Sonntag26. Oktober 2025

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FußballPaul Philipp zur WM-Qualifikation: „Die Latte muss immer höher gelegt werden“

Fußball / Paul Philipp zur WM-Qualifikation: „Die Latte muss immer höher gelegt werden“
Paul Philipp über Kapitän Laurent Jans: „Es ist wichtig, dass er seine Karriere wieder in die richtigen Bahnen lenkt“ Foto: sportspress.lu/Jeff Lahr

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Vor dem Beginn der WM-Qualifikation am Samstag gegen Irland sagt FLF-Präsident Paul Philipp, wie viele Punkte er sich in der Gruppe A wünscht, welche Spieler in den kommenden Monaten einen Sprung nach vorne machen könnten und warum Jean Asselborns Hilfe benötigt wurde. 

Tageblatt: Herr Philipp, das Nationalmannschaftsjahr 2021 hat am Mittwoch in Ungarn begonnen. Welche Eindrücke konnten Sie vom ersten Testspiel des Jahres gegen Katar sammeln?

Paul Philipp: Im Vorfeld der beiden WM-Qualifikationsspiele gegen Irland und Portugal war es wichtig, dass wir diese Partie austragen konnten. Viele haben gerade erst eine Verletzung hinter sich gelassen oder waren bei ihren Vereinen nicht erste Wahl. Für sie war es wichtig, Spielpraxis zu sammeln. Man darf diese 0:1-Niederlage aber nicht überbewerten. Es ging um nichts und das hat man auch gesehen. Beide Mannschaften gingen nicht mit vollem Einsatz zu Werke. Es war ein gefälliges Spiel, aber es fehlte an Aggressivität. Am Samstag gegen Irland wird das ganz anders sein. Wir werden wahrscheinlich mit einer anderen Startelf, aber auch mit mehr Intensität zu Werke gehen.

In der Fußballwelt wird derzeit sehr viel über einen Katar-Boykott disktutiert. Die norwegische Nationalmannschaft lief am Mittwoch mit speziell angefertigten T-Shirts auf und drückte damit ihren Protest gegenüber dem WM-Gastgeber 2022 aus. Wie sollte man Ihrer Meinung nach mit diesem Thema umgehen?

Es wird schwer, etwas zu bewegen, wenn nicht die ganze Welt in dieser Sache zusammenhält. Man kann nicht vom Sport den Boykott fordern und auf der anderen Seite werden dicke Verträge auf Privat- und Staatsniveau ausgehandelt. Es wäre etwas feige, zu sagen, dass man Sport und Politik nicht vermischen sollte. Es ist bekannt, dass man durch Fußball auf ein Problem aufmerksam machen kann. Es ist aber auch zu einfach, die Sportler vorzuschicken, wenn das Business mit Katar weiterläuft. Bei der FLF gab es keine Diskussion über eine mögliche Aktion oder einen Boykott. Meiner Ansicht nach wäre das auch etwas populistisch gewesen.

Am Samstag beginnt für Luxemburg die schwere WM-Qualifiatkon mit der Partie gegen Irland. Trotz der schweren Gruppe – welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Die Latte muss immer höher gelegt werden. In den Partien gegen Aserbaidschan sind wir mindestens auf Augenhöhe. Holen wir insgesamt sechs Punkte, haben wir unser Ziel erreicht.

Sind sechs Punkte aus den beiden Partien gegen Aserbaidschan nicht sogar ein Muss?

Es muss auf jeden Fall das Ziel sein, gegen diesen Gegner das Maximum an Punkten zu holen. Aber auch gegen Irland, Serbien und Portugal wollen wir für die eine oder andere Überraschung sorgen und Punkte anpeilen. Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass wir mittlerweile mit vielen Gegnern mithalten können. Bisher sind wir aber immer knapp am großen Coup gescheitert.

Bereitet es Ihnen Sorgen, dass derzeit nicht alle Nationalspieler in ihrem Verein Stammspieler sind?

Heutzutage müssen wir uns ja weniger Sorgen machen als früher. Die Mannschaft besteht zum Großteil aus Profis – das war ja mal anders. Trotzdem müssen wir andauernd auf der Hut sein, damit wir uns nicht noch einmal eine 0:8-Niederlage wie 2017 in Schweden einfangen. Wir dürfen keine Angst haben, müssen aber immer einen Riesenrespekt vor den Gegnern zeigen. Wir durchleben momentan eine sehr komische Zeit im Fußball mit sehr vielen seltsamen Ergebnissen. Am Mittwoch besiegte beispielsweise die Türkei die Niederlande mit 4:2. Am Samstag gegen Irland müssen wir mit Respekt in die Partie starten und dann sind vielleicht ein oder mehrere Punkte möglich.

Bis zuletzt hatten Sie Probleme, die Freigabe für Vincent Thill zu bekommen. Haben Sie Verständnis für Vereine wie Nacional Funchal, die ihre Spieler nicht abstellen wollen?

Nein, die Spieler werden in eine unangenehme Situation gebracht und sitzen zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite steht der Arbeitgeber und auf der anderen Seite das Heimatland, das sie vertreten wollen. Weil wir die Zukunft von Vincent Thill in Madeira nicht negativ beeinträchtigen wollen, sind wir in diesem Fall sehr vorsichtig vorgegangen. Zudem ist Nacional Funchal nicht unbedingt sehr gut auf den portugiesischen Verband zu sprechen, was die Sache noch einmal erschwert hat. Unser Außenminister Jean Asselborn hat die nötigen Fäden in diesem Dossier gezogen. Er war sehr hilfsbereit. In der aktuellen Situation können solche Probleme eigentlich nur über die Politik gelöst werden. Die FIFA hatte die Freigabe erteilt und eigentlich hätten wir auf unser Recht beharren können, aber das wäre nicht im Sinne von Vincent Thill gewesen. Die Quarantäne musste für ihn aufgehoben werden und dies verdanken wir dann schlussendlich Jean Asselborn.

