MotorsportSteve Jans vor den 24h Nürburgring im Interview: „Unsere Klasse ist ein Kontaktsport“

Motorsport / Steve Jans vor den 24h Nürburgring im Interview: „Unsere Klasse ist ein Kontaktsport“
Steve Jans bei den Nürburgring-24h-Qualifyers Mitte April Foto: Marie-Jo Nickels

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Steve Jans wird am Wochenende beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring starten. „In unserer Klasse gibt es nur ein einziges Ziel: den Sieg“, sagt der Luxemburger vor dem Motorsport-Klassiker in der Eifel im Gespräch mit dem Tageblatt. 

Tageblatt: Steve Jans, Sie sind jetzt schon seit einigen Jahren nicht mehr bei der NLS und den 24h Nürburgring angetreten. Welche anderen Serien haben Sie in den vergangenen Jahren bestritten und mit welchen Autos?

Steve Jans: 2022 und 2023 habe ich mit einem GetSpeed-Mercedes-AMG-GT3 die zwölf Rennen der GT-Open-Serie bestritten, die auf sechs verschiedenen europäischen Strecken stattfanden. Nach meinen vielen Nordschleifen-Jahren hat dies mir ermöglicht, viele neue Strecken kennenzulernen und somit mein fahrerisches Können weiterzuentwickeln.

Sie fahren jetzt wieder einen heckgetriebenen Porsche 911, den sie vorher aber auch schon kannten. Brauchte es eine erneute Eingewöhnungszeit?

Was das Auto betrifft, so war es schon eine Umstellung, aber keine allzu große. Es war für mich schwieriger, mich wieder an die „Grüne Hölle“ zu gewöhnen, da ich dort fünf Jahre lang nicht mehr gefahren bin und einige Streckenabschnitte seitdem erneuert wurden. Ich bin dankbar für jeden Kilometer, den ich wieder dort fahren kann, um mich näher an mein 100-Prozent-Limit zu bringen.

Sie sind schon zu Ihrer Anfangszeit am Ring für Black Falcon mit einem BMW Z4 gefahren. Wie ist es jetzt, zu diesem Team zurückzukehren?

Das ist richtig. Ich habe meine Karriere in diesem Team begonnen und es fühlt sich auch richtig an, jetzt wieder dorthin zurückzukehren. Der Chef und der Chefmechaniker sind immer noch die Gleichen und es gibt insgesamt noch viele bekannte Gesichter. Das Team ist sehr professionell und zu gleicher Zeit auch sehr menschlich. Für mich fühlt es sich an, wie ein „nach Hause kommen“.

Wie kam eigentlich der Deal Black Falcon-Losch-Jans zustande?

Black Falcon hat mich im Januar kontaktiert, nicht um VLN zu fahren, sondern um die ADAC GT Masters in einem Mercedes zu bestreiten. Dieser Deal, der eigentlich vom zweiten Fahrer hätte finanziert werden sollen, kam dann aber letztlich nicht zustande. Da 46-Losch mit Black Falcon aber einen luxemburgischen Fahrer für die VLN und die 24h Nürburgring haben wollte, fragte man mich, ob ich dann dieses Programm fahren wolle – so kam dann der Deal ganz schnell zustande.

Ihre beiden Teamkollegen in der NLS sind Deutsche (Tobias Müller und Noah Nagelsdiek), mit Morris Schuring  kommt jetzt ein Niederländer dazu. Wie kam es zu dieser Teamkonstellation und wer von euch ist wie eingestuft?

Ja, zu unserer üblichen NLS-Besetzung kommt bei den 24 Stunden Morris Schuring dazu. Er fährt in der WEC einen der zwei Manthey-Porsche und hat beim letzten Lauf in Spa den Klassensieg geholt. Zusammen mit ihm haben wir zweifelsohne ein sehr konkurrenzfähiges Team. Was die Einstufung der Fahrer betrifft, so gilt hier bei den 24 Stunden die übliche FIA-Kategorisierung, Platin/Gold/Silber/Bronze, nicht. Es gibt nur PRO oder PRO/AM und wir sind alle vier als Profis eingestuft.

Steve Jans peilt mit seinem Team den Klassensieg an
Steve Jans peilt mit seinem Team den Klassensieg an Foto: Privat/Archiv Jans

Kommen wir zu den bevorstehenden 24h. Die ersten vier Rennen der NLS liefen als Vorbereitung auf die 24h besonders gut – oder?

Wir sind mit unseren zwei Siegen, einem dritten und einem vierten Platz (in der Klasse; Anm. d. Red.) in den ersten vier Rennen mehr als zufrieden, zumal in unserer Klasse viele stark besetzte Autos dabei sind und auch sehr hart gefahren wird. Mit unserem Cup-Auto kann man mit etwas härteren Bandagen kämpfen, da es sich dort nicht so sehr bemerkbar macht, wenn mal der eine oder andere kleine Flap durch einen Rempler wegfliegt, nicht wie z.B. bei einem GT3. Man kann schon sagen, dass es in unserer Klasse ein Kontaktsport ist. Da wir so regelmäßig gepunktet haben, führen wir auch die Gesamtwertung in unserer Klasse, also der Porsche Endurance Trophy, an.

Mussten Sie sich speziell physisch und mental auf den Ring-Marathon vorbereiten?

