Die Anden mit ihrer atemberaubenden Natur, die trockenste Wüste der Welt in Atacama, die weltbekannten Weine, die geheimnisvolle Osterinsel oder der berühmte Cerro San Cristóbal mit der Christusstatue über der Hauptstadt – wer als Europäer die weite Reise nach Chile antritt, findet dort mehr als genug touristische Highlights, um angenehme Tage in Südamerika zu verbringen. Genau darum geht es der luxemburgischen Delegation, die am vorletzten Freitag (5. September) aufgebrochen ist, jedoch nicht: Statt angenehmer Urlaubstage wartet auf die FLT-Auswahl ein echter Brocken. Und Tourismus zu betreiben – daran denkt, wie Kapitän Gilles Muller betont, niemand.
Wir sind nicht 25 Stunden geflogen, um von vornherein zu sagen, dass wir hier nichts holen. Natürlich wird es sehr schwer. Aber die Hoffnung ist da.
In Santiago de Chile, wo auf Sand gespielt wird, erwartet die Luxemburger Delegation in mehrerer Hinsicht eine echte Herausforderung. Nach dem 3:1-Sieg im Februar gegen Litauen in der Coque darf Luxemburg nun in der Weltgruppe I antreten. Der Einsatz ist hoch: Der Sieger qualifiziert sich für die Davis Cup Qualifiers 2026 – und damit für den Wettbewerb, in dem die größten Tennisnationen der Welt aufschlagen. Das Los meinte es mit Luxemburg allerdings nicht gut: Zum einen geht es gegen das traditionell starke Team aus Chile, das in der Weltrangliste als 17. ganze 24 Plätze vor Luxemburg (41) liegt, zum anderen findet das Duell auch noch auswärts statt.
Rodeschs Ausfall wiegt schwer
Um sich an die Uhrzeit zu gewöhnen und sich zu akklimatisieren, ist die FLT-Delegation frühzeitig nach Chile gereist. Mit dabei: die Spieler Alex Knaff, Louis Van Herck, Aaron Gil Garcia, Raphael Calzi und Metti Reiter, dazu Kapitän Gilles Muller, Trainer Till Salme, Physiotherapeut Benjamin Chassin sowie die Vorstandsmitglieder Mike Welter und Laure Felgen. Nicht im Flugzeug saß allerdings Luxemburgs Nummer eins, Chris Rodesch (ATP 174), der verletzungsbedingt passen muss.
Gerade der Ausfall von Rodesch wiegt schwer. „Das Fehlen von Chris hat einen großen Impakt auf das Team“, erklärt Muller. „Es tut weh, dass er nicht dabei ist. Mit ihm wären unsere Chancen klar gestiegen.“ Doch der Kapitän denkt nicht ans Aufgeben: „Wir sind nicht 25 Stunden geflogen, um von vornherein zu sagen, dass wir hier nichts holen. Natürlich wird es sehr schwer. Aber die Hoffnung ist da – und das Vertrauen in mein Team ebenfalls.“
Bereits im vergangenen Jahr hatte das Team Erfahrungen in Südamerika gesammelt. In den Play-offs zur Weltgruppe I hieß der Gegner damals Kolumbien. In der Höhe von Bogotá (2.600 M) verlor das Team mit 2:3. An diesem Wochenende soll Alex Knaff (ATP 668) die luxemburgische Mannschaft in Chile anführen. Der Sportsoldat schlug zuletzt am 14. Juli beim ITF-Turnier im französischen Uriage auf. „Alex hat im Sommer weniger gespielt, aber was er auf dem Platz zeigt, ist gut. Auch physisch macht er einen stabilen Eindruck“, sagt Muller, der Knaff seit knapp vier Jahren trainiert. Wer hinter Knaff als Nummer zwei auflaufen wird, stand Anfang der Woche, als das Tageblatt mit Muller sprach, noch nicht fest. Zur Auswahl stehen Louis Van Herck (ATP 1.293), Aaron Gil Garcia (ATP 1.361) und Raphael Calzi (ATP 1.904).
