehört zu den Riten des Festivals. Zu ihm gehören mittlerweile auch die Marken. Der Telekom Konzern Orange, Nespresso, oder Magnum dürfen sich die Medienshow nicht entgehen lassen.

Der Automobilkonzern Renault hat dem Festival 200 Autos zur Verfügung gestellt, damit Stars und Sternchen, die Mitglieder der Jury und wer auch immer, sich nicht in Taxen quetschen müssen, um zum roten Teppich zu fahren. Renault nutzt das Festival zur glanzvollen Vorstellung seiner Modellpalette. Dazu passt, dass Renault während der zwölf Tage des Festivals in allen französischen Fernsehkanälen mit Kevin Spacey am Steuer des neuen Espace für Renault und für sich und seine Rolle in „House of Cards“ werben darf.

Das Geschäft mit dem Bild

Cannes ist das Zurschaustellen an sich und die Kulisse für die große Masse. Die täglich mehrfache Berichterstattung in den französischen Medien, die sich zu Stunden addiert, gehört dazu und bringt die Show unter die Leute. Der Bezahlsender canal + hat 116 Mitarbeiter in Cannes und berichtet 440 Stunden über das Festival. Er soll sich den Aufwand etwa sechs Millionen Euro kosten lassen.

Canal+ hat die Exclusivität der Berichterstattung zur Eröffnungsveranstaltung, der Schlussveranstaltung und der „Zeremonie des roten Teppichs“. Der Vertrag läuft in diesem Jahr aus. Konkurrenz deutet sich an. Die staatlichen Fernsehveranstalter „France Television mit France2, France 3, France4, France5, France Info Fernsehen, Beteiligung an Arte, lassen Interesse erkennen.

Das weltweit unumgehbare Filmfestival ist der Erfolg eines kleinen, gerade 20 Mitarbeiter umfassenden Unternehmens, übersetzt „Französischer Verein des internationalen Filmfestvals“, das in normalen Zeiten in Paris sitzt und sein Zelt nur für die Festvas in Cannes aufschlägt. Es ist ein krisensicheres Unternehmen mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro. Die Hälfte davon stammt aus öffentlichen Mitteln.

Verträge über drei Jahre

Das Kulturministerium finanziert, das Außenministerium, zuständig auch für Tourismus, beteiligt sich und natürlich die Stadt Cannes. Zehn Millionen Euro steuern die Sponsoren bei: Die wichtigsten davon sind auch die treuesten. Renault unterstützt das Festival seit 34 Jahren, Nestlé seit 27 Jahren, L´Oréal und der Luxus Juwelier Chopard seit 20 Jahren. Das finanzielle Minimum, um Partner des Festivals zu werden, liegt bei 100.000 Euro, es soll im Maximum bei zwei Millionen liegen.

Die Verträge laufen jeweils über drei Jahre. In diesem Jahr ist der Luxuskonzern Kering mit seinen Marken Saint Laurent, Gucci, Balenciaga, oder auch Stella McCartney als neuer Sponsor aufgetreten. Kering soll sich den Zugang zu den Sponsoren mit einem Scheck über eine Million Euro erkauft haben, heißt es in unbestätigten Gerüchten.

Der Sponsorenscheck alleine tut es nicht. Die Präsenz in Cannes erfordert Planung über mehrere Jahre im Voraus und stellt an die Sponsoren hohe logistische Anforderungen. Hotelkapazitäten müssen gesichert werden. Flüge und Eisnebahntickets gekauft werden, eine feste Präsenz entweder mit einem Zelt am Strand oder in einem Hotel muss gesichert werden, Restaurants gebucht und – mit Renault – die Fahrten für die Aushängeschilder des Konzerns gebucht werden.

Kommerz im Hintergrund

Die Sponsoren dürfen mit der Palme werben und sie dürfen damit werben, Sponsor des Festivals zu sein. Allerdings unter einer Bedingung: Die Sponsoren müssen das herausstellen, was der Charakter des Festivals ist: Glamour und Luxus.

Damit sind die Kosten noch nicht erschöpft. Der Informatik Konzern HP lädt 200 Kunden dazu ein, über den roten Teppich zu schreiten und einen Film anzuschauen. Hinzu kommen dann Buffet, Empfang , exclusive Gespräche. Gut 500 Quadratmeter hat der Informatik Konzern in einem Hotel für Seminare und Vorträge angemietet.

Den Pressesaal rüstet HP mit seinen Druckern aus. Denn was nach vorne hin Glamour und Luxus ist, stellt sich im Hintergrund eben doch als Geschäft und Kontaktpflege heraus. Zusätzlich veranstaltete HP am 21. Mai ein caritatives Dinner mit der Fondation Mandela. L´Oréal tritt in Cannes mit 28 Schauspielerinnen und Manneqins auf. Renault kommt mit großen Namen wie Juliette Binoche, die, so ein Sprecher, regelmäßig die Wagen des Konzerns benutzt.

Auch Kritik

Kering, die Gruppe des bretonischen Industriellen Jean Francois Pinault, der mit der Schauspielerin Selma Hayek verheiratet ist, ist seit Jahren im Kino engagiert. Kering stellt sich nicht als der Modeschöpfer dar, der die Stars ausrüstet. Der Konzern tritt mit Seminaren und Vorträgen auf rund um das Thema „Die Frau in der Kino-Industrie“. Isabelle Huppert wird in diesem Jahr den Kering-Preis „Frauen in Bewegung“ (Women in Motion), erhalten.

Seit die Konzerne sich engagieren, hat das Festival seinen Glamour und seine Luxus-Veranstaltung erhalten. Das findet nicht überall Anklang. Puristen, die der wahren Kino-Veranstaltung der Vergangenheit nachtrauern, beklagen den Verlust der Seele des Festivals. Die Veranstalter selber beklagen, dass sich plötzlich Firmen zeigen, die nicht Sponsoren sind, die aber damit werben, dass sie diesen oder jenen weiblichen Star mit Kleidern versorgt haben. Andere Firmen tauchen rund um das Festival herum mit Boutiquen auf, die danach wieder abgebaut werden.

Cannes, die Glamoureuse, hat sich kommerzialisiert. Das findet nicht jeder gut, weil die Gefahr besteht, dass die Exclusivität Schaden erleidet und das Festival seine Mondänität verliert.