RadsportVorschau auf Mailand-Sanremo: Pogacar endlich Chef am Roulettetisch?

Radsport / Vorschau auf Mailand-Sanremo: Pogacar endlich Chef am Roulettetisch?
Tadej Pogacar ist bei der 115. Ausgabe von Mailand-Sanremo klar favorisiert Foto: Marco Bertorello/AFP

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Tadej Pogacar ist der große Favorit der 115. Ausgabe von Mailand-Sanremo, die am Samstag ausgetragen wird. Neben dem Gewinner der „Strade Bianche“ aber gibt es viele andere Podiumsanwärter, angefangen bei Vorjahressieger und Weltmeister Mathieu Van der Poel bis hin zu den Ausnahmesprintern Mads Pedersen oder Jasper Philipsen. Am Start sind mit Alex Kirsch und Arthur Kluckers auch zwei Luxemburger Fahrer.

Immer wieder etwas Neues! So wie Paris-Roubaix nicht in Paris, sondern in Compiègne startet, beginnt Mailand-Sanremo am Samstag nicht in Mailand, sondern im rund 40 km entfernten Städtchen Pavia. Dort, südlich von Mailand, fand gestern Abend auf der „Piazza della Vittoria“ die Mannschaftsvorstellung statt, und von dort geht es ab 10.00 Uhr in einer 5,7 km langen „Prozession“ zum definitiven Start, der um 10.15 Uhr gegeben wird.

Vor den 175 Teilnehmern, unter ihnen auch die Luxemburger Alex Kirsch und Arthur Kluckers, liegt eine 288 km lange Strecke mit der Ersteigung des „Turchino“ (532 m), den drei „Capi“ („Mele“, „Cervo“ und „Berta“), der „Cipressa“ (239 m) und dem „Poggio“ (160 m). Wer dort als Erster am weltweit bekannten roten Telefonhäuschen vorbeikurvt, hat gute Aussichten auf einen Podiumsplatz, denn bis ins Ziel auf der Via Roma von Sanremo verbleiben nur mehr knappe sechs Kilometer.

Pogacar unschlagbar?

Mailand-Sanremo ist ein in vielerlei Hinsicht einmaliges Rennen. Mit seinen 288 km (293,7 inklusive Anfahrtsstrecke) bleibt es von der Länge her im internationalen Radsportkalender unerreicht. Es wurde sowohl von „Legenden“ (Eddy Merckx, 7 Siege) als auch von „Nobodys“ (Neoprofi Marc Gomez, 1982, nach einer 286 km langen Flucht) gewonnen, ist von der Streckenführung her wohl das „leichteste“ aller fünf „Monumente“, aber auch dasjenige mit dem am schwersten zu prognostizierenden Ausgang.

Wie üblich verspricht Mailand-Sanremo ein Roulettespiel zu werden. Als Chef am Tisch empfiehlt sich Tadej Pogacar, der für so manchen Insider in diesem Frühjahr als unschlagbar bei solch einem schweren Rennen gilt.

Der 25-jährige Slowene (geb. am 21.9.1998 in Komenda) hat bereits fünf Siege bei drei sogenannten „Monumenten“ aufzuweisen (Liège-Bastogne-Liège 2021, Giro di Lombardia 2021, 2022, 2023, Ronde van Vlaanderen 2023). Mit Mailand-Sanremo könnte er seinem Palmarès einen weiteren Klassiker der Extrasorte hinzufügen.

Pogacar, der mit den „Strade Bianche“ erst ein Rennen in der noch jungen Saison bestritt und dieses nach einem Soloritt über 80 km gewann, scheint am ehesten dazu fähig, als Erster über den Poggio zu fahren und den Vorsprung wie sein Vorbild Eddy Merckx bis ins Ziel zu wahren. In den beiden letzten Jahren versuchte der Slowene es vergeblich. So musste er sich 2022 (Platz 5) seinem Landsmann Matej Mohoric und vor zwölf Monaten (Rang 4) dem wie entfesselt fahrenden Mathieu Van der Poel beugen.

