Der Blick in die Brieftasche

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Die Europäische Zentralbank hat den Konsumenten in Europa in die Brieftasche geschaut, um deren Zahlungsgewohnheiten zu untersuchen. Herausgekommen ist, dass das Bargeld immer noch die bevorzugte Zahlungsmethode der Europäer ist.

Gegen Ende des Monats Oktober waren laut Europäischer Zentralbank (EZB) in der Eurozone 1.110 Milliarden Euro in Form von Scheinen und Münzen im Umlauf. Diese wechselten im Jahr 2016 in 129 Milliarden Transaktionen ihren Besitzer, der Wert aller baren Transaktionen betrug für das Jahr 2016 über 1.600 Milliarden Euro. Es gab also Euros, die mehrere Brieftaschen von innen sahen.

Kredit- und Debitkarten wurden weitaus seltener (30 Milliarden Transaktionen) gezückt. Da der Durchschnittswert der Transaktionen mit Karten (36,9 Euro) höher lag als bei Cash-Transaktionen (12,8 Euro) wurden dennoch 1.110 Milliarden Euro mit Plastik bewegt.

„Cash war im Jahr 2016 das dominante Bezahl-Instrument“, so die EZB. Von 100 Transaktionen wurden deren 79 mit Bargeld ausgeführt. Von 100 Euro, die den Besitzer wechselten, wurden 54 bar auf die Hand gezahlt. Daraus geht hervor, dass je höher die Summe, desto eher neigen die Konsumenten dazu, kein Bargeld zu nutzen.

Der Europäer greift im Durchschnitt 1,6-mal pro Tag zu seinem Portemonnaie, um eine Ware oder Dienstleistung zu bezahlen. Von diesen 1,6 Bezahlvorgängen werden 1,2 mit Scheinen und Münzen durchgeführt.

Cash bleibt King

Der Einwohner Luxemburgs greift etwas weniger oft zur Brieftasche, zückt aber besonders gerne die Karte. 1,2-mal pro Tag zahlt er bar, 0,6-mal mit Plastikgeld. Nur in den Niederlanden liegt die Häufigkeit der Kartennutzung mit 0,8 täglichen Nutzungen höher als im Großherzogtum. Für die Eurozone gilt: 19 Prozent aller Transaktionen werden mit der Karte getätigt und 39 Prozent der Beträge wechselten so den Besitzer.

Die Zentralbanker wollten nicht nur wissen, welche Zahlungsarten die Europäer nutzen, sondern auch welche sie bevorzugen. Hier stellt sich das Bild ganz anders dar: Die Mehrheit gab an, die Karten gegenüber Bargeld zu bevorzugen – auch wenn sie Letzteres öfters nutzen. Die EZB erklärt dieses Paradox mit der Höhe der Transaktionen. Da zwei Drittel dieser im Jahr 2016 im Durchschnitt unter 15 Euro lagen und oft für die kleinen Dinge des täglichen Gebrauchs ausgegeben werden, nutzen die Konsumenten dann doch eher Cash.
Für Transaktionen dieser Art haben die Banken das „kontaktlose Bezahlen“ erfunden. Da dieses eher für kleine Summen genutzt wird, erwartet die EZB, dass die Nutzung in die Höhe schnellen könnte.

Außerdem gäbe es noch Länder und Wirtschaftssektoren, in denen die Kartenakzeptanz relativ niedrig sei. „Man kann davon ausgehen, dass die Bargeldnutzung zurückgehen wird, wenn die Infrastruktur für die Kartenzahlung ausgebaut werden wird“, so die Zentralbank.


Alter und Geschlecht

Wer welche Zahlart bevorzugt, hängt nicht nur vom Land ab, in dem man lebt, sondern auch vom Alter und Geschlecht. Europaweit hat die EZB festgestellt, dass Männer öfters Geld ausgeben und auch eher dazu neigen, auf Bargeld zurückzugreifen. Ein Mann nutzt Münzen und Scheine 1,3-mal am Tag, das schönere Geschlecht nur 1,2-mal. Eine weitere Feststellung war, dass „je älter der Konsument ist, desto eher greift er zu Bargeld“.

