Europa League: Außenseiter Jeunesse Esch hofft auf Wunder gegen Kasachen

Europa League: Außenseiter Jeunesse Esch hofft auf Wunder gegen Kasachen

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4.656 Kilometer Autofahrt trennen den Luxemburger Rekordmeister Jeunesse Esch vom heutigen Gegner Tobol Kostanay aus Kasachstan. Doch nicht nur geografisch liegen zwischen den beiden Teilnehmern der ersten Runde der Qualifikation der Europa League Welten. Gegen die gesetzte Elf aus der Ferne ist der Tabellendritte der vergangenen BGL-Ligue- Saison Außenseiter.

14,35 Millionen Euro beträgt der Gesamtmarktwert des aktuellen Zweiten der Premier Liga Kasachstan – 10,25 Mal mehr als der Kader der Schwarz-Weißen. Tobol Kostanay ist derzeit ärgster Widersacher von Branchenprimus und Titelverteidiger FC Astana. Nach 17 Spieltagen (12 Siege, 2 Unentschieden, 3 Niederlagen) liegt der Jeunesse-Gegner in der Meisterschaft punktgleich (38) mit dem Leader auf Rang zwei, hat aber zwei Spiele weniger als der Champions-League-Teilnehmer.

Anders als die Escher, deren Vorbereitung erst am 28. Juni begonnen hat, ist der kasachische Vertreter voll im Saft. Am Freitag fand das Spitzenspiel gegen Astana statt. Nach einer Serie von sechs Siegen gab es die zweite Saisonniederlage gegen den fünffachen Champion aus der Hauptstadt Nur-Sultan.

Die drei Musketiere

Aus Luxemburger Sicht ist der Name Mikhail Gordejchuk interessant. Der mittlerweile 29-Jährige war 2018 bei seinem Transfer von BATE Borissow nach Kasachstan mit einem Marktwert in Höhe von zwei Millionen Euro der zweitwertvollste Spieler aus Weißrussland. 2015 gelang ihm ein Doppelpack gegen die „Roten Löwen“. In dieser Saison läuft es allerdings nicht mehr ganz so rund: Ende Mai wurde er zum Bankdrücker degradiert.

Gegen den FC Astana trat Tobol in seinem gewohnten 3-4-3-System an. Der georgische Nationalspieler Jaba Kankava, ein Sechser, war beim 0:2 auf der rechten Seite der Dreier-Verteidigerkette im Einsatz. Der Kapitän der Nationalmannschaft wurde 2018 in einem Testspiel 1:0 von der Holtz-Elf besiegt und hat demnach keine guten Erinnerungen an seinen Kurztrip ins Großherzogtum.

Nicht besser erging es Arturas Zulpa im März, der mit Litauen 1:2 unterlegen war. Der Mann aus dem defensiven Mittelfeld spielt seit 2016 für Tobol Kostanay und kam in dieser Saison 14 Mal zum Einsatz. In der vergangenen Europa-League-Qualifikation stand er jedes Mal 90 Minuten auf dem Platz, sowohl bei beiden Siegen gegen FC Samtredia aus Georgien als auch beim knappen Aus in der zweiten Runde gegen die Armenier von Pyunik Erewan.

28-fache Meister als Underdog 

Im vergangenen Jahr gelang Tobol Kostanay zum ersten Mal seit der Meistersaison 2010 wieder der Sprung auf das Podium in der Liga. Im Pokal, den die Mannschaft 2007 gewonnen hatte, schied die Mannschaft von Trainer Vladimir Gazzaev (seit 1. Januar im Amt) im Viertelfinale aus.

Das „Palmarès“ der „Bianconeri“ ist bekanntlich weitaus beeindruckender: Der 28-fache Meister und 13-fache Pokalsieger ist trotzdem der Underdog des Doppelvergleichs. „Wir gehen sicherlich nicht als Favorit in diese Spiele. Auf spielerischer und physischer Ebene sind sie uns sicherlich überlegen. Wir wissen auch noch nicht genau, wo wir derzeit in puncto Form stehen“, sagte Jeunesse-Trainer Nicolas Huysman.

Umbruch

Der Kader der Jeunesse Esch hat sich im Vergleich zur vorherigen Saison in vielen Personalien geändert. Die Zahl der Leihspieler des F91, die an der berauschenden Hinrunde maßgeblich beteiligt waren, wurde aufgrund der Statutenänderung drastisch reduziert. Namhafte Abgänge hinterließen Lücken, die nur zum Teil geschlossen werden konnten. Adrien Portier (Lorentzweiler), Joël Pedro (Swift), Ricky Delgado (F91), Hakim Menaï (Swift), Momar N’Diaye (Rodange), Omar Natami (F91) und Omar Er Rafik (Swift) haben den Verein in diesem Sommer verlassen. Im Offensivbereich war eine Neuaufstellung unumgänglich.

Trainer Sébastien Grandjean wurde durch Nicolas Huysman ersetzt, der sich gleich für die Verpflichtung eines 27-jährigen Mittelstürmers starkmachte, den er aus gemeinsamen Zeiten bei Francs Borains kannte: Yannick Makota, ein ehemaliger U21-Nationalspieler aus Kamerun. Obschon es im Testspiel gegen die Fola (dem einzigen) nicht zum Tor reichte, hat der Angreifer einen positiven Eindruck hinterlassen. Der physisch starke Neuzugang könnte gleich heute seinen ersten offiziellen Auftritt bestreiten. Gegen die groß gewachsenen Innenverteidiger von Tobol stellt ebenfalls der wendige Klica eine Option dar.

„im Fußball ist alles möglich“

Der Grund für den späten Trainingsauftakt ist persönlicher Natur, da Coach Huysman nicht früher aus dem Urlaub zurückkehren konnte. Zehn Tage blieben übrig, um sich ein Bild des neu gestalteten Kaders zu machen. „Die Spieler hatten aber schon am 10. Juni mit dem individuellen Training begonnen. Deshalb sind meine Schützlinge auch für die Herausforderung bereit. Aus diesem Grund kann ich auch eines versprechen: Wir werden alles geben, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Wir sind sicherlich nicht der Favorit, aber im Fußball ist alles möglich. Der Fußball ist eine der weniger Sportarten, bei denen auch ein Außenseiter überraschen kann“, gibt sich Huysman kämpferisch.

Nach dem 3-5-2-System von Grandjean ist vorstellbar, dass der Franzose auf sein gewohntes 4-3-3-Spielsystem zurückgreifen wird. Den Gegner früh stören und ein schnelles Umschaltspiel gehören zum bevorzugten Auftreten des neues Mannes an der Seitenlinie. „Wir müssen trotzdem aufpassen und defensiv auftreten“, warnte Sportdirektor Petz Biergen. „Der Gegner befindet sich mitten in der Meisterschaft, wir dagegen sind physisch noch nicht so weit.“

Den eigentlichen Joker, einen Vorteil aufgrund der strapaziösen Anreise der kasachischen Gäste, könnten die Schwarz-Weißen also verspielt haben, bevor es überhaupt begonnen hat. chd/NL