Im Weltmeistertrikot

Der Holländer, der nach seinem Erfolg bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft am 4. Februar kein einziges Rennen auf der Straße bestritt, will gleich mit einem großen Coup in die Saison starten. Die Vorbereitung auf Mailand-Sanremo hat er im spanischen Calpe abgeschlossen, heute versucht er, als erster Fahrer seit über 40 Jahren (Giuseppe Saronni /ITA,1983) im Trikot mit den Regenbogenfarben als Gewinner über den Strich in der legendären Via Roma zu fahren.

Neben Van der Poel und Pogacar gibt es viele Fahrer mit klangvollen Namen im Feld, angefangen bei den ehemaligen Siegern Alexander Kristoff (2014), Arnaud Démare (2016), Michal Kwiatkowski (2017), Julian Alaphilippe (2019), Jasper Stuyven (2021) und Matej Mohoric (2022) bis hin zu Fahrern vom Kaliber eines Jonathan Milan, der eben zwei Etappen und das „Maglia Ciclamino“ bei Tirreno-Adriatico gewonnen hat, Mads Pedersen, sechsfacher Sieger zu Beginn der Saison, Caleb Ewan, zweimaliger Zweiter der „Classicissima“, Christophe Laporte, amtierender Europameister, Jasper Philipsen, Etappensieger bei Tirreno-Adriatico, Tom Pidcock, „Chef de file“ bei Ineos-Grenadier, Filippo Ganna, Zweiter im Jahr 2023, und Alberto Bettiol, der am vergangenen Mittwoch mit Mailand-Turin die Generalprobe zu Mailand-Sanremo davongetragen hat. Nicht dabei ist der Gewinner von 2020, Wout Van Aert, der sich auf die Klassiker in Belgien vorbereitet.

Zwei Luxemburger

Unter den 175 Konkurrenten aus 25 Mannschaften sind diesmal zwei Luxemburger, beide mit Mailand-Sanremo-Erfahrung. Alex Kirsch, der letztes Jahr forfait erklären musste und auch dieses Jahr mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, klassierte sich 2022 als 40. auf 1‘14“. Er ist des Dänen Mads Pedersen bestes „Zugpferd“, um endlich ein „Monument“ davonzutragen. Pedersen war Weltmeister (2019), feierte Etappensiege bei einer Reihe Rundfahrten, gewann auch verschiedene Halbklassiker und Klassiker (u.a. Gent-Wevelgem 2020, Kuurne-Brüssel-Kuurne 2021, Cyclassics Hamburg 2023), doch zu einem ersten Rang bei einem der fünf größten Eintagesrennen schaffte er es bisher nicht. Immerhin aber stand er bei der „Ronde van Vlaanderen“ 2018 als Zweiter und 2023 als Dritter auf dem Podium.

Weil das Schweizer Tudor Pro Cycling Team, das von Mailand-Sanremo-Sieger 2008 Fabian Cancellara gemanagt wird, genau wie letztes Jahr eine Einladung erhielt, darf Arthur Kluckers, der gestern seinen 24. Geburtstag feierte (geb. am 15.3.2000), zum zweiten Mal beim ersten „Monument“ der Saison 2024 an den Start gehen. Letztes Jahr traf er in einem 14-köpfigen Feld als 109. mit 7‘06“ Verspätung auf Sieger Van der Poel in Sanremo ein. Von den 175 gestarteten Fahrern beendeten deren 170 das Rennen.

