Fehleinschätzung

Fehleinschätzung
(dpa/Vincenzo Pinto)

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England ist qualifiziert für die EM-Endrunde, nach dem siebten Sieg im siebten Spiel (das Spiel gegen die Schweiz war noch nicht beendet), und die englische Presse sieht wieder einmal einen Silberstreif am Horizont.

Theo Walcott, meistens verletzter Stürmer von Arsenal, Doppeltorschütze gegen das furchteinflößende San Marino und seit mehr als zehn Jahren als Riesentalent gepriesen, meint, dass England gute Chancen auf den EM-Titel nächstes Jahr hat. Man kennt das. Englische Spieler verdienen nicht nur enorm viel, sie reden auch enorm viel und sie überschätzen sich kolossal im Vergleich mit anderen Fußballnationen. Island freut sich wie verrückt über seine erste Teilnahme an einer großen Endrunde, die Engländer sollten es auch tun und sich nicht zu viel erwarten.

Die Gründe dafür sind vielschichtig, das Hauptübel ist die flagrante Vernachlässigung von Talenten, deren Betreuung, Zucht und Pflege so nebensächlich geworden ist wie die Lust der Engländer, ohne deutsche Hilfe ordentliche Autos zu bauen. Sogar die englische Sperma-Bank hat mit neun (!) registrierten Spendern mehr Mitglieder als die Premier League Stürmer mit englischem Pass. Rooney, Sterling, Kane und vielleicht noch Sturridge, mehr steht Manager Hodgson nicht zur Verfügung und wer weiß, in welchem Zustand diese Jungs sich im Sommer nächsten Jahres präsentieren. L’Equipe brachte es auf den Punkt: Die englischen Vereine zahlen Riesensummen an französische Clubs für durchschnittliche Spieler und tragen zur Sanierung von Vereinen bei, auf deren Parkplätzen sich heute noch R5 (mit Kopfstützen) und Citroën Visa tummeln. In England lernen diese Spieler, was Tackling und Saufen ist, wo man tolle Paulas aufreißen kann und welche Autos man dazu benötigt. Durchschnittliche Spieler sind sie noch immer, aber sie haben ihren Marktwert erheblich gesteigert, Sky sei Dank. Die einheimischen englischen Talente dagegen verkümmern auf der Reservebank oder treten ab und zu für die Nationalmannschaft auf, was noch schlimmer ist. In der Regel landen sie in den unteren Ligen, wo noch Englisch gesprochen wird und wünschen sich, in Lens, Metz oder Montpellier geboren zu sein. England drohen die Talente auszugehen. Wie wär’s mit einer Zwangsmitgliedschaft in der Samenbank für alle ausländischen Spieler?