Freitag31. Oktober 2025

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Tageblatt-SerieGesichter des Ehrenamts: Laurent Drees aus Bettborn

Tageblatt-Serie / Gesichter des Ehrenamts: Laurent Drees aus Bettborn
Laurent Drees aus Bettborn arbeitet seit 1983 als „Bénévole“ Foto: Editpress/Julien Garroy

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1983 war Laurent Drees zum ersten Mal als „Bénévole“ tätig. Der in Bettborn lebende Pensionär hat den Wandel der Zeit miterlebt. Im Gespräch mit dem Tageblatt spricht er die Probleme an, die er in der Freiwilligenarbeit sieht. Obwohl er sich über einiges ärgert, wird er dem Benevolat auch in Zukunft erhalten bleiben. 

Wenn Laurent Drees über seine Benevolatstätigkeiten redet, erinnert er sich gerne zurück. „Das hat Spaß gemacht“, sagt er. „Jedes Mal, wenn ich Zeit hatte, habe ich gerne geholfen. Früher war das so: Wenn du Zeit hattest, dann hast du geholfen. Ob du Start- und Zielbereich aufgebaut hast oder Streckenposten warst – das sind tolle Erinnerungen.“ Der 64-Jährige schwelgt aber nicht nur in vergangenen Zeiten, sondern macht auch immer noch gerne Freiwilligenarbeit, vor allem bei Radrennen. Doch Drees kennt auch die Kehrseiten der Tätigkeiten. „So etwas tut weh“, sagt er, als er sich an die vergangene Tour de Luxembourg erinnert. Was ist passiert?

Seit 1983 ist der in Bettborn lebende Rentner Freiwilliger, vor allem Radrennen haben es ihm angetan. Wirklich radsportbegeistert ist er nicht mal, dafür macht ihm die Gesellschaft aber Freude. „Früher war es anders. All die Leute, die damals dabei waren, sind heute nicht mehr dabei. Das Beisammensein und die Gesellschaft in gut funktionierenden Teams waren immer toll.“ Seine ersten Schritte im Benevolat machte er beim ACC Contern, für die er die Strecke bei der Randonnée Charly Gaul beschilderte. Nicht nur im Sport setzt er sich freiwillig ein, auch bei der „Fondation Kriibskrank Kanner“ war er sechs Jahre tätig.

Weil Drees zwischenzeitlich aus beruflichen Gründen elf Jahre in Singapur lebte, konnte er seine Ehrenämter in Luxemburg nicht mehr ausüben. Vor vier Jahren kam der Banker dann aber zurück – und fand wieder seinen Weg ins Benevolat. Neben der Randonnée Charly Gaul ist er beim Schleck Gran Fondo oder der Tour de Luxembourg im Einsatz. Doch Drees merkt, dass sich die Zeiten geändert haben. „Egal wo: Es sind immer dieselben Leute, die helfen. Die Vereine bekommen nicht mehr genug Nachwuchs.“ 

„Es wird schwer in Zukunft“

Das Problem, dass sich vor allem jüngere Menschen nicht mehr für ehrenamtliche Tätigkeiten engagieren, ist ein bekanntes – und Drees kann dieses aus der Praxis bestätigen. „Die Leute, die helfen, sind alle zwischen 50 und 70 Jahre alt. Die jungen Leute von heute stellen sich nicht mehr auf eine Strecke, um zu helfen. Meine Tochter hat vor drei oder vier Jahren zwei- oder dreimal bei einem Trail geholfen. Sie sagte danach: ‚Ich laufe beim nächsten Mal lieber mit, als sechs Stunden im Wald zu stehen.’ Es ist schwierig, die jüngere Generation noch zu motivieren.“

Doch nicht nur, dass weniger junge Menschen sich dem Benevolat widmen, sieht er als problematisch an, auch die Corona-Pandemie habe laut Drees einen Einschnitt im Ehrenamt bedeutet. „Bis jetzt ist es vielleicht gelungen, viele Veranstaltungen noch über die Bühne zu bringen. Aber nach Corona sind diese Leute, die seit 20 oder 30 Jahren helfen, müde. Sie sagen: ‚Wir waren über ein Jahr nicht aktiv. Wir fangen jetzt nicht mehr damit an.’ Aber du brauchst diese Leute. Es wird schwer in Zukunft.“ 

Während früher noch viele Freiwillige über Mund-zu-Mund-Propaganda rekrutiert wurden, hat der Tanzlehrer auch schon eine Idee, wie das zeitgerechter ablaufen könnte. „Früher hat man zu Kollegen gesagt: ‚Das war schön dort, komm doch mit.’ Aber das ist heute nicht mehr zeitgerecht.“ Deswegen arbeitet Drees an einer Idee: „Wir wollen über ganz Luxemburg einen Pool von freiwilligen Helfern zusammenstellen. Eine Vereinigung ohne Gewinnzweck, bei der du dich einschreiben kannst als Helfer. Ich weiß nicht, wie das bei den Verbänden ist, aber diese Idee kommt bei mir immer wieder auf.“

