Donnerstag23. Oktober 2025

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MotorsportInterview mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer Olivier Panis: „Der Monaco-Sieg war magisch“

Motorsport / Interview mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer Olivier Panis: „Der Monaco-Sieg war magisch“
Olivier Panis feierte beim GP von Monaco 1996 einen Überraschungssieg vor D. Coulthard und J. Herbert Foto: Facebook O. Panis

Den Motorsportfans, die schon länger dabei sind, wird der Franzose Olivier Panis vor allem durch seinen überraschenden Monaco-Grand-Prix-Sieg vor fast 30 Jahren bekannt sein. Seine Karriere darf man jedoch nicht nur auf diesen einen Sieg reduzieren. 

Wie die meisten seiner französischen Rennfahrerkollegen durchlief Panis die üblichen Nachwuchsformeln, bis er 1993 Formel-3000-Champion (damalige Formel 2) wurde. Dies öffnete ihm im darauffolgenden Jahr die Tür zu seinem Formel-1-Debüt bei Ligier. In der Königsklasse verblieb er über die nächsten zehn Jahre. Neben der Formel 1 war er aber auch in anderen Rennserien aktiv. Seit 2016 betreibt Panis sein eigenes LMP2-Team, das heute unter dem Namen VDS-Panis Racing bei den 24h Le Mans und in der ELMS (European Le Mans Series) antritt. Für das Team war 2025 eine regelrecht vorbildliche Saison: ELMS-Siege in Imola, Spa und am letzten Samstag in Portimao, Zweiter in Barcelona, Punkte in jedem anderen Rennen und Pole-Position in Silverstone. All dies bedeutete am Schluss der Saison den Titel. Zum fast 30-jährigen Jubiläum seines GP-Sieges hat sich das Tageblatt exklusiv mit dem Eigner des nunmehr frischgekrönten ELMS-Champion-Teams unterhalten.

Tageblatt: Nächstes Frühjahr werden es 30 Jahre her sein, dass Sie, doch etwas überraschend, den Formel 1 Grand Prix von Monaco gewonnen haben. Wie blicken Sie darauf zurück?

Olivier Panis: Der Monaco-Sieg war magisch, wenn auch unerwartet. Wir wussten, dass unser Ligier-Renner für Monaco ein gutes Auto war und wir hatten eventuell mit einem Punkteresultat gerechnet – aber niemals mit einem Sieg. Das Wochenende war sehr speziell. Die freien Trainings hatten wir auf Platz fünf abgeschlossen, im Qualifying hatten wir dann ein Problem mit der Elektronik und ich konnte das Ersatzauto nicht benutzen, da mein Teamkollege Pedro Diniz nicht nur sein Auto, sondern auch unseren Ersatzwagen in die Leitplanken gesetzt hatte. Somit musste ich auf Startplatz 14 ins Rennen gehen, was in Monaco nicht unbedingt super ist. Als ich aber am Sonntagmorgen aus dem Fenster schaute und sah, dass es regnete, sagte ich mir: „Da kann jetzt doch noch was gehen“. Im Rennen gab es dann eine Menge Zwischenfälle – dass am Schluss ein Sieg für uns dabei herauskam, war einfach fantastisch.

Ihr Name bleibt wohl immer mit diesem Monaco-Sieg verbunden, doch dies ist bei weitem nicht das einzige. Sie haben uns bestimmt noch so etliches aus Ihrer mehr als 10-jährigen Formel-1Karriere zu verraten.

Ja, ich bin in meiner Formel-1-Zeit zwischen 1994 und 2006 für Ligier, Prost, McLaren, BAR und Toyota gefahren. 1997 war das einzige Jahr, wo wir mit Prost Grand Prix (Alain Prost hatte im Winter das Team von Ligier übernommen; Anm. d. Red) immer um Podiumsplätze kämpfen konnten. Wir hatten damals den Mugen (Honda) Motor und als eins von nur zwei Teams Bridgestone-Reifen. Wir hatten über den Winter sehr viel getestet und waren somit sehr stark. Nach einer Reihe von ausgezeichneten Resultaten lag ich vor dem siebten Rennen in Kanada auf Platz zwei der Gesamtwertung, doch dann hatte ich dort einen fürchterlichen Unfall, wobei das Chassis in zwei Teile zerbarst und ich mir beide Beine brach. Da war natürlich meine Saison gelaufen. Schade, denn damals hätte mehr daraus werden können. Bei McLaren war ich 2000 (zwar nur) Test- und Ersatzfahrer, aber dies war eine unbeschreibliche Erfahrung für mich. Das McLaren-Team insgesamt war einfach fantastisch und hat mir alle erdenklichen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt. Auch die Tatsache, damals mit Adrian Newey zusammenzuarbeiten, war unvergesslich. Nach dem einen Jahr wollte mich Ron Dennis (damals Chef von McLaren) noch ein weiteres Jahr als Testpilot haben, doch ich wollte unbedingt wieder Rennen fahren. Als mir Honda dann einen Zweijahresvertrag anbot, griff ich zu und fuhr zusammen mit Jacques Villeneuve den BAR-Honda. Das Auto war nicht fantastisch, aber ich hatte mit Jacques eine gute Zeit und wir sind auch heute noch gute Freunde. Schon als Junge war die Formel 1 immer mein Traum. Es war nicht immer einfach, aber ich kann mich glücklich schätzen über die ganze Zeit, die ich dort verbracht habe, schließlich sind es jedes Jahr nur gut 20 Piloten, die dieses Privileg haben!

