Fernando Alonso holte sich nach einem dubiosen Überholmanöver gegen Scuderia-Teamkollege Felipe Massa gestern den Sieg. Hinter Massa wurde der von der Pole Position gestartete Vettel Dritter. Sein Teamchef Christian Horner aber war sauer auf Ferrari. „Das ist schon eine Schande. Sie haben dem einen den Sieg weggenommen und dem anderen gegeben“, schimpfte der Brite, nachdem der lange führende Massa Teamgefährte Alonso nach einem vielsagenden Funkspruch von der Box widerstandslos vorbeiziehen lassen hatte.
Frustriert war auch das Mercedes-Team nach einem ernüchternden Heim-Comeback des Werksteams. Beide Silberpfeile wurden überrundet. Nico Rosberg fuhr als Achter über die Ziellinie. Michael Schumacher ergatterte als Neunter gerade noch zwei WM-Punkte.
Das Renault-Team hingegen feierte nach der Nullnummer vor zwei Wochen in Silverstone wieder ein erfolgreiches Wochenende: Beide Autos fuhren in die Punkte, Robert Kubica als Siebter und Witali Petrow als Zehnter. Dennoch war Teamchef Eric Boullier nicht ganz zufrieden mit dem Wochenende: „Wir können nicht zufrieden sein, von den Ferrari überrundet zu werden. Das zeigt, dass wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben. Doch die kommenden Neuheiten stimmen mich zuversichtlich.“
Die Gesamtwertung führt nach seinem vierten Platz weiterhin McLaren-Pilot Lewis Hamilton mit 157 Zählern an, es folgt sein britischer Teamgefährte Jenson Button (143). Punktgleich mit seinem Stallrivalen Mark Webber bleibt Vettel nach elf von 19 Saisonrennen mit 136 Zählern Vierter. „Der Start war der Schlüssel. Ich kam die ersten fünf bis zehn Meter nicht richtig weg“, klagte Vettel.
„Keine Teamorder“
Bei Ferrari droht trotz des zweiten Doppelerfolgs der Saison dicke Luft. Massa hatte zwar 49 der 67 Runden das Rennen angeführt und den ungestümen Alonso hinter sich gehalten. Dann aber griff die Box ein, Massa musste seinen Kollegen passieren lassen. „Tut mir leid, Junge“, funkte Renningenieur Rob Smedley an den Brasilianer. Laut Regelwerk des Internationalen Automobilverbands FIA allerdings ist eine Teamorder verboten. „Das war keine Teamorder“, beteuerte Teamchef Stefano Domenicali. „Ich glaube, dazu muss ich nicht viel sagen“, meinte Massa zunächst mit einem gequälten Lächeln. Später erklärte er, dass er für ein Unternehmen arbeite und schon oft gezeigt habe, dass er professionell sei. „Wir haben einen guten Job für das Team gemacht“, sagte er und sprach zudem noch von Problemen mit den harten Reifen.
Alonso wollte nichts von einem geschenkten oder gar schmutzigen Sieg wissen. „Wir haben manchmal in diesem Jahr schon Team-Unfälle gesehen, durch die 42 Punkte verloren gingen. Heute hat Ferrari 42 Punkte in der Tasche“, sagte der Spanier über seinen zweiten Saisonsieg nach dem Auftakterfolg in Bahrain und Nummer 23 seiner Karriere.
Nach dem Rennen gab es zunächst nur eine kurze Umarmung zwischen Alonso und Massa, bevor der Brasilianer schnell zum obligatorischen Wiegen verschwand. Bei der Vorbereitung zur Siegerehrung sprachen die beiden Ferrari-Piloten kaum miteinander. Für die Scuderia war es der erste Sieg in Hockenheim seit Schumachers Erfolg 2006. Vettels Hoffnungen auf eine Triumphfahrt in der Heimat platzten schon in der ersten Kurve. Tags zuvor hatte er Alonso in der Qualifikation noch um zwei Tausendstelsekunden geschlagen und sich seine sechste Pole Position der Saison geschnappt. Doch der Vizeweltmeister konnte den Vorteil nicht nutzen. Mit einem furiosen Start fuhr Massa von Rang drei an die Spitze, auch Alonso setzte sich gegen Vettel durch.
Verfolger Vettel konnte im Kampf an der Spitze zunächst das Tempo der Ferrari nicht ganz mitgehen. Auch nach den Boxenstopps des Top-Trios zwischen Runde 13 und 15 verteidigte Massa die Führung. Einen harten Angriff seines Teamkollegen in Runde 21 parierte der Südamerikaner. Der um seine Titelchance kämpfende Alonso schimpfte daraufhin via Boxenfunk: „Das ist lächerlich.“
28 Umläufe später bekam der Spanier seinen Willen. Die Ferrari-Teamleitung erklärte Massa: „Fernando ist schneller. Kannst du diese Nachricht bestätigen?“
Kurz darauf wurde der 29-Jährige für einen Moment verdächtig langsam, Alonso zog mühelos vorbei und strebte seinem zweiten Saisonerfolg entgegen. Nach 1:27:38,864 Stunden auf dem 4,574 Kilometer langen Traditionskurs war der 23. Grand-Prix-Sieg des zweimaligen Weltmeisters perfekt.
FORMEL 1 IN ZAHLEN
Großer Preis von Deutschland in Hockenheim, 11. von 19 Läufen zur WM, Endstand nach 67 Runden (306,458 km): 1. Fernando Alonso (Spanien) Ferrari 1:27:38,864 Stunden (209, 788 km/h), 2. Felipe Massa (Brasilien) Ferrari 0:04,196 Minuten zurück, 3. Sebastian Vettel (Deutschland) Red-Bull 0:29,482, 4. Lewis Hamilton McLaren 0:26,896, 5. Jenson Button (beide Großbritannien) McLaren 0:29,482 6. Mark Webber (Australien) Red-Bull 0:43,606, 1 Runde zurück: 7. Robert Kubica (Polen) Renault, 8. Nico Rosberg (Mercedes), 9. Michael Schumacher (beide Deutschland) Mercedes, 10. Witali Petrow (Russland) Renault, 11. Kamui Kobayashi (Japan) Sauber, 12. Rubens Barrichello (Brasilien) Williams, 13. Nico Hülkenberg (Deutschland) Williams, 14. Pedro de la Rosa (Spanien) Sauber, 15. Jaime Alguersuari (Spanien) Toro-Rosso, 2 Runden zurück: 16. Vitantonio Liuzzi (Italien) Force-India, 17. Adrian Sutil (Deutschland) Force-India, 3 Runden zurück: 18. Timo Glock (Deutschland) Virgin, 4 Runden zurück: 19. Bruno Senna (Brasilien) Hispania
De Maart
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