„So etwas tut weh“

Es sind einige Probleme, die sich dem Benevolat in den Weg stellen. Doch wirklich ernst wird Drees, wenn er das Gefühl bekommt, dass die Freiwilligen keine Anerkennung bekommen. Der Bettborner erinnert sich an die Tour de Luxembourg vom letzten Jahr. Dort war er, wie seit einigen Jahren, unter anderem für die Beschilderung zuständig. „Wir kamen zu einer Versammlung und der Verantwortliche sagte zu uns: ‚Letztes Jahr hingen die Schilder für den Bergpreis nicht hoch genug. Deswegen macht ihr das dieses Jahr nicht mehr.’ Das war das Debriefing, das fand einen Tag vor dem Start der neuen Tour de Luxembourg statt. So etwas tut weh. Wenn auf der Strecke oder irgendwo etwas nicht passt, dann muss man sich zusammensetzen und darüber reden – und zwar nicht ein Jahr später.“ 

Der Ärger des 64-Jährigen über diese Situation ist groß. „Ich arbeite zusammen mit Gilles Bosseler bei der Beschilderung. Ich stehe um 4.30 Uhr auf, bin um 5.30 Uhr bei Gilles, sodass wir zwischen 6.00 und 7.00 Uhr am Start sind. Dann arbeiten wir bis 16 oder 17 Uhr. Es kommt ein zweites Team, das die Schilder wieder abbaut, damit wir sie am nächsten Tag zurück haben. Ich habe das Gefühl, dass manchmal der Respekt vom Organisator vor dem Posten fehlt, der sechs Stunden an der Strecke steht. Wenn die Stimmung gut ist, dann hilfst du gerne. Ich habe aber auch schon mit Leuten über mehrere Jahre zusammengearbeitet, die mittlerweile aufgehört haben. Es gibt jedoch auch andere Beispiele. Beim ACC Contern fühle ich mich wie in einer großen Familie. Wenn du dich wohlfühlst, dann hilfst du gerne.“  

Um die Stimmung in einer Benevolatsgruppe zu verbessern, gibt Drees einfache Beispiele. „Es gibt Vereine, die organisieren ein Essen als Dankeschön. Wenn das aber nicht klappt und manchmal sogar das ‚Danke’ fehlt, dann hast du gar keine Anerkennung. Das gibt es auch. Die Vereine müssen alle verstehen, dass ohne die freiwilligen Helfer nichts läuft. Ich habe vor kurzem bei den Landesmeisterschaften im Cyclocross geholfen. Es war eine schöne Stimmung beim SaF Zéisseng. Da weißt du auch, dass im Oktober oder November eine Einladung zum Essen folgt. Das weißt du, also hilfst du gerne.“ 

Abgedroschene Phrasen von Präsidenten

„Man kann nur mit den Mädchen tanzen, die da sind. Wenn du einen Stock von einem Meter bekommst, wie sollst du den Bergpreis auf eine Höhe von 1,80 Meter hängen? Wie soll das gehen? Sind wir freiwillige Helfer empfindlich? Nein, wir machen es schon lange und wir machen es gut. Dieses famose Debriefing, das macht man nach dem Rennen. Und nicht Monate später. Bei großen Organisationen wie der Tour de Luxembourg laufen so viele verschiedene Kanäle zusammen. Wir sind kleine Rädchen als Helfer, die gut geölt zusammenarbeiten müssen.“ 

Wenn die Anerkennung fehlt, geht den Freiwilligen die Motivation schnell verloren, erklärt Drees. Dann helfen auch Phrasen wie „Ohne Benevolat geht es nicht“ von Präsidenten nicht mehr. „Das sind für mich nur Phrasen. Niemand ist unersetzlich. Wenn man ein gutes Team hat, dann muss man dafür sorgen, dass es zusammenbleibt. Die abgedroschenen Phrasen helfen irgendwann nicht mehr.“ Drees spricht ein weiteres Problem an. „Es gibt Klubs, die ihre freiwilligen Helfer bezahlen, und sind es ‚nur’ 20 Euro Spritgeld. Das bringt aber auch wieder Probleme mit sich. Andere denken sich: Ich bin seit vier Jahren dabei und bekomme nichts. Die springen dann auch wieder ab.“ 

Auch wenn das Benevolat ihm Sorgen bereitet, nimmt er aus all den Jahren doch vor allem Positives mit. „Du bist im Kontakt mit ganz vielen Leuten, sowohl positiv als auch negativ. Du musst dich für die Aufgabe, die du bekommst, vorbereiten. Wo ist der Ravi, wo ist das Ziel, wo werden die Räder getauscht? Die Stimmung untereinander ist im Ehrenamt doch oft sehr angenehm. Ich möchte gerne den Leuten jetzt etwas zurückgeben. Ich habe über 40 Jahre sehr viel bei der Arbeit bekommen. Ich hatte einen guten Job, bin viel gereist und jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzugeben. Das Benevolat ist für mich ein Ausgleich im Leben.“ 

Trotz all seines Ärgers ist für Drees klar: Auch in diesem Jahr wird er sich wieder der Freiwilligenarbeit widmen. Sein Rennprogramm hat er dabei schon veröffentlicht: Als Nächstes kommt die Tageblatt Flèche du Sud, die Randonnée Charly Gaul und die Tour de Luxembourg. „Wenn sie mich jetzt noch wollen“, schmunzelt er.