EZB: Langsam Refinanzierungen herunterfahren

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Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte bei der am Mittwoch und Donnerstag stattfindenden Sitzung beschließen, den im Mai unterbrochenen Ausstieg aus den Maßnahmen zur erhöhten Kreditversorgung der Geschäftsbanken wieder aufzunehmen.

Beobachter rechnen damit, dass die EZB ab Januar Zentralbankgeld für drei Monate nur noch im Zinstenderverfahren versteigern wird. Ein sogenanntes Zinstenderverfahren ist ein Geldinstrument, mit dem die Zentralbanken eine zu emittierenden Geldmenge benennt und einen Mindestbietersatz festlegt. Die Geschäftsbanken können danach ihre Gebote abgeben. Schließlich entscheidet die Zentralbank welchen Banken sie Geld zu welchen Konditionen leiht.

Dass mit Irland gerade ein weiteres Land Hilfen aus dem Finanzstabilisierungsfonds (EFSF) beantragt hat, dürfte in den Überlegungen des Rats ebenso wenig eine bestimmende Rolle spielen wie die zuletzt verstärkte Nutzung der EZB-Spitzenrefinanzierungsfazilität durch Banken oder steigende Geldmarktsätze. Zinserhöhungen dagegen sind in weiter Ferne.

Experten gehen recht geschlossen davon aus, dass die EZB ab Januar nur noch ihre einwöchigen Refinanzierungsgeschäfte und die Geschäfte mit der Laufzeit einer Mindestreserveperiode voll zum Mindestbietungssatz von 1,00% zuteilen wird. Wahrscheinliche Folge wird sein, dass die Zuteilungssätze deutlich oberhalb von 1,00% liegen werden. Gebote werden dort voraussichtlich nur jene Banken abgeben, die nicht in der Lage sind, sich anderweitig zu refinanzieren. Die Nutzung des Dreimonatstenders könnte somit zu einer Messgröße für den Liquiditätsbedarf der „Problembanken“ des Euroraums werden.

Weiterhin hoher Refinanzierungsbedarf

Derzeit scheint der Finanzbedarf dieser Institute recht hoch zu sein, wie die seit Tagen erhöhte Inanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität (Zinssatz: 1,75%) zeigt. Allerdings ist davon auszugehen, dass die EZB versuchen wird, einen schonenden Übergang zu bewerkstelligen, indem sie die Zuteilung bei diesen Geschäften reichlich bemisst. Im Frühjahr hatte sie in der gleichen Situation zugesagt, im Vorfeld der Auktionen Volumenindikationen zu geben, um die Marktteilnehmer auf die zu erwartende Situation einzustimmen.

Grundsätzlich scheinen die Voraussetzung für eine weitere Normalisierung der EZB-Politik trotz – oder gerade wegen – der Situation in Irland günstiger als noch im Frühjahr. Allein die Existenz des EFSF bedeutet, dass sich die EZB bei ihren Planungen stärker von geldpolitischen Erwägungen leiten lassen kann, weil sie nicht mehr auf Banken Rücksicht nehmen muss, deren Geschäftsmodell nicht mehr valide ist. Insofern wäre eine mögliche Inanspruchnahme des sogenannten Schutzschirm durch weitere Länder zumindest aus EZB-Sicht kein Beinbruch.

EZB will Refinanzierung langsam auslaufen

Wie könnte sich der Ausstieg der erhöhten Liquiditätsversorgung weiter vollziehen? Beobachter erwarten, dass die EZB die Reaktion der Geldmärkte auf den fortgesetzten Exit aufmerksam beobachten wird. Zu erwarten ist ein weiterer Anstieg der Geldmarktsätze in Richtung des Leitzinses. Die EZB kann diesen Anstieg, wenn er moderat verläuft, so lange als selbst gewähltes Los der Banken hinstellen, wie sie bei anderen Refinanzierungsgeschäften die Vollzuteilung beibehält. Eine vollständige Rückkehr zum Zinstenderverfahren erwarten Beobachter nicht vor dem Sommer, was zum Prognosekonsens passt, dass der Leitzins erst 2012 angehoben wird.

Ein mögliches Datum für eine weitere Änderung am Tenderverfahren wäre der 9. Juni 2011, weil dann auch neue Projektionen zu Wachstum und Inflation vorgelegt werden. Gleiches gilt für die Ratssitzung am Donnerstag, für die jedoch keine gravierenden Änderungen, allenfalls eine leichte Anhebung der Wachstumsprognosen, denkbar scheint.

END