Olivier Panis (l.) beim Tageblatt-Interview
Olivier Panis (l.) beim Tageblatt-Interview Foto: Marie-Jo Nickels

Und was kam dann nach der Formel 1?

Ich habe 2006 in der Formel 1 aufgehört und danach viermal die 24 Stunden von Le Mans bestritten, 2011 habe ich mit einem privaten Peugeot 908 HDI FAB der Ecurie Oreca-Matmut die berühmten 12 Stunden von Sebring zusammen mit Loïc Duval und Nicolas Lapierre gewonnen. Danach fuhr ich zusammen mit meinem Freund Fabien Barthez in Frankreich GT-Rennen und im Winter die Trophée Andros-Eisrennen, denn ich hatte immer noch nicht genug vom Rennfahren.

Und wie wurden Sie Teambesitzer?

2016 überredete mich Fabien Barthez, zusammen ein Rennteam zu gründen. Am Anfang wollte ich überhaupt nicht, doch zum Schluss, nach einem guten Essen und einigen Gläsern Rotwein, hat man mich überzeugt, zu vier Freunden ein Rennteam zu gründen. So war dann Panis-Barthez Racing geboren. Ich wollte das Ganze aber nie alleine machen. Wir haben also beschlossen, ein bestehendes Team für unsere Einsätze zu suchen und haben uns mit Tech1Racing zusammengetan. Diese Zusammenarbeit hat acht Jahre gedauert, bis die Besitzer von Tech1 sich vollzeitlich um ein anderes ihrer Geschäfte widmen mussten. Da ich seit Jahren schon in regelmäßigem Kontakt mit Xavier Combet von TDS Racing war und Marc Van der Straten (VDS) entschied, uns budgetmäßig kräftig zu unterstützen, kam es 2024 zu unserer jetzigen Zusammenarbeit, dem VDS-Panis Team mit TDS. Panis bringt die Mechaniker, die Ingenieure und das Budget, TDS bringt die Autos. Marc wollte unbedingt etwas Großes machen und dann ging alles sehr schnell. Er meinte „Sag mir einfach, was du brauchst“ – und am nächsten Tag war alles in Butter. So kam es, dass wir dieses Jahr zwei Autos in der ELMS und in Le Mans einsetzten. Ich bin Marc sehr dankbar, dass wir jetzt alle Möglichkeiten haben, ganz vorne mitzumischen.

Das kann man wohl sagen. Sie sind dieses Jahr sehr erfolgreich, haben mehrere ELMS-Siege erzielt und fast Le Mans in der LMP2-Klasse gewonnen …

Ja, wir haben etwas ganz Seriöses aufgebaut und unser Team hat eine fantastische Saison zusammen erlebt. Wir haben gute Arbeit geleistet. Unser Team und unser Image sind gewachsen, auch dank Marc VDS; er ist sehr wertvoll für uns. Unsere drei Piloten Charles Milesi, Estéban Masson und Oliver Gray arbeiten ausgezeichnet zusammen. Sie sind technisch und fahrerisch sehr clever. Wir sind eine große Familie. In Le Mans lagen wir bis kurz vor Schluss in unserer Klasse vorne. Dann brach aber eine 2-Cent-Schraube an der Radaufhängung, als das Auto wohl etwas zu kräftig einen Kerb erwischte. Ich mache niemandem einen Vorwurf, denn ich gab die Order, ‚full attack‘ zu fahren, um das Rennen zu gewinnen. Normalerweise bedeutet der Bruch dieser Schraube die sofortige Aufgabe. Zum Glück im Unglück verkeilte sich die Aufhängung zwischen dem Karbon und dem Unterboden, so dass wir die letzten fünf Runden in langsamerem Tempo fahren konnten und so das Rennen noch als Zweite beendeten – sehr schade, aber dennoch war es ein schönes Resultat für die ganze Mannschaft.

Mit ihrem Sieg am Samstag in Portimao sicherten sich C. Milesi/E. Masson/O. Gray des VDS-Panis-Racing-Teams den ELMS-Titel 2025
Mit ihrem Sieg am Samstag in Portimao sicherten sich C. Milesi/E. Masson/O. Gray des VDS-Panis-Racing-Teams den ELMS-Titel 2025 Foto: Marie-Jo Nickels

Und wie sieht es aus mit den Hypercars?

Selbstverständlich haben wir darüber nachgedacht, aber das ist eine ganz andere Schuhgröße. Versuchen wir erst einmal Le Mans in der LMP2-Kategorie zu gewinnen und dann sehen wir weiter. Hypercar kann man nur mit einem Automobil-Hersteller zusammen stemmen. Momentan bleibt Hypercar nur ein Traum.

Letzte Frage: Ihr Sohn Aurélien ist nicht nur in Ihrem Team aktiv, sondern ist auch Rennfahrer und bestreitet die GTWC beim Boutsen-VDS-Team. Wie ist es, wenn der eigene Sohn Rennfahrer ist?

Das ist schrecklich! Es ist schließlich dein eigenes Fleisch und Blut. Die Angst eines Unfalls ist allgegenwärtig, obschon man ja auch auf dem Bürgersteig über den Haufen gefahren werden kann. Man muss einfach pragmatisch sein. Ich verfolge seine Rennfahrerei sehr genau und bin natürlich gestresst, wenn es für ihn nicht so gut läuft. Aber er ist erwachsen und ich strenge mich an, mich nicht einzumischen. Genau wie wir hat auch er das Glück, von Marc VDS unterstützt zu werden.