FußballFLF-Nationaltrainer Luc Holtz: „Wir sitzen alle im gleichen Boot“

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FLF-Nationalcoach Luc Holtz beschäftigt sich bereits mit den taktischen Ausrichtungen der Mannschaften aus Aserbaidschan, Zypern und Montenegro Foto: Gerry Schmit

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Was macht Nationaltrainer Luc Holtz während des Lockdowns? Nachdem sowohl die Länderspieltermine Ende März als auch im Juni gestrichen wurden, beschäftigt sich der Fußballcoach bereits mit der anstehenden Nations League. Sorgen, Hoffnungen und Danel Sinani waren die anderen Themen des Gesprächs.

„Gibt es etwas Neues?“ A-Nationaltrainer Luc Holtz stellte die Frage, die wohl derzeit alle Fußballfans beschäftigt. Während der vergangenen Wochen beschränkte sich sein Job nämlich auf telefonische Kommunikation mit den Spielern. „Ansonsten habe ich mich mit den Dingen beschäftigt, wie die meisten anderen Menschen auch. Viel Sport, Spaziergänge mit der Familie und einige Arbeiten rund um das Haus, für die man sonst keine Zeit hat.“ Und auch wenn es noch mindestens fünf Monate dauern wird, bis die zweite Nations-League-Kampagne beginnt, „habe ich mich bereits mit den Gegnern auseinandergesetzt“.

Am Telefon äußerten sich die Fußballspieler immer wieder zu den gleichen Problemen: „Den Sorgen, die wir alle haben: eingesperrt zu sein und nicht der Sache nachgehen zu können, die man am liebsten tut.“ Auch dem Nationaltrainer fehlt die Routine, der Austausch mit den Monnericher Trainerkollegen wie Manuel Cardoni und Mario Mutsch. „Hinzu kommt ja auch die Angst, krank zu werden. Jeder macht sich seine Gedanken. Wann geht es weiter?“

Neben den Bundesliga-Profis Laurent Jans und Leandro Barreiro hat auch Lars Gerson (IFK Norrköping) das Training wieder aufgenommen. Mit anderen Auslandsprofis gab es in den letzten Tagen dagegen keine Gespräche mehr, da die Situationen unverändert sind. „Die letzten zehn Tage war es eher ein Stand-by, da es keine Neuigkeiten gab. In Deutschland trainiert man mittlerweile ja wieder in kleinen Gruppen, was bedeutet, dass die Spieler wieder im taktischen Bereich arbeiten können.“ Aufgrund dieser kleinen Schritte in Richtung Normalität geht Holtz davon aus, dass Deutschland eine der ersten Nationen sein wird, die den Spielbetrieb wieder aufnehmen. „Aus der sanitären Krise wird eine noch größere wirtschaftliche Krise werden. Ein Beispiel ist die Automobilbranche, die Verluste und das Bangen um Arbeitsplätze. Ab einem bestimmten Punkt muss die Situation wieder auflockern.“

Zehn Monate

Letztlich gibt es aber noch keine Daten und die Ungewissheit dominiert. Dies hat zur Folge, dass auch die Planungen für den Monat September – und die Vorbereitungen auf die zweite Nations-League-Kampagne – mit Komplikationen verbunden sind. Die UEFA hat das komplette internationale Programm für Juni abgesagt und in den Herbst verschoben, sodass die FLF pro Monat drei Länderspieltermine einplanen wird. „Noch ist es schwer auszumalen, wie es im September aussehen wird. Eigentlich haben wir uns gedanklich auf Juni eingestellt, jetzt müssen wir ein wenig länger warten.“ Das trifft auf alle zu: „Nicht nur wir, sondern auch die Gegner haben im November 2019 allesamt zum letzten Mal gespielt. In zehn Monaten kann viel passieren. Einige könnten inzwischen aufgehört haben, andere wiederum könnten dann verletzt sein Zudem weiß man heute nicht, in welchem physischen Zustand sich die Spieler befinden werden. War die Belastung hoch? Ich versuche, viele Infos über die Gegner zu sammeln und über die Art und Weise, wie sie spielen.“ 

Trotz aller negativen Nachrichten der vergangenen Tage ragte ein Transfer heraus. F91-Angreifer Danel Sinani wechselt im Sommer nach England. „Ich habe ihm nur einen Rat mit auf den Weg gegeben – und zwar, dass er von der Zwangspause profitieren soll, um sich auf die schnellen Läufe und harten Zweikämpfe vorzubereiten. Das bedeutet, dass er in diesem Moment athletisch arbeiten muss. Er wird wohl etwas Zeit brauchen, um sich an den mentalen Stress zu gewöhnen. Im technischen Bereich werden ihm in Norwich wohl nicht viele Leute etwas vormachen.“

Bei anderen Nationalspielern ist noch nicht geklärt, für welche Klubs sie in der Saison 2020/21 antreten werden. Laurent Jans ist von Metz an Paderborn ausgeliehen worden, Gleiches gilt für Enes Mahmutovic, der nach einem Jahr beim MVV Maastricht wieder nach Middlesbrough zurückkehren könnte. Bei Chris Philipps, der im Winter in Lommel unterschrieb, handelt es sich um einen Vertrag über sechs Monate mit Option auf ein zusätzliches Jahr. „Es war ein guter Kompromiss, um mich wieder zu bewerben. Später sollte entschieden werden, wie es danach weitergeht. Jetzt ist es aber so, dass niemand weiß, was auf uns zukommt. Das ist für alle beunruhigend“, sagte der Defensivspezialist gegenüber dem Républicain Lorrain

Ungünstiger Zeitpunkt

Auch Holtz fand den Zeitpunkt der Krise für den ehemaligen polnischen Meister denkbar ungünstig: „Chris war gerade eben wieder eingestiegen … Aber wir sitzen alle im gleichen Boot. Die Frage, wann es wieder losgeht, stellen sich alle. Jeder will sich bestmöglich auf den Moment vorbereiten, wenn es wieder losgeht.“ Darüber hat er sich kürzlich ebenfalls mit FLF-Kapitän Laurent Jans unterhalten. „Die Vereine stehen vor wirtschaftlichen Problemen, weshalb man versucht, den geringsten Schaden anzurichten. Notfalls geht das über Spiele im Drei-Tages-Rhythmus. Dann liegt die Verantwortung bei den Trainern, die sich der Situation anpassen müssen – und die Mannschaften drehen lassen werden. Belastung und Erholung müssen abgestimmt werden.“

Erinnert man sich an die guten Zeiten vor Covid-19, „kam diese Krise für unsere Nationalspieler zum denkbar schlechtesten Moment. Sie waren praktische alle Stammspieler in ihren Klubs – in der Bundesliga oder der 2. Bundesliga“, sagte der Trainer. „Aber ich versuche immer, etwas Positives rauszuziehen. Die Motivation wird beim Neustart groß sein, auch wenn keine Zuschauer im Stadion sein sollten. Auch wir sollten uns darüber freuen, Fußball zu sehen, auch wenn es nur im Fernsehen ist. Genießen und wissen, was man hat: Das kann man als Chance sehen.“