Fußball-EMUEFA-Präsident Ceferin: „Endlich wieder ein klassisches Fußball-Turnier“

Fußball-EM / UEFA-Präsident Ceferin: „Endlich wieder ein klassisches Fußball-Turnier“
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin: „Ich hatte bisher nicht allzu viel Glück“ Foto: Joe Klamar/AFP

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Nach Corona-EM und Katar-WM freut sich UEFA-Präsident Ceferin wieder auf ein Fußball-Turnier der vertrauten Art. Im dpa-Interview spricht er über Chancen und Gefahren der EM in Deutschland.

Bei einem ernsten Thema muss Aleksander Ceferin sogar einmal kurz schmunzeln. Seit 2016 ist der Rechtsanwalt aus Slowenien inzwischen Präsident der Europäischen Fußball-Union. Und in seine Amtszeit fallen die wohl schlimmsten Krisen in der Geschichte der UEFA. Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie. Der Überfall Russlands auf die Ukraine. „Ja“, sagt Ceferin in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Ich hatte bisher nicht allzu viel Glück.“

An diesem Freitag aber beginnt in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft. Und nach all den „Krisen über Krisen über Krisen“ in den vergangenen Jahren freut sich Ceferin: „Jetzt haben wir endlich wieder ein klassisches Fußball-Turnier in einem Land mit vielen Vorzügen.“ Ohne Menschenrechtsdebatten wie bei der WM in Katar. Und ohne Corona-Beschränkungen wie noch bei der vorangegangenen EM. Zur Erinnerung: Die EM 2021 wurde noch in elf verschiedenen Ländern ausgetragen. „Und ich denke nicht“, meint Ceferin, „dass so ein Turnier in der Zukunft noch einmal stattfinden sollte“.

Von der EM in Deutschland dagegen erwartet er nicht weniger als „ein Fußball-Fest. Die Infrastruktur ist gut. Die Deutschen sind immer gute Organisatoren.“ Und die UEFA habe vor dem Turnier „52 Millionen Anfragen für 2,7 Millionen Tickets bekommen.“

Auch der deutschen Nationalmannschaft traut der UEFA-Präsident zu, so etwas wie eine EM-Euphorie im Land zu entfachen. „Ich habe schon zu einigen Freunden gesagt: Keine Ahnung warum, aber ich halte Deutschland für einen der Topfavoriten“, so Ceferin. „Sie haben ziemlich lausig gespielt in den letzten Jahren. Aber sie haben ein gutes Team. Und seit dem Testspiel gegen Frankreich sehe ich auch einen anderen Spirit. Ich sage immer: Unterschätze niemals Spanien. Und dann hast du immer Belgien, die Niederlande, vielleicht Dänemark. Aber Deutschland, Frankreich, England und Portugal: Das sind meiner Meinung nach die Favoriten bei dieser EM.“

Sicherheit als größte Sorge

Ceferin sitzt in der Suite eines Londoner Hotels, als er das sagt. Das Finale der Conference League liegt gerade hinter, das Endspiel der Champions League zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid noch vor ihm. Der Slowene hat sich in den vergangenen Jahren den Ruf erarbeitet, so etwas wie ein Gegenentwurf zu Sportfunktionären wie FIFA-Boss Gianni Infantino oder IOC-Präsident Thomas Bach zu sein. Auf eine weitere Amtszeit ab 2027 verzichtet er freiwillig. Gigantische Projekte wie eine Super League oder eine Club-WM mit 32 Teams treibt er anders als Infantino nicht etwa voran. Er versucht, sie mit aller Macht zu verhindern.

Der UEFA-Chef blickt auch nicht nur mit Vorfreude auf die EM in Deutschland. Schon zu Beginn des Jahres sagte er in einem Interview der britischen Tageszeitung The Telegraph, die Sicherheit sei seine größte Sorge bei diesem Turnier.

„Wir haben keine konkreten Sicherheitsbedenken“, ergänzt er nun in London. „Aber das Problem ist für mich die geopolitische Situation in der Welt. Mehr und mehr Gewalt. Mehr und mehr Aggression. Die Weltlage ist nicht ideal.“ Im Vergleich zur paneuropäischen EM vor drei Jahren sei es „natürlich einfacher, so wie jetzt nur mit einem Ministerium und mit einem Sicherheitsapparat zusammenzuarbeiten“. Und das klappe auch gerade „mit den deutschen Behörden sehr gut“.

Aber Ceferin denkt nicht nur in den Kategorien des Fußballs und des Sports. Er sieht den Krieg in der Ukraine, das Erstarken des Nationalismus. „Fußball ist eines der wenigen Dinge, die Menschen noch zusammenbringen können. Da bin ich mir wirklich sicher“, meint er. Er sagt aber auch: „Die gesamte Situation in Europa ist beängstigend. Sie macht mir Angst.“ (dpa)