Über 40-Jährige kramten 1,3-mal am Tag Münzen und Scheine hervor, 18- bis 24-Jährige nur einmal. Die Generation der 25- bis 39-Jährigen nutzen Karten häufiger als ältere Semester. Doch nicht nur Alter und Geschlecht haben einen Einfluss auf die Bezahlgewohnheiten, Bildung spielt auch eine Rolle, wenn auch nur in geringem Maße.


Die Summe macht’s

Aus der Studie geht ganz deutlich hervor, dass die Häufigkeit der Kartennutzung mit zunehmender Transaktionssumme zunimmt. Für Rechnungen unter fünf Euro wurde 2016 in 93 Prozent der Fälle Bargeld genutzt. Dieser Anteil nimmt also ab, je höher der fällige Betrag ist. Bei Summen zwischen 35 und 40 Euro liegt der Bargeld-Anteil noch bei 51 Prozent, bei über 100 Euro werden Karten – ob Debit oder Kredit – am häufigsten genutzt.


Kontaktloses Zahlen

Das kontaktlose Zahlen per NFC-Chip wird im Euroraum immer häufiger angeboten, auch in Luxemburg. Diese Chips können sich in Kredit- oder Debitkarten befinden, aber auch in Smartphones. Oft ist keine PIN-Eingabe nötig.

2016 wurde jedoch nur ein Prozent aller Rechnungen unter 25 Euro auf diese Art beglichen, der größte Teil für Summen unter fünf Euro. Am beliebtesten war diese neue Art des Bezahlens in den Niederlanden, hier erfolgten 9,6 Prozent aller Transaktionen kontaktlos. In Luxemburg ist der Erfolg dieser neuen Technik bislang weniger ausgeprägt. Nur bei 0,6 Prozent der Bezahlvorgänge spielten NFC-Chips eine Rolle.


Große Scheine

Bargeld kann man, muss man aber nicht ausgeben – es eignet sich auch als Wertaufbewahrungsmittel. Die EZB schätzt, dass im Jahr 2008 ein Drittel des Bargeldes nicht zirkulierte, sondern aufgehoben wurde. Da seither die Zahl der Banknoten schneller zunahm als der Konsum, geht die EZB davon aus, dass die Zahl der geparkten Geldnoten weiter gestiegen ist. Das Niedrigzinsumfeld und die geplante Abschaffung des 500-Euro-Scheines verstärkten diesen Trend.

40 Prozent der Slowaken haben eine Bargeldreserve zu Hause. Damit sind sie Spitzenreiter in Europa. Bei den befragten Luxemburgern gaben 26 Prozent an, etwas unter der Matratze liegen zu haben. Bei den Summen handelt es sich jedoch meistens um keine Vermögen. Nur elf Prozent von den Hortern gaben an, mehr als 1.000 Euro zu verstecken.


Wo die EU-Bürger am liebsten in bar zahlen

Wenn der Euro-Nutzer schnell mal eine Zeitung oder einen Blumenstrauß kaufen will, greift er in 90 Prozent der Fälle zu Cash, genauso häufig wie in Cafés und Restaurants. Bei Automatenverkäufen (von Coladosen bis Parktickets) beträgt der Bargeldanteil 84 Prozent, fast genauso viel wie im Freizeitbereich (Kino, Kunst …).

Auch im Supermarkt wird mit 80 Prozent gerne Cash genutzt. An der Tankstelle bevorzugen 60 Prozent ebenfalls Bargeld. Das Gleiche gilt für den Kauf von Kleidung oder Elektronikgeräten (56%). Nur bei der Begleichung von Hotelrechnungen ist das Bare nicht mehr das Wahre. Hier betrug der Anteil 2016 nur 45 Prozent.