Ein 24-Stunden-Rennen ist natürlich immer eine maximale Belastung für Körper und Geist. Bei den andern (NLS)-Rennen fährt jeder Fahrer ein oder zwei Stints, hier wird es so sein, dass jeder vier- oder fünfmal im Auto sitzen wird, und das sowohl am Tag als auch in der Nacht. Ich habe jetzt seit einigen Jahren keine Rennen in der Nacht mehr bestritten und das wird natürlich wieder eine Neuerung für mich sein. Die Beleuchtung an unseren Autos ist zwar ausgezeichnet, dennoch ist es etwas, an das ich mich wieder gewöhnen muss. Einerseits freue ich mich darauf, andererseits habe ich aber auch den größten Respekt davor, zumal die ‚dicken‘ GT3 sehr schnell von hinten auftauchen werden und man die Distanzen manchmal schwer einschätzen kann. Ich habe mich jetzt nicht speziell auf dieses Rennen vorbereitet, da ich sowieso seit Jahren ganz regelmäßig sowohl ein physisches wie auch mentales Training betreibe. Davon profitiere ich nicht nur als Rennfahrer, sondern auch in meinem tagtäglichen Hauptberuf.

Was rechnen Sie sich fürs Rennen aus?

Was die Gesamtwertung betrifft, so muss man bedenken, dass allein mehr als 20 GT3-Autos am Start sein werden und dass viele von diesen schnelleren Autos auch ankommen werden. Somit wäre eine Top-Ten-Platzierung illusorisch, aber mit einem Platz unter den ersten 20 wäre ich ganz zufrieden. In unserer Klasse gibt es natürlich nur ein einziges Ziel: den Sieg.

Wie blicken Sie dem Kampf der Luxemburger in der Klasse Cup 2 Pro entgegen? 

Ich kenne Dylan Pereira eigentlich sehr wenig und wir haben noch nie ein gleiches Rennen bestritten. Hier treten wir mit gleichem Material an und ich freue mich schon auf unser Luxemburger Duell, zumal Dylan auf dem Cup-Porsche eine Referenz darstellt. Unsere beiden Teams sind gut aufgestellt, sodass wir ein spannendes Rennen haben dürften.

Wen sehen Sie als Gesamtsieger?

Man weiß natürlich vor dem Rennen nie, wie es mit der BoP (Balance of Performance) aussehen wird. Da ich zwei Jahre mit Mercedes bei GetSpeed gefahren bin, weiß ich, wie professionell sich Mercedes auf solche Rennen vorbereitet. Dies gilt natürlich auch für die anderen Profi-Teams vom BMW, Porsche und Audi. Ferrari war letztes Jahr neu dabei und hat damals von einer guten Einstufung profitiert, sie werden es wohl dieses Jahr schwerer haben. 2024 ist der neue Aston Martin zum ersten Mal dabei, aber ich sehe dieses Auto nicht als einen der Hauptfavoriten. Mein Tipp für 2024 heißt also: Mercedes.

Was steht nach den 24h noch auf Ihrem Programm?

Auf der Nordschleife werde ich mit 46 Losch Black Falcon die restlichen Läufe der NLS bestreiten. Vielleicht kommt in den Wintermonaten noch das eine oder andere Rennen zur Asian Le Mans Series dazu. Als Top-News kann ich aber verraten, dass ich im Rahmenprogramm der 24 Stunden von Le Mans die zwei Rennen der „Road to Le Mans“ mit einem Mercedes GT3 von GetSpeed bestreiten werde.

Sie sind nicht nur Rennfahrer, sondern leiten hauptberuflich ein großes Familienunternehmen. Wie bringen Sie eigentlich Beruf, Familie und Rennfahren unter einen Hut?

Ich versuche, meine Zeit bestmöglich zwischen Beruf, Hobby und Familie einzuteilen, das ist mir sehr wichtig. Klar liegt mein Hauptfokus auf unserm Betrieb und ich bin sehr dankbar, dass ich mich dort immer auf ein sehr erfahrenes und kompetentes Team verlassen kann, wenn ich im Rennwagen sitze.

Zwei Luxemburger kämpfen um den Klassensieg

Die 24h Nürburgring, an diesem Wochenende, gelten allgemein als das Rennen des Jahres in der Eifel. Dem Anspruch wird das Motorsport-Festival in der Grünen Hölle, zu dem auch in diesem Jahr erneut über 200.000 Zuschauer erwartet werden, einmal mehr gerecht. Nach dem Ende der Nennungsfrist finden sich gut 130 Fahrzeuge auf der Teilnehmerliste. An der Spitze des Feldes geben sich die Stars der GT3-Szene ein Stelldichein. Acht Automobilhersteller mit 26 hochkarätigen Super-Sportwagen befinden sich in den Top-Klassen (GT3 / SP9 und SP-X), in denen der Gesamtsieg ausgefahren wird. Neben den deutschen Herstellern Audi, BMW, Mercedes-AMG und Porsche sind auch Lamborghini, Aston Martin, Ferrari und Glickenhaus mit dabei. Spannend wird es auch hinter der hochkarätig besetzten Spitze, denn auch beim Kampf um den Sieg in den zahlreichen Fahrzeugklassen wird es viel Action geben. Die 24h Nürburgring sind neben den 24h Le Mans (15./16.6) und den 24h Spa (29./30.6.) der erste der drei Langstreckenklassiker, die binnen vier Wochen in Europa stattfinden werden. Wenn in den vergangenen Jahren noch gut ein halbes Dutzend Piloten mit luxemburgischer Lizenz am Start waren, so sind es diesmal nur noch zwei. Sie starten beide in der Cup2-Pro-Klasse mit ihren Porsche 911 GT3 Cup (992), die eine ganz große Chance auf den Klassensieg haben. Dylan Pereira teilt sich sein Scherer-PHX-Auto mit seinem ehemaligen Erzrivalen Larry ten Voorde (NL), Christer Jöns (D) und Thomas Kiefer (D). Steve Jans geht mit dem Black-Falcon-46-Losch-Porsche mit Tobias Müller (D), Noah Nagelsdiek (D) und Morris Schuring (NL) an den Start.