Druck liegt bei Chile
Die Spielpaarungen standen am späten Freitagabend mitteleuropäischer Sommerzeit fest. Das erste Match beginnt am Samstagabend um 23 Uhr (MESZ). Am Samstag stehen zwei Einzel auf dem Programm, bevor am Sonntag ab 22 Uhr (MESZ) ein Doppel sowie zwei weitere Einzel ausgetragen werden.
Der 17-jährige Metti Reiter ist noch nicht für eine tragende Rolle vorgesehen – seine Nominierung ist ein Investment in die Zukunft. „Bei Metti geht es darum, Erfahrung zu sammeln. Er ist mit Noé Plique und Olaf Zielinski die Zukunft des Teams. Die werden irgendwann regelmäßig hier spielen. Noé war schon mal dabei, jetzt sollte Metti sich mal hier präsentieren. Bis jetzt macht er es gut. Mal schauen, wie es weitergeht“, so Muller.
Während Luxemburgs bester Spieler Knaff also im ATP-Ranking auf Platz 668 liegt, hat Chile mit Cristian Garin (ATP 124) und Tomas Barrios Vera (ATP 134) zwei Top-150-Spieler in seinen Reihen. Garin ist den Luxemburgern kein Unbekannter: Er schlug Chris Rodesch in diesem Jahr in der ersten Hauptrunde von Wimbledon mit 7:6, 6:4, 6:4 und erreichte beim britischen Grand Slam 2022 das Viertelfinale. „Wir haben hier nichts zu verlieren“, sagt Muller. „Auf dem Papier sind wir ganz klar der Underdog. Sie spielen zu Hause, sie müssen gewinnen. Der Druck liegt bei ihnen. Wir können frei aufspielen.“
Hitzige Atmosphäre
Nicht dabei hat Chile die aktuelle Nummer eins Nicolas Jarry (ATP 102) sowie Alejandro Tabilo (ATP 125), die ebenfalls in den Top 150 liegen. „Es ist ein starkes Team, das ist ganz klar“, sagt Muller. „Dass sie Jarry und Tabilo nicht dabei haben, macht es für uns nicht unbedingt einfacher. Sie spielen gut Einzel, sie spielen auch gut im Doppel. Außerdem spielen sie vor eigenem Publikum. Das übt vielleicht mehr Druck aus, kann aber auch dazu führen, dass die Spieler sich auf dem Platz richtig zerreißen.“
Muller selbst hat noch nie in Chile gespielt, weiß aber, dass es intensiv werden kann. „Ich habe von anderen Spielen gehört, dass es hitzig werden kann. Die Südamerikaner sind sehr passioniert und stehen hinter ihren Nationalteams, sei es im Fußball oder in anderen Sportarten. Sie sind sehr patriotisch. Ich denke, es wird eine coole Atmosphäre. Es wird vielleicht nicht immer leicht für uns, da muss ich meine Jungs drauf vorbereiten. Es wird sicher nicht immer angenehm werden. Aber sie sollen sich auf sich konzentrieren und nicht auf das Drumherum.“
Um den großen Coup zu landen und Chile zu schlagen, gibt Muller die Richtung vor. „Wir müssen an uns glauben und unser eigenes Spiel durchziehen. Entscheidend wird sein, aggressiv aufzutreten, öfter den Weg ins Serve-and-Volley zu suchen und die Chilenen gar nicht erst einen Rhythmus finden zu lassen. Das ist der Plan, wie wir es angehen können.“
Im Überblick
Die Aufgebote:
Chile:
Cristian Garin (ATP 124), Tomas Barrios Vera (ATP 134), Matias Soto (ATP 283), Daniel Antonio Nunez (ATP 790), Diego Fernandez Flores (ATP 1.027)
Luxemburg:
Alex Knaff (ATP 668), Louis van Herck (ATP 1.293), Aaron Gil Garcia (ATP 1.361), Raphael Calzi (1.904), Metti Reiter
Programm:
Samstag, ab 23 Uhr (MESZ):
Zwei Einzel
Sonntag, ab 22 Uhr (MESZ):
Ein Doppel, zwei Einzel
De Maart
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