Fakten

* Erstauflage: 14. April 1907. Sieger war der Franzose Lucien Petit-Breton. Am Samstag kommt es zur 115. Auflage.
* 51 italienische, 63 ausländische Siege, davon 22 belgische.
* Rekordsieger: Eddy Merckx (Belgien) – 7 Erfolge (1966, 1967, 1969, 1971, 1972, 1975, 1976) vor Costante Girardengo (6), Gino Bartali (4), Erik Zabel (4), Fausto Coppi (3), Eric De Vlaeminck (3), Oscar Freire (3).
* Schnellstes Rennen: Gianni Bugno 1990. Schnitt 45,806 km/h
* Palmarès der letzten Jahre: Mathieu Van der Poel (2023), Matej Mohoric (2022), Jasper Stuyven (2021), Wout Van Aert (2020), Julian Alaphilippe (2019), Vincenzo Nibali (2018), Michal Kwiatkowski (2017), Arnaud Démare (2016), John Degenkolb (2015), Alexander Kristoff (2014), Gerald Ciolek (2013), Simon Gerrans (2012), Matthew Goss (2011), Oscar Freire (2004, 2007, 2010), Mark Cavendish (2009), Fabian Cancellara (2008), Filippo Pozzato (2006), Alessandro Petacchi (2005).
* Letzter italienischer Sieger: Vincenzo Nibali (2018), letzter Sieger im Weltmeistertrikot: Giuseppe Saronni (1983).
* Offiziöser Start: heute Samstag um 10.00 Uhr in Pavia (Piazza della Vittoria), offizieller Start (km 0) um 10.15 Uhr auf der Straße nach Belgioioso.
* Ankunft: zwischen 16.30 und 17.15 Uhr in Sanremo auf der Via Roma.
* Strecke: 288 km (293,7 km mit der Anfahrtsstrecke): Hauptschwierigkeiten: Passo del Turchino (532 m, km 138,3), Capo Mele (67 m, km 236,4), Capo Cervo (61 m, km 241,3), Capo Berta (130 m, km 249,1), Cipressa (239 m, km 266,3), Poggio di San Remo (160 m, km 282,4).
* Am Start: 25 Mannschaften mit je 7 Fahrern (im Total 175 Fahrer): Alpecin-Deceuninck, Arkea-B&B Hotels, Astana Qazaqstan, Bahrain Victorious, Bora-hansgrohe, Cofidis, Decathlon Ag2r La Mondiale Team, EF Education-Easypost, Groupama FDJ, Ineos-Grenadiers, Intermarché-Wanty, Israel Premier Tech, Lidl-Trek, Team Visma-Lease a bike, Lotto-Dstny, Uno-X Mobility, Movistar Team, Soudal Quick Step, Team DSM-Firmenich PostNL, Team Jayco Alula, Tudor Pro Cycling Team, UAE Team Emirates, Team Polti Kometa, VF Group-Bardiani CSF-Faizane, Corratec-Vini Fantini.
* Zwei Luxemburger Fahrer am Start: Alex Kisch (Nr. 125), Arthur Kluckers (Nr. 205)
* Wettquoten: Pogacar 2,50/1; Van der Poel 2,75/1; Pedersen 6,50/1; Ganna 16/1; Mohoric 16/1; Laporte 16/1; Pidcock 20/1; Philipsen 22/1; Milan 22/1; Ewen 33/1; Kooij 33/1; Kragh Andersen 40/1; … A. Kirsch 750/1.
* Preisgelder: Platz 1. 20.000 €, 2. 10.000 €, 3. 5.000 €, 4. 2.500 €, 5. 2.000 €., 6. + 7. 1.500 €, 8. + 9. 1.000 €, 10.-20. 500 €, Preisgelder bis Platz 20.
* Wetterprognose: Sonnig beim Start in Mailand (10.00 Uhr, 13 Grad), heiter in Sanremo (nachmittags, 17 Grad).
* Direkte Fernsehübertragung: ab 9.50 bei Eurosport 2, ab 14.00 Uhr bei Rai2, ab 14.00 Uhr bei La Une (RTBF1), ab 23.00 bei Eurosport 1 (Aufzeichnung)    (P.L.)