Belgien auf dem richtigen Weg

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Die Ratingagentur Moody’s hat eine große Analyse über Belgien veröffentlicht.

Einmal pro Jahr schreibt die Ratingagentur Moody’s eine große Analyse über die Länder, zu denen sie regelmäßig Bewertungen der Kreditwürdigkeit erstellt. Letzte Woche hat sie ihren Bericht über Belgien veröffentlicht.

Von Christian Muller

Ganz so gut wie Luxemburg, das in den vergangenen Jahren immer die Bestnote AAA von Moody’s erhalten hat (siehe Tageblatt vom 25. November), schließt Belgien nicht ab. Dennoch erhält auch Luxemburgs Nachbarland (mit AA3) ein sehr gutes Ranking. Es handelt sich um die viertbeste Bewertung von insgesamt 21 möglichen Noten. Die Aussicht bewertet die Agentur mit „stabil“.

Das gute Rating begründet die Agentur mit mehreren Faktoren. Besonders gefällt den Autoren der Studie, dass die belgische Wirtschaft gut diversifiziert ist. Beispielsweise stehe der Bereich Industrie – trotz eines stärkeren Wachstums bei den Dienstleistungen – immer noch für gute 16,8 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung.

Neben einer landesweit gesunden Aufteilung zwischen den Sektoren hebt Moody’s noch die Präsenz von geschätzt 121.000 Mitarbeitern von internationalen Organisationen (z.B. EU-Kommission, NATO) im Raum Brüssel hervor. Das seien 16,7 Prozent aller Jobs in dieser Region. Zudem seien um diese Institutionen herum noch eine ganze Reihe Jobs in Bereichen wie Beratung, Medien und Tourismus entstanden. Die Arbeitsplätze in internationalen Institutionen seien außerdem nicht abhängig von Wirtschaftszyklen, wie Moody’s hervorhebt. Das bedeute, dass sie einen „stabilisierenden Einfluss“ im Falle von globalen Wirtschaftskrisen haben, meint die Agentur weiter.

Gut diversifizierte Volkswirtschaft

Weitere Stärken Belgiens seien, dass das Land und seine Einwohner wohlhabend sind. Auch habe die Regierung in der nahen Vergangenheit gezeigt, dass sie vorsichtig mit den Staatsfinanzen umgehe, schreibt Moody’s weiter. Gleichzeitig habe Belgiens Regierung eine Reform umgesetzt, im Zuge derer die Steuern auf der Arbeit gesenkt wurden. Dies werde in den nächsten Jahren helfen, um mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, freut sich die Ratingagentur. Sie erwartet, dass dies die Binnennachfrage – und somit das Wirtschaftswachstum – langfristig stärken werde.

Bereits in den vergangenen Jahren war das belgische Wachstum, das etwas unter dem europäischen Durchschnitt liegt, vor allem durch die Binnennachfrage angetrieben worden. Zusätzlich stimmt die Agentur optimistisch, dass die Gehälter in der rezenten Vergangenheit in Belgien nur sehr moderat angestiegen sind. Das helfe dem Land dabei, seine Preis-Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, die sich in den Jahren zuvor verschlechtert hatte, so das Argument. Gerade für Belgien sei dies wichtig, da ein Großteil seiner Exporte in die internationalen Produktionsketten von multinationalen Konzernen eingebunden sind, schreibt Moody’s.

In Zukunft plane Belgien zudem, die Unternehmens-Besteuerung zu senken. Die Steuer soll – laut einem im Oktober eingereichten Gesetzesvorschlag – von 33 Prozent heute auf 25 Prozent im Jahr 2020 fallen. Noch geringer soll der Steuersatz für kleine Firmen ausfallen. Um den Einkommensverlust der Regierung auszugleichen, sollen eine ganze Reihe Steuerermäßigungen abgeschafft werden.

Knackpunkt ist die Verschuldung

Als größte Schwäche sieht die Ratingagentur die hohe Verschuldung des Landes. Diese liegt derzeit bei 105,7 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das ist höher als der Durchschnitt der Eurozone. Moody’s ist jedoch optimistisch gestimmt. Sie geht davon aus, dass die Verschuldung zurückgehen wird – entweder durch Schuldenabbau oder durch Wirtschaftswachstum. Dieser Prozess hat bereits begonnen: 2014 lag die Verschuldungsquote noch bei 106,8 Prozent.

Die Agentur erinnert in ihrem Bericht daran, dass Belgiens Verschuldung im Jahr 1995 bereits einmal bei 130,5 Prozent der Wirtschaftsleistung lag. Bis 2007 hatte die Regierung die Quote dann jedoch konsequent auf bis 87 Prozent der Wirtschaftsleistung reduziert. Im Rahmen der Finanzkrise stieg die Verschuldung allerdings wieder um 18 Prozentpunkte. Die Entwicklung der Verschuldung ist für Moody’s auch ausschlaggebend für mögliche Rating-Veränderungen in der Zukunft. Sollte der Schuldenabbau schneller vonstattengehen als erwartet, dann könne das Rating verbessert werden. Sollte die Verschuldung jedoch wieder steigen, dann könnte sich das Rating verschlechtern. Hintergrund ist, dass eine hohe Verschuldungsquote den Spielraum, den ein Staat im Falle von Wirtschaftskrisen hat, begrenzt.

Mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 423 Milliarden Euro (2016) ist Belgien die sechstgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Die Arbeitslosenquote liegt mit 7,1 Prozent im September 2017 auf dem tiefsten Stand seit sechs Jahren.


Zwischen den Regionen

Insgesamt sieht Moody’s Belgien als ein Land mit institutioneller Stärke, das auch gewillt ist, sich an die Verpflichtungen zu halten, die es eingegangen ist (z.B. Schulden zurückzahlen). In einer Analyse über die Kreditfähigkeit eines Landes wie Belgien darf jedoch die spezielle Situation mit den Regionen nicht fehlen. Dies erschwere die Umsetzung neuer Reformen, so Moody’s. Die Agentur erinnert daran, dass Belgien in den Jahren 2010 und 2014 je 541 und 139 Tage ohne Regierung dastand. Dass sich dies noch einmal wiederholt, könne man nicht ausschließen. Im Jahr 2018 werden in Belgien Lokal-Wahlen abgehalten und 2019 sind nationale Wahlen angesagt.

Die Unterteilung in Regionen spiele aber nicht nur in der Politik eine Rolle, so Moody’s weiter. So sei beispielsweise der nationale Arbeitsmarkt durch die Sprachen-Unterschiede aufgeteilt. Die Unterschiede bei der Arbeitslosenquote sind enorm: Während Flandren eine Arbeitslosigkeit hat (4,4 Prozent), die niedriger ist als die in Luxemburg, stöhnt die Region Brüssel unter einer Arbeitslosenquote von 15,4 Prozent.