Meistens entscheiden Beziehungen darüber, ob ein Spieler freigestellt wird. Bei der FIFA ist das Problem bekannt, aber solange es die Großen des Geschäfts nicht betrifft, kommt dieses Dossier nicht ins Rollen. 

Paul Philipp, FLF-Präsident

Es kommt immer wieder zu Problemen bei Abstellungen. Maxime Chanot bestritt am Dienstag sein erstes Länderspiel seit 18 Monaten, weil New York City ihn nie freigeben wollte. Gibt es Diskussionen auf FIFA-Ebene, um dieses Problem dauerhaft zu beheben?

Bei der FIFA ist das Problem bekannt, aber solange es die Großen des Geschäfts nicht betrifft, kommt dieses Dossier nicht ins Rollen. Meistens entscheiden Beziehungen darüber, ob ein Spieler freigestellt wird. Mit Mainz 05 haben wir zum Beispiel einen sehr engen Kontakt, weshalb Leandro Barreiro nie Steine in den Weg gelegt werden, wenn er zur Nationalmannschaft reisen will.

2021 steht auch für eine neue Ära an Nationalspielern. Diesmal sind die beiden 17-jährigen Talente Eldin Dzogovic und Timothé Rupil Teil des Kaders. Was kann man von diesem Duo erwarten?

Es ist toll für die beiden, dass sie dabei sind, und dass sie auch Spielpraxis bekommen. Wichtiger ist aber, dass sie in ihren Vereinen nach und nach Fuß fassen, und dass es nicht zu einer Überbelastung kommt. Wir dürfen keine Wunder von diesen Jungs erwarten. Es ist derzeit schwer, das Potenzial einzuschätzen. Das Talent ist vorhanden, aber irgendwann in ihrer Karriere werden die Schritte kleiner und schwerer. Dann wird man sehen, in welche Richtung sich Dzogovic und Rupil entwickeln können.

Wer von den gestandenen Spielern kann in dieser WM-Qualifikation einen Sprung nach vorne machen?

Für Laurent Jans ist es wichtig, dass er seine Karriere wieder in die richtigen Bahnen lenkt. In Metz kam er nicht sehr oft zum Einsatz und dies wiederholt sich jetzt beim Standard Liège. Will er sich weiterentwickeln, braucht er Spielpraxis. Spannend zu verfolgen wird auch die Entwicklung von Christopher Martins sein. Er hat noch einen Zweijahresvertrag bei Young Boys Bern, hatte zuletzt aber viel mit Verletzungen zu kämpfen. Er selbst glaubt mittlerweile, dass der Kunstrasen in Bern der Ursprung seiner Blessuren ist. Es ist schon ein Luxus, wenn man als luxemburgische Mannschaft im zentralen Mittelfeld ein Duo bestehend aus Martins und Leandro Barreiro aufbieten kann. Leo fühlt sich derzeit sehr wohl in Mainz und dort setzt man auf ihn. Ich hoffe, dass der Verein die Klasse halten kann. Schaffen die Mainzer das nicht, könnte sich die Situation für Leo verändern. Mittlerweile ist er dabei, sich einen gewissen Marktwert zu erarbeiten.

Zum Schluss noch eine Frage zu Ihrem Lieblingsthema. Wie geht es mit dem neuen Nationalstadion weiter?

(lacht) Unser Ziel ist es, im Juni ein Testspiel im neuen Stadion auszutragen. Vor Tausenden Zuschauern wird diese Partie nicht stattfinden, aber vielleicht können wir ein paar Leute reinlassen. Unsere Nachbarländer Deutschland, Frankreich und Belgien haben uns bereits eine Absage für ein Freundschaftsspiel erteilt. Wir hoffen aber darauf, dass wir noch einen EM-Teilnehmer ergattern können. Derzeit laufen Gespräche mit den Mannschaften von der Insel. Ob England, Irland, Wales oder Schottland: Solche Gegner sind immer toll.

Freigabe erteilt: Vincent Thill reist heute an

Vincent Thill hat die Freigabe von Nacional Funchal erhalten und wird heute um 15.10 Uhr in Dublin landen. Bevor er jedoch ins Flugzeug steigen kann, muss der 21-Jährige heute einen Covid-Test absolvieren. Nach seiner Landung in Irland muss er ein weiteres Mal getestet werden, damit er am abendlichen Training der Nationalmannschaft teilnehmen kann. Der portugiesische Erstligist wollte dem Luxemburger zunächst keine Freigabe erteilen, da Thill bei einer Rückkehr auf Madeira in eine fünftägige Quarantäne gemusst hätte. Diese fällt jetzt weg – auch weil Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn eine entscheidende Rolle bei der Lösungsfindung gespielt hatte (siehe Interview).
Thills Nationalmannschaftskollegen sind gestern von Debrecen (Ungarn) nach Dublin gereist und haben bereits ihr erstes Training auf irischem Boden hinter sich. (del)

FLF-Präsident Paul Philipp
FLF-Präsident Paul Philipp Foto: Editpress/Gerry Schmit