Zaninis Bewährungsprobe

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Für Jeunesse-Trainer Lionel Zanini steht am Wochenende viel auf dem Spiel. Trotz zuletzt guter Resultate wird wohl erst nach dem Derby gegen Fola eine richtige Bilanz seiner Amtszeit gezogen. Der 38-Jährige geht diese Bewährungsprobe offensiv an.

Derbyfeeling kennt der ehemalige Kapitän von Excelsior Virton nur allzu gut. Zu seiner aktiven Zeit lockten die Duelle zwischen seinem Verein und dem Rivalen Lorrain Arlon 3.000 bis 4.000 Zuschauer an. Als Trainer hat er diese Erfahrung noch nicht gemacht. Bevor er das Traineramt von Sébastien Grandjean übernahm, stand er sechs Jahre lang beim belgischen Provinzklub Habay-la-Vieille an der Seitenlinie.

DER KOMMENTAR

Derby oder „Kleeschen“

Am übernächsten Wochenende steht das zweite Derby zwischen Fola und Jeunesse an. Anstoßzeit ist um 16.30 Uhr und nicht später, wie die Rot-Weißen vorgeschlagen hatten. Grund: Die Jeunesse-Verantwortlichen lehnten ab. Eigentlich eine Randnotiz, wäre da nicht eine Leichtathletikveranstaltung im Stade Emile Mayrisch, die erst kurz vor dem Anpfiff des Derbys vorbei ist, und der Nikolausumzug. Dieser findet zwar in der Alzette-Straße statt, doch ein Großteil des Nachwuchses beider Vereine nimmt traditionell daran teil. Sie werden also um ihr persönliches Fußball-Highlight gebracht. Auch die Eltern der Kinder sind mitbetroffen.

Doch dies ist kein Einzelfall. Auch die Anstoßzeit des ersten Derbys (18.30 Uhr) ist alles andere als kinderfreundlich. Zuschauerschwund scheint in Esch kein Thema zu sein, dabei ist vor allem der Rekordmeister in der diesbezüglichen Statistik von diesem Phänomen betroffen. Mit solchen Aktionen werden die Zahlen jedenfalls nicht nach oben schnellen.

(Dan Elvinger)

Angst oder Nervosität kennt Zanini vor diesem Duell jedoch keine: „Ich verspüre eher Aufregung als Nervosität. Beide Teams haben am letzten Wochenende gezeigt, wie gut sie drauf sind. Natürlich steht jede Menge auf dem Spiel, aber auch das ist positiv.“

Zanini vermeidet den Gedanken, dass er durch eine Niederlage im Prestigeduell eine Menge Kredit verlieren könnte. „Wir dürfen nicht vergessen, dass der Gegner bisher eine herausragende Saison spielt. Sie haben den besten Angriff und die stabilste Verteidigung. Wir gehen als Außenseiter in die Partie und wollen diesen Status für uns nutzen.“

Mit Vorliebe stürmisch

Nach dem Wechsel von Sébastien Grandjean zu La Louvière fiel die Mannschaft unter der Regie von Zanini in ein kleines Loch. Seit zwei Spieltagen läuft es aber wieder richtig rund bei der Jeunesse. Vor allem offensiv. Acht Tore erzielten die „Bianconeri“ in der Meisterschaft gegen Käerjeng und Canach. Am letzten Wochenende kamen drei weitere Treffer im Pokal gegen Rümelingen hinzu. „Das Team hat sein Selbstvertrauen wiedergefunden.“

Auch gegen die Erzrivalen vom Galgenberg will Zanini seiner offensiven Philosophie treu bleiben. „Wir werden versuchen, uns so wenig es geht zurückdrängen zu lassen. Ich mag keine Mannschaften, die hinten drin stehen. Außerdem habe ich nicht die Spieler für ein solches System. Ich mag es, Risiken einzugehen, aber auch die Disziplin muss stimmen“, sagt der Trainer, der eigentlich nach Esch kam, um von Vorgänger Grandjean zu lernen. Vor vier Wochen wurde dieser Prozess jäh unterbrochen und Zanini musste auf einmal volle Verantwortung übernehmen. Taktisch gab es in dieser Zeit kaum Veränderungen. Trotzdem oder gerade deshalb ist der Name Grandjean noch in vielen Escher Köpfen präsent, das erkennt auch Zanini neidlos, ja schon fast ehrfürchtig an: „Séba ist noch immer Teil des Vereins. Alleine schon durch sein taktisches Schema, das ich weiterführe. Er hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich führe nur seine Arbeit weiter. Etwas Neues geschaffen habe ich noch nicht. Es geht darum, die Früchte seiner Arbeit zu ernten.“

Grandjeans Ziel war es immer, um die Meisterschaft mitzuspielen. Zanini ist vorsichtiger in seinen Aussagen, aber nicht weniger ehrgeizig: „Wir haben weder die Mittel noch die Absicht, um die Meisterschaft zu spielen. Die letzten Monate haben gezeigt, dass F91 und Fola die stärksten Teams sind. Wir können mit einem Sieg gegen Fola die Meisterschaft spannender gestalten und uns eine gute Ausgangsposition im Kampf um die Europa-League-Plätze verschaffen.“

Gefahrenherde

Doch Zanini muss aufpassen, denn das Streben nach Titeln steht beim Rekordmeister an erster Stelle. Mögliche Nachfolger stehen bereits Schlange. Wie beispielsweise ehemalige Jeunesse-Spieler, die sich nicht erst wie Zanini den Respekt erkämpfen müssen, sondern bereits über eine gewisse Akzeptanz im Verein verfügen. Genau diese könnte Zanini mit einem Derbysieg gewinnen. Wie ein kleines Kind freut sich der Belgier auf seine erste Escher Stadtmeisterschaft: „Ich liebe stimmungsgeladene Spiele. Die Anspannung steigt und die größte Aufgabe ist es, diese Gefühle zu bündeln.“

Zanini kann diese Emotionen gleich zweimal innerhalb von acht Tagen ausleben, denn schon am nächsten Sonntag steht das gleiche Duell im Pokal an: „In dieser Partie herrscht deutlich mehr Druck. Wenn wir verlieren, sind wir draußen. Eine Niederlage in der Meisterschaft erlaubt es uns dagegen, weiter unser Saisonziel zu verfolgen.“