Mittwoch22. Oktober 2025

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LandesmeisterschaftGeniets entthront Jungels

Landesmeisterschaft / Geniets entthront Jungels
Kevin Geniets sichert sich zum ersten Mal den Meistertitel Foto: Gerry Schmit

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Kevin Geniets hat die Siegesserie von Bob Jungels (2013, 2015-2019) gebrochen und sich gestern in Mamer erstmals den Landesmeistertitel für Elitefahrer mit Vertrag im Straßenrennen gesichert. Ein Sieg, der für etliche als dicke Überraschung gilt, aber letztlich auch ein Sieg, der sich irgendwie angedeutet hatte.

Titelverteidiger Bob Jungels, der erst kürzlich seinen Wechsel zu Ag2r bekanntgegeben hat und auf den demnach der Fokus noch etwas mehr gerichtet war, als er es sonst schon ist, warnte bereits im Vorfeld: „Es sind einige gute Fahrer dabei, mit denen ich nicht unbedingt am Ende um den Sieg sprinten will.“ Und eben jenes Szenario sollte gestern am Ende der 142,8 km rund um Mamer auf den 27-Jährigen warten. Anders als noch vergangenes Jahr in Zolver, wo sich Jungels erst in der Schlussrunde mit einer beherzten Attacke absetzen konnte, blieb Geniets diesmal dran. Mehr noch, der 23-jährige Profi von Groupama-FDJ, der seine gute Form zuletzt bei der Tour de Wallonie unter Beweis stellte, war der Aktive im Finish, was sein Konkurrent Jungels neidlos anerkannte: „Ich habe alles gegeben. Es war ein animiertes Rennen, ein recht schwerer Parcours mit dem Wind. Ich habe es ein paar Mal versucht, doch recht viele haben sich lange gewehrt. Kevin war heute (gestern) einfach der Stärkere. Er hat mich in der letzten Runde zweimal angegriffen und wenn ich nicht solch ein guter Rouleur auf flachem Terrain wäre, hätte ich seine Attacken bereits früher nicht mehr abwehren können.“

Nachdem sich ein Trio bestehend aus Raphaël Kockelmann (Team Voralberg), Scott Thiltges (LG Alzingen) und Colin Heiderscheid (Leopard) schnell absetzte und einen Vorsprung von 4:40 Minuten herausfuhr, nahm bereits in der zweiten von sechs Runden (à 23,8 km) ein neunköpfiges Quartett das Heft in die Hand. Neben Jungels und Geniets waren noch Alex Kirsch (Trek), Jempy Drucker (Bora), Ivan Centrone (Roubaix Lille Métropole), die Brüder Tom und Luc Wirtgen (Bingoal), Tom Thill (XSpeed) sowie Arthur Kluckers (Leopard) vertreten. Aus diesem Nonett würde der Schlussgewinner stammen, das war schnell klar. In Runde vier setzten sich dann Jungels und Geniets ab. Die Pro-Jungels-Fraktion spekulierte auf dessen Rouleur-Qualitäten, welche 2019 dieses gleiche Duell entschieden. Diesmal lief es allerdings anders. „Ich habe im letzten Hügel attackiert, konnte ein kleines Loch rausfahren, Bob kam allerdings zweimal zurück. Ich habe viel nachgedacht und mir des Weiteren gesagt, ruhig zu bleiben. Schließlich hat man nicht jedes Jahr die Chance, gegen Bob um den Meistertitel zu sprinten. Ich bin also in seinem Rad geblieben und als er sich hinsetzte, habe ich voll attackiert“, beschrieb Geniets die letzten Kilometer seiner Siegesfahrt.

Perfekter Tag für Geniets

Während sich am Straßenrand seine Familie in den Armen lag und jubelte, war Geniets selbst zunächst fassungslos: „Nein, nein, ich realisiere das alles noch gar nicht.“ Er rang nach Worten. Seine Stimme bebte, seine Hände zitterten, Tränen kullerten ihm die Wangen runter. Als er sich dann etwas gefasst hatte, gab er zu Protokoll: „Ich fühlte mich super gut und ich habe dran geglaubt. Nur mit dem notwendigen Glauben kann man gewinnen. Mein Trainer sagte mir noch vor dem Rennen, ich solle keine Komplexe haben, und während des Rennens habe ich daran gedacht. Ich sagte mir: ‚Heute zählt nur der Sieg, sonst nichts‘.“

Und wann war Geniets klar, dass ihm der große Wurf gelingen würde? „Letztes Jahr hatte ich schnell gemerkt, dass er stärker war. Als ich ihn jetzt attackiert habe, spürte ich, dass er zu schlagen ist. Zu gewinnen ist schön, schöner aber ist für mich, zu wissen, dass ich jetzt ein Jahr mit diesem Meistertrikot fahren darf. Wohl wohne ich in Frankreich und bin auch schon fast so ein halber Franzose, aber unsere Nationalfarben trage ich im Herzen.“

Motivator für Kevin Geniets war am Samstagabend zudem sein Teamkollege bei Groupama-FDJ, Arnaud Démare, der gestern seinerseits seine starke Form mit dem Titel des französischen Meisters unter Beweis stellte: „Er hat mir am Samstagabend eine Nachricht geschickt und mir gesagt, ich solle meinen starken Beinen vertrauen und dran glauben. Das Gleiche habe ich ihm gewünscht. Und jetzt zu zweit zu gewinnen, ist umso schöner.“

Kevin Geniets steht das erste Mal ganz oben auf dem Podium. Bob Jungels wird Zweiter, Jempy Drucker Dritter.
Kevin Geniets steht das erste Mal ganz oben auf dem Podium. Bob Jungels wird Zweiter, Jempy Drucker Dritter. Foto: